Express Online: Thema der Woche | 23. März 2006

Die letzte Jagd der Chaos-Cops

Info:
Letzte Vorstellung "Mahoney & Santini" mit vier Folgen am Samstag, 25. März um 20:00 Uhr im Theater im g-werk, Marburg; anschließend: Requisitenversteigerung; www.policedepartment.de
Gemein, aber wahr: Mahoney & Santini verabschieden sich vom Publikum

Zehn Jahre lang sorgten zwei New Yorker Cops in Gießen, Marburg und dem Rest der Welt für Recht und Ordnung – und für Chaos und Komik. Jetzt muss das Publikum Abschied nehmen von Detective Mahoney (Patrik Walter), Sergeant Santini (Peter Schomber) und allen Bösewichten, Scharlatanen und Finsterlingen ("the face" Guido Schmidt), denn am kommenden Samstag (25.3.) werden nach der allerletzten Vorstellung von "Mahoney & Santini" im Marburger Theater im g-werk auch etliche Requisiten versteigert – unter anderem der legendäre Hut, ohne den Santini nie auch nur einen halben Fuß in den Sumpf des Verbrechens setzte. Der Entschluss, die kultige Cop-Comedy endgültig abzuspielen, ist schon dadurch unwiderruflich.

Während die Fangemeinde also an einige Extratextilien zum Tränenauffangen denken sollte, wird zumindest Schomber nach der Derniere ruhiger leben: Er beherbergt in seiner Wohnung die überquellende Requisitenkammer, die auch eine stattliche Sammlung großkalibriger (Bühnen-)Schusswaffen beinhaltet: "Wir haben im Lauf der Zeit ein Faible für Knarren und Kanonen entwickelt. Wenn ich mal die Polizei zu Besuch habe, bin ich geliefert: da hängt dann die Kalaschnikow, die Smith&Wesson, die Luger ..."

Aber nicht nur die Requisitensammlung wurde sorgfältig und mit wachsender Liebe zum Detail mehr und mehr erweitert, auch die Geschichten wurden von den drei Schauspielern bis zum Schluss bearbeitet und dramaturgisch verdichtet. Seit "Mahoney & Santini" 1996 im MuK in Gießen zum ersten Mal über das Böse siegten, wurde z.B. die Pilotfolge "Rache für O'Sullivan" zweimal überarbeitet. Die Geschichte des ersten gemeinsamen Einsatzes der Cops, der nicht unbedingt von größter Harmonie gekennzeichnet ist, wurde noch im letzten Jahr ausgebaut, weitergestrickt und in zwei Teile gesplittet. In dieser Bearbeitung wurde die Pilotfolge in Marburg noch nie gezeigt, und so gibt es zum Abschied sogar noch eine Premiere. Heißt das nicht, dass die Macher immer noch Spaß an der Sache haben? "Absolut, ja", sagt Peter Schomber, "aber es ist halt so: jeder von uns macht auch noch was anderes. Da wurden Mahoney & Santini immer schwieriger zu realisieren; mit zu viel Aufwand und Terminproblemen. Aber sie werden uns sehr fehlen. Da werden wir am Samstag echt ein Problem haben ..."

Das Publikum muss fürderhin allein mit dem Bösen dieser Welt fertigwerden. Ohne die trashige urkomische Performance der drei Schauspieler und ihres Technikers Pete Bowen, ohne das genial phantasievolle Spiel mit diversen Requisiten, ohne die unzähligen parodistischen Anspielungen auf amerikanische Filme und Polizeiserien – und ohne das Herzstück dieser Comedy, nämlich den komplett vorproduzierten Soundtrack aus Musik, Sprache und Geräuschen. Die gewollt asynchrone "Synchronisation" gehörte von Anfang an zu den Grundideen der Serie, ebenso wie die reichlich schräge Art der Geräuschproduktion. Die Rippen eines Heizkörpers liefern z.B. den passenden Sound zum Auto, das eine Treppe hinunter in einen U-Bahnschacht rasselt, während das satte Zuklappen der Autotür dem A-Klassen-Mikrowellenherd des Tonstudios abgelauscht wurde. Und schließlich gibt es nach dem 25. März auch nie wieder die berühmten Thunfischsandwichs von O'Lacey, die immer ein Extra der Marburger Aufführungen waren, und die nicht nur den Zuschauern, sondern auch Schomber & Co schmeckten: "Die waren immer sehr lecker. Ich freu mich schon darauf, in der Pause diesen Duft zu riechen ..."

Also dann: so long und farewell – auf eine fröhliche Henkersmahlzeit für die Cops vom Manhattan Police Department!

Ulrike Rohde



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