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Express Online: Thema der Woche
Express Online: Thema der Woche | 19. August 2010

Gut gebaut

Bayerischer Salsa, Jazz meets HipHop & Best of Rock Classics: rund 80 Bands treten beim Gießener Stadtfest vom 20. bis 22. August auf

Vorneweg: Natürlich wird in Gießens Fußgängerzone immer noch munter gebaut, deshalb gibt es auch dieses Jahr ein paar räumliche Einschränkungen beim Stadtfest. Was man dem vielfältigen Musikprogramm des Gießener Stadtfests freilich in keiner Weise anmerkt: Rund 80 handverlesene Bands spielen open air und kostenlos. Von Rock, Pop, Folk bis zu Jazz gibt's für jedem Geschmack etwas zu hören.

Und auch das Stadtfest-Rahmenprogramm kann sich wieder sehen lassen: da gibt es etwa den traditionellen Stadtlauf Run 'n Roll for Help" von Aids-Hilfe und Lebenshilfe, die Stände von "Hand in Hand", das Kinderprogramm des Kulturamts der Stadt Gießen, den Drachenboot-Cup des Ruderclubs "Hassia Gießen" oder auch den großen ökumenischen Gottesdienst am Sonntag auf dem Kirchenplatz. Hier ein paar Ausgehtipps:

Habitat Espressivo

Jazz meets HipHop: Dass HipHop starke Grooves mit Texten von poetischer Qualität vereinen kann, beweisen die beiden Rapper "Klartext" und "Jään" von Habitat Espressivo. Erfreulich: Im Gegensatz zum Mainstream des deutschen HipHop halten sich die beiden Masters of Ceremonies von allen Klischees des Gangster-Rap fern.

Das musikalische Rückgrat der Band liefert statt der genreüblichen Drumcomputer, Turntables oder Sampler eine Jazz-Band. Die Musiker Jan Luley (Piano), Oliver P. Müller (Saxophon), Johannes T. Erbslöh (Bass) und Felix Brümmer (Drums) brechen dabei mit ihrem erfrischend jungen Sound Bekanntes auf und vereinen eingängige Melodien mit treibenden Beats. Das musikalische Spektrum reicht von balladeskem Pop bis hin zu HipHop-Beats und sattem Funk.
Fr 19.00, Bühne Ulenspiegel

SuperPhoniX & Special Guest Manuel Hoffmann

Beim Stadtfest steht Mittelhessens brandneue Club-Band zusammen mit DSDS-Halbfinallist Manuel Hoffmann auf der Bühne. Gemeinsam präsentieren sie feinen Soul, R&B und Vocal House. Nicht nur der bei Wetzlar aufgewachsene Hoffmann hat Erfahrung im Showbiz, die vier SuperPhoniX-Sängerinnen und -Sänger haben auch schon mit bekannten Künstlern wie Roger Cicero, Nevio, Helene Fischer und Thomas Anders auf der Bühne gestanden. Leadsänger Harry J. Ross ist amtierender Europameister im Karaoke. Die Stimmen von SuperPhoniX konnten dieses Jahr bereits a cappella in der WM-Arena in Gießen vor mehr als 4.000 Zuschauern überzeugen.

Die Songs werden von der Band mal originalgetreu und mal mit eigenen Interpretationen sowie vierstimmigem Satzgesang interpretiert.
Fr 20.00, Bühne Plockstraße

Los Dos y Companeros

Diese zwölfköpfige deutsche Salsaband performt mit bayrischen Texten! So singen sie über schöne Frauen, Urlaube in der Karibik, Kneipenabende mit Freunden oder auch über die Leiden der Arbeit. Mit Witz, Charme und Selbstironie interpretieren sie Klassiker wie "Oye como va" oder "Besame mucho", präsentieren aber auch eigene Titel. Los Dos y Compa¤eros überzeugt aber vor allem durch Authentizität und Lebensfreude, die absolut ansteckend wirkt.
Fr 21.00, Bühne Kirchenplatz

Die Crackers

30 Jahre Stecker rein – und das ist erst der Anfang! Das Motto der quirligen Fünf aus Wiesbaden war schon immer: "Vollgasmucke, breite Gitarren, fetter Rhythmus, vorlauter Gesang". Und die Themen, zu denen Frontmann Loti Pohl Stellung bezieht, waren immer heiße Eisen, angefasst ohne Asbesthandschuh. Von Liebe und Leidenschaft, Schul- und Pickelproblemen, Rüstungs- und Vergnügungswahn, Friede, Freude, Eierkuchen, des Nächsten Weib und des nächsten Jahrtausends, Menschen wie Du und Ich und Geschichten aus dem Wahnsinn, den man Alltag nennt. Immer eingekleidet in die Symphonie des Lebens, tanzbar, jeder Refrain ist sofort verstanden und selbst für stimmbandschwächere Besucher mitsingbar. Und so soll's denn auch weiter gehen.
Sa 21.00, Bühne Kirchenplatz

Tom Pfeiffer Band

Eigentlich braucht man die Gewinner der hr1-Bandcontests 2009 in Gießen nicht mehr vorstellen. Für alle, die sie bisher doch noch verpasst haben: Sieben Top-Musiker machen die Musik, die ihnen am meisten Spaß macht und die sie bislang noch in keiner anderen Band verwirklichen konnten: "Best of Rock Classics" – dargeboten mit den ausgefeilten Arrangements der Originale und einem stimmgewaltigen Leadsänger Tom Pfeiffer -, da bleiben für Fans der Rockmusik der 70er und 80er keine Wünsche offen.

Wenn die einzigartige "Bohemian Rhapsody" mit dem unvergesslichen Mittelteil live gespielt wird und das Publikum mit "Music" von John Miles in den Abend verabschiedet wird, weiß man, warum diese Formation den hr1-Contest gewonnen hat.
Sa 20.15, Bühne Westanlage

Georg Kronenberg


Express Online: Thema der Woche | 19. August 2010

Menschen im Hotel

Der german stage service inszeniert "So viele Küsse, so viele Seufzer" – ein Theaterprojekt in Zimmern und Fluren des Marburger Welcome Hotels. Ein Gespräch mit Rolf Michenfelder und Marius Rosinski vom gss

Express: Welche Idee steckt hinter dem Projekt, Theater in den Zimmern und Fluren eines Hotels zu machen?
Rolf Michenfelder: Ein Hotel ist einfach ein toller Ort, eine regelrechte Gefühlsfabrik. Wenn ich versuche mir vorzustellen, welche Energien und Gefühle sich hinter 146 Hoteltüren versammeln, dann ist das schon faszinierend.
Wir machen ja schon seit 1991 Projekte, die sich außerhalb von Theaterräumen ereignen, und obwohl das die unterschiedlichsten Orte waren wie Shoppingcenter, Schaufenster, Linienbusse, Schiffsanlegeplätze, ein zugeschüttetes Dockgelände, leerstehende Geschäfte oder auch die verschiedensten Stadträume, die Idee oder der Reiz war immer, die Realität des jeweiligen Ortes, das Leben dort mit unserer inszenierten Realität zu konfrontieren.
Wir fühlen uns schon sehr angezogen von dieser Reibungsfläche zwischen Kunst und Alltag, zwischen gestalteter Situation und dem Unvorhergesehenen, und wir erkunden einfach gerne das spannende Verhältnis von Privatheit, Intimität und Öffentlichkeit.
Und ein Hotel hat noch die Besonderheit, dass hier zwar Alltag existiert, aber alle Beteiligten sind in gewisser Weise fremd, Teilnehmer auf Zeit. Einige sind auf der Reise, andere auf der Suche, manche auf der Flucht.

Express: Was erwartet die Zuschauer, nachdem sie sich in der Rezeption versammelt haben?
Marius Rosinski: Also, erstmal erwartet sie natürlich ein freundlicher Empfang. Und der ganz normale Hotelbetrieb: Gäste checken ein, kommen aus der Stadt zurück, um sich kurz mal hinzulegen, geben Schlüssel ab auf dem Weg ins Restaurant oder Kino, sitzen in der Lobby und lesen usw.
Später treffen die Zuschauer dann Gretel und auch ihren Bruder, ohne die sie sich im Hotel vielleicht nicht zurecht finden würden. Und sie erkunden das Hotel, begegnen der Tänzerin und ihrem Mann, der sich immer wieder eine Träne aus dem Auge wischt, folgen vielleicht der schönen Frau und ihrem Gesang. Und sie dürfen natürlich verschiedene Zimmer aufsuchen, bei den aktuellen Bewohnern vorbei schauen und eintauchen in ihre Geschichten, ihre Geheimnisse, ihre Sehnsüchte, ihre Seufzer und ihre Küsse.
Auf diese Art erleben sie die beiden Männer, die die selbe Frau geliebt haben, das Kind, das ganz allein zwischen seinen Papphochhäusern sitzt, die Frau, der eine sehr ungewöhnliche Nacht immer noch sehr nah ist, und sie fragen sich vielleicht, wohin der Mann verschwunden ist, der vorher noch einen Film über sich gedreht hat.

Express: Bleibt der Zuschauer Beobachter oder wird er Teil des Dargebotenen?
Michenfelder: In gewisser Weise ist er beides. Beobachter oder fast Voyeur ist er, weil er in der großen Nähe und in der Intimität eines Hotelzimmers den Menschen, die dort wohnen, zuschauen darf. Aber wenn fünf Zuschauer auf dem Bett sitzen, andere in Sesseln, zwei auf dem Schreibtisch usw., dann ist man auf eine stärkere Weise Teil des Dargebotenen als das in einem Theater der Fall ist.
Allerdings geht es hier nicht um "Mitmachtheater", in dem der Zuschauer unangenehme Dinge tun muss. So was mögen wir überhaupt nicht.

Express: Nimmt die Inszenierung Rücksicht auf den regulären Hotelbetrieb?
Rosinski: Nein. Und das Tolle ist, der reguläre Hotelbetrieb nimmt auch keine Rücksicht auf uns. Das Spannende ist ja, beide Atmosphären, beide Aktionsräume existieren gleichzeitig und begegnen sich wahrscheinlich jeden Abend auf eine etwas andere Weise.
Wenn aus einem Aufzug nicht nur Darsteller von uns, sondern auch Hotelgäste heraus kommen, wenn müde Reisende mit Rollkoffern durch die Szene laufen oder wenn im Nachbarzimmer ein Paar miteinander schläft oder streitet, dann gehört das an diesem Abend dazu. Und morgen ist es bestimmt ganz anders, auch wenn unsere Inszenierung nicht improvisiert, sondern klar geformt ist.

Express: Ihr habt die Probenzeit hinter euch. Reagieren die Hotelgäste eigentlich sehr irritiert?
Michenfelder: Ich weiß nicht, ob irritiert das richtige Wort ist. Aber sie reagieren. Sehr unterschiedlich. Mal laut, mal leise, mal ganz im Stillen. So soll es ja auch sein. Wenn Hotelgäste im Aufzug fahren, in dem eine japanische Sängerin Händel singt, dann ist das mit dem Schließen der Aufzugstür ja nicht vorbei. Und wenn dir durch ein Flurfenster ein Eisbär entgegen schaut, dann ist dieses Fenster erst mal nicht mehr das Flurfenster, das es vorher war. Und das führt dann zum Glück auch zu Reaktionen.
Natürlich hängt auch alles davon ob, inwieweit unser Vorhandensein im Hotel als Probe erkennbar war oder nicht. Aber das Tolle ist ja, jetzt kommen die Aufführungen!

Express: Theater an theaterfremden Orten zu inszenieren hat beim german stage service eine langjährige Tradition. Gibt es Traumorte für zukünftige Produktionen?
Michenfelder: Nicht wirklich. Klar schwirrt immer einiges im Kopf herum, manchmal ist es die Frankfurter Börse, dann das Arbeitsamt, aber es kommt meistens anders, dann stehe ich an einem konkreten Ort, an den ich nicht gedacht hätte und sehe und ahne, hier wird es sein.
Sicher ist nur, es wird zukünftige Inszenierungen geben.

"So viele Küsse, so viele Seufzer", 19. bis 22. und 25. bis 29 August jeweils 20.30 Uhr, Welcome Hotel Marburg, Pilgrimstein 29, Tickets und Reservierungen: 06421/62582 oder kontakt[at]germanstageservice.de

Interview: Michael Arlt

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