Express Online: Editorial | 3. August 2006

Momenndema'

In Zeiten wie diesen ist die Langsamkeit auf dem besten Weg, zur gesellschaftlich sanktionierten Kunstform aufzusteigen. Ob die ehedem übelbeleumundete dem Hessischen a priori eignet und es dadurch vom Badischen, Friesischen, Sächsischen unterscheidet, sei dahingestellt.

Immerhin gibt die Kombination beider genug Stoff, ein veritables Büchlein zu füllen. Unlängst im Marburger Jonas Verlag erschienen, macht sich "Hessen langsam" auf die Suche nach "Orten gedehnter Zeit". In gut dreißig Beiträgen loten die Autoren verschiedene Formen der Entschleunigung zwischen Arolsen und Pforzheim aus. So kann man etwa eine Eloge über die Ahle Worscht lesen, Wissenswertes über das Frankfurter Faultier Zippo und seine Sippschaft erfahren oder Gedanken über den Stand der Zeit im Stau auf der A5 nachhängen.

Die Reportagen und Reflexionen aus Geschichte und Gegenwart kommen meist munter geschrieben daher und überstrapazieren selten den Aspekt ihrer Zielsetzung. Kurz: Angenehm wie anregend unterhaltende Lektüre. Und da die Texte so schön knapp sind, bleibt dem Leser viel Zeit übrig, die er in die Kultivierung seiner höchstpersönlichen Form von Langsamkeit investieren mag. Hesse oder nicht.

Michael Arlt

Martin Maria Schwarz und Ulrich Sonnenschein (Hg.): – Hessen langsam – Orte gedehnter Zeit, Jonas Verlag, 15,–



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