Marburg kurios
Verkehrsspiegel in der OberstadtAbgeseilt
Seilbahn. Von dem CDU-Politiker Gert Dahlmanns stammte Ende der 1970er Jahre die Idee, in Marburg eine Seilbahn zu bauen. Sie sollte von der Ketzerbach hoch zum Schloss führen. In manchen Plänen des Staatsbauamtes aus den 1970ern findet sich auch eine Seilbahn zwischen Lahnberge-Mensa und der Uni-Bibliothek – ein interessanter Vorschlag zur Reduzierung des akademischen Individualverkehrs. Während des Sommerlochs 2008 tauchte der Vorschlag erneut auf: diesmal geäußert von Bürgermeister Franz Kahle.

Neue Mitte
Grassi-Projekt. Es sollte nach ursprünglicher Planung schon längst fertiggestellt sein, das von dem Mailänder Giorgio Grassi entwickelte Projekt. Mit ihm gewann er 1987 den Wettbewerb, der für die Bebauung des Geländes zwischen Pilgrimsteinaufzug, Biegeneck, ehemaligem Schlachthof (Biegenstraße) und der Erlenringspange ausgeschrieben worden war: Südöstlich der Lahn, in der Nähe der Mensa, sollten für Studierende gemischt nutzbare zweigeschossige Gebäude als Kommunikationszentrum entstehen. Von diesem Abschnitt führte eine Fußgängerstraße über die Lahn hinweg zur Biegenstraße und bis zum Pilgrimstein. An ihr entlang sollten sich nach den als Kommunikationszentrum genutzten Gebäuden weitere in sich geschlossene Abschnitte gruppieren. Zwischen Lahn und Biegenstraße eine Ausstellungshalle und ein Hotel mit geplanten 100 Betten. Zu dem Hotel- und Ausstellungskomplex kamen Cafés und evtl. Läden sowie eine Tiefgarage mit ca. 170 Einstellplätzen. Jenseits der Biegenstraße sollte die Fußgängerstraße zu einem am Pilgrimstein zu errichtenden Theatergebäude hinführen. Von den Gutachtern wurde die "klare Grundidee der Wegführung" bei dem Entwurf gelobt. "Eine Revolution" nannte der damalige Oberbürgermeister Hanno Drechsler dieses inzwischen ad acta gelegte Bauvorhaben. Über die heutige Bebauung dieses Stadtkomplexes kann sich jeder selbst ein Bild machen ...

Tunnelblick
Schlossberguntertunnelung. Ein unverwirklichter Vorschlag der CDU aus dem Jahre 1985. Geplant war ein Tunnel mit zwei Etagen durch die Oberstadt. Er sollte bei Ahrens beginnen und in der Nähe von Elwert am Pilgrimstein enden. Der Tunnel sollte für 450 Fahrzeuge Parkraum bieten. Im Kriegsfall sollte der Tunnel auch als Luftschutzraum dienen.

Lahn-Untertunnelung. Der Vorschlag, die Lahn zu untertunneln, wurde 1987, kurz nachdem das Grassi-Projekt entstand, von dem damaligen Oberbürgermeister Hanno Drechsler gemacht. Am Mensaparkplatz sollte der Tunnel gebohrt werden und als evtl. doppelstöckige Parkröhre bis zum Pilgrimstein reichen. Man unternahm sogar schon Probebohrungen. Wegen ökologischer, finanzieller und koalitionspolitischer Einwände wurde das Projekt nicht mehr weiter verfolgt.

Behring-Tunnel. Seit den 1980er Jahren immer wieder von der CDU ins Spiel gebracht und ebenso regelmäßig vom Stadtparlament abgelehnt, hieß das Lieblingsprojekt von Oberbürgermeister Dietrich Möller (CDU, bis Anfang 2005) "Marbach-Tunnel". Gedacht zur Verkehrsentlastung der Marbach/Ketzerbach sollte eine 1175 Meter lange zweispurige Röhre die Emil-von-Behring-Straße unterhalb des Eingangs der ehemaligen Behring-Werke mit Wehrdaer Straße und der B3a-Auffahrt in Höhe Schlosserstraße verbinden. Unter Amtsnachfolger Egon Vaupel (SPD) ist es still um das Projekt geworden.

Luftbahn-ProjektLuftschiff
Die Marburger Luftbahn. Technisch schien um 1900 alles möglich. 1909 erschien bei der Elwertschen Verlagsbuchhandlung in Marburg eine Schrift mit dem Titel "LBG. Die Luftbahn. Das Verkehrsmittel der Zukunft". Die "Luftbahngesellschaft Marburg" zeichnet sich als Herausgeber verantwortlich. Das Luftschiff-Projekt muss als Kreuzung aus Wuppertaler Schwebebahn und dem lenkbaren Luftschiff des Grafen Zeppelin verstanden werden. Die Marburger Luftbahn sollte Lasten mit einem mit Wasserstoff gefüllten Ballon transportieren; der Antrieb sollte durch Elektromotoren erfolgen – man setzte auf eine Spitzengeschwindigkeit von 200km/h. Ungeahnte Möglichkeiten taten sich auf: Die neuartige Schwebebahn "leichter als Luft", würde in gerader Linie auch schwieriges Gelände, Schluchten, Wälder, Sümpfe und Gewässer überqueren, glaubten ihre Erfinder. Mit der Luftbahn von Marburg bis nach Wladiwostok – in Marburg glaubte man angesichts dieser Phantastereien an einen Studentenulk. Die anonymen Erfinder der LBG (Luft-Bahn-Gesellschaft) waren scheinbar angesichts der Heiterkeit, die ihr großes Projekt auslöste, tödlich beleidigt. Vom Marburger Luftschiff hat man nämlich nie wieder etwas gesehen.

Entwurf von Otto KohtzBabylon
Architekturphantasie von Otto Kohtz. Otto Kohtz entwarf diese Architekturphantasie im Jahr 1909. Seine Skizzen, veröffentlicht in dem Buch "Gedanken über Architektur", waren Ausdruck für die Suche nach einer neuen Ästhetik einer Monumentalarchitektur. Seine Vorbilder sind in den babylonischen und assyrischen Bauten zu suchen, die seit 1899 durch deutsche Archäologen ausgegraben wurden. Diese Marburger Skizze ist dem Buch "Hochhaus. Der Beginn in Deutschland", von Rainer Stommer (Text) und Dieter Mayer-Gürr (Fotos) entnommen, das 1990 im Marburger Jonas-Verlag erschienen ist.

Fast
Beatles-Konzert in Marburg. Es war im September 1966, Marburg war vielleicht noch etwas verträumter als heute, da schlug eine Nachricht wie eine Bombe ein: die Beatles würden im März 1967 während einer Deutschlandtournee auch für einen Auftritt nach Marburg kommen! Das Beatfieber grassierte natürlich auch an der Lahn, im Club E und dem (abgerissenen) Rex-Filmtheater traten die entsprechenden Bands auf, und so machte die Sensation schnell die Runde. Ferdi Kilian, ein Beatfan und Friseurgeselle, hatte im Salon einen Kunden bedient, der vorgegeben hatte, ein persönlicher Freund John Lennons zu sein und einen Auftritt arrangieren zu können. Kilian ließ Plakate drucken und Eintrittskarten verkaufen, sogar das Stadtparlament überlegte, ob die altehrwürdigen Stadtsäle (ebenfalls abgerissen), dem Ereignis würden standhalten können. Im Oktober 1966 aber ergab eine Recherche eines Lokalredakteurs der OP, Jürgen Böckling, zusammen mit dem Marburger Konzertveranstalter Claus Schreiner, dass man einer Ente aufgesessen war und im fernen London niemand von einem derartigen Konzert wußte. Zu schade eigentlich ...