Express Online: Editorial | 25. August 2005

Handlich

Reisezeit – schöne Zeit. Zeit, mal wieder den kleinen Dingen die Aufmerksamkeit zu widmen. Beispiel Händetrocknen auf den Aborten der Gaststätten am Wegesrand. Neben den bazillenschleudernden Warmluftwälzern und den Endlostuchrollen, die zum – meist frustrierenden – Kräftemessen Mensch vs. Maschine herausfordern, treibt hier die Einmalhandtuchkultur ihre Sumpfblüten aus Recyclingpapier.

Und da der Fortschritt ein nicht aufzuhaltender ist, gibt es einen neuen Schrei: Papierhandtuchautomaten mit eingebauter Fotozelle. Die spendieren dem modernen Argonauten das begehrte Zellstoffvlies erst nach vormaligem Vorbeiwinken. Allerdings, wie das mit hochgezüchteter Technik so ist, das eingebaute magische Auge ist ein gestrenges: Wehe, Winkewinkel, Abstand und Bewegungsgeschwindigkeit sind nicht a priori aufs Genaueste abgestimmt. Dann tut sich nix.

Also fuchtelt man wie ein drittklassiger Möchtegernzauberer mit nassen Händen in der Luft vor dem Kasten herum. Während man die bohrenden Blicke der tropfenden WC-Mitbenutzer immer heißer im Rücken fühlt, während beim beschwörenden Zappeln der panische Schweiß aus sämtliche Poren bricht, während man sich wünschte, doch bloß niemals weggefahren zu sein – sind die Hände mit einem Mal trocken.

Guter alter Luftzug! Zeit zum Weiterziehen, bonne voyage, Herrschaften, arrivederci ...

Michael Arlt



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