Express Online: Thema der Woche | 5. Januar 2006

Schnelle Flitzer

Öffnungszeiten
Das Renncenter in Herborn-Seelbach ist samstags von 12 Uhr bis 16 Uhr geöffnet. Termine für Kindergeburtstage, Firmenfeiern oder andere Veranstaltungen nach Absprache.
Der Slotracing-Club trifft sich jeden Dienstag und Donnerstag ab 19 Uhr im Renncenter. Meist finden donnerstags Rennläufe statt. Interessierte schauen deshalb besser dienstags rein. Weitere Infos: www.slotracing-
herborn.de
Mit 40 km/h durch den Supermarkt: In Herborn-Seelbach steht die wohl größte Achtspur-Carrerabahn der Welt.

Bis zur Kurve liegt der BMW M3 knapp in Führung, dann fordert die allzu hohe Geschwindigkeit ihren Tribut. Die Sportlimousine stellt sich quer, zwei nachfolgende Rennwagen können nicht mehr rechtzeitig stoppen und die Karambolage im ehemaligen Edeka-Supermarkt in Herbon-Seelbach ist perfekt.

Der Unfall bleibt freilich folgenlos: schnell stellt Ralf Wittig die drei detailgenauen Modell-Nachbauten der 500-PS-Turbolader wieder in ihre Spuren, das rasante Rennen auf der überdimensionalen Carrerabahngeht weiter.

Seit rund zwei Jahren ist der einstige Edeka-Markt in Seelbach im Lahn-Dill-Kreis Treffpunkt für junge und alte Carrera-Fans. Dort wo einst Regale voller Lebensmittel standen haben der 39-Jährige Informatiker Wittig und Sohn Michael eine 70 Meter lange computergesteuerte Carrerabahn mit acht Fahrspuren installiert. Die Geschichte der laut Wittig größten fest installierten achtspurigen Bahn der Welt, für die mehr als vier Kilometer Kupferdraht zur Stromversorgung nötig waren, begann Oktober vor gut vier Jahren. "Ich konnte es nicht mehr abwarten, und habe Michael gefragt, ob er sein Weihnachtsgeschenk schon früher auspacken will", erzählt Ralf Wittig, "bis Heiligabend hatten wir die Bahn dann schon auf vier Spuren ausgebaut".

Als der 39-Jährige und der15-Jährige dann erwogen, in der Familienwohnung die Wand zur Waschküche durchzubrechen, um die Rennstrecke zu vergrößern, wurde die Bahn nach Einspruch von Frau Heike ausgelagert und schließlich der leer stehende Supermarkt angemietet. Im Slotracing-Herborn getauften Renncenter werden inzwischen regelmäßig Meisterschaften ausgetragen. Im Keller, wo zwei weitere Rennbahnen aufgebaut sind, gibt's außerdem Werkräume, in denen die 15 Mitglieder des Slotracing-Clubs ihre Fahrzeuge bauen und tunen können. "Das hat sich rasant entwickelt", berichtet Michael "Wir haben Rennverrückte vom Ingenieur bis zum Bauarbeiter im Club, auch eine Anfang 20-jährige Mathe- und Physikstudentin ist dabei. Hobbypiloten reisten schon mal aus Frankfurt, München oder Köln an, um auf der Herborner Bahn ihre Autos flitzen zu lassen.Etliche Kindergeburtstage seien bereits in dem samstags sowie nach Absprache für jedermann geöffneten Renncenter gefeiert worden. Und vor Weihnachten hätten auch viele Großeltern mit ihren Enkeln einen Ausflug zu der Attraktion in Seelbach gemacht.

Schließlich sei die Spannung beim Steuern der Miniatur-Boliden, die eine Geschwindigkeit von bis zu 40 Stundenkilometer erreichen könnten, mit einem großen Rennen vergleichbar, sagt Experte Michael. Dazu käme der Spaß am Tüfteln: "Um ein Auto zu bauen, auszubleien, die richtige Übersetzung zu finden und die Reifen zu schleifen brauche ich etwa vier Wochen."

Mein Traum wäre einmal ein Motorrad mit Beiwagen im Maßstab 1:18 hinzukriegen. Ein Bausatz dafür ist aber nur schwer zu bekommen", schwärmt Carrera-Tüftler Stefan Ott aus Weilburg, der sich mit zwei Freunden nach Feierabend ein kleines Rennen auf der 70-meter-Anlage fährt. Sein Ziel sei "immer was möglichst originelles auf die Bahn stellen." Einen Ziehamonika-Bus, zwei Panzer und einen Gabelstapler habe er schon auf eine Carrera-Bahn bebracht.

Ralf Wittig denkt derweil darüber nach, sein als Hobby betriebenes Renncenter, das insgesamt rund 100.000 Euro verschlungen habe, zu einer richtigen Freizeit-Erlebniswelt auszubauen. Klar, der Platz im Supermarkt werde dafür nicht reichen, aber ein anderes Gebäude, mit Raum führ noch längeren Strecken, habe er schon entdeckt.

Georg Kronenberg



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