Der 25-jährige Matthias Müller bestätigte vergangene Woche Recherchen, nach denen er stellvertretender Vorsitzender des CDU-nahen Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) ist. Er erklärte als Reaktion auf die Enthüllung: "Ich trete von meinem Amt zurück, um Schaden vom RCDS abzuwenden." Der RCDS hatte Müller auf seiner Vorstandsliste verschwiegen. Müller, seit einem Jahr Politikstudent in Gießen, wohnt bei der NPD-nahen Burschenschaft Dresdensia Rugia, die der Verfassungsschutz seit zwei Jahren beobachtet. Müller verkehrt in rechtskonservativen Kreisen ebenso wie unter kahl geschorenen Springerstiefelträgern. Er sagt über sich: "Ich bin kein Neonazi."
Fakt ist aber: Er schreibt regelmäßig er für die Wochengazette Junge Freiheit. Ein Blatt, das sich als Sprachrohr der Neuen Rechten versteht, über die es in einem von Innenminister Volker Bouffier (CDU) signierten Bericht heißt: Die neue Rechte versuche "durch intellektuell wirkende Formulierungen den öffentlichen Diskurs in Richtung ihrer antidemokratischen und antisemitischen Vorstellungen zu beeinflussen". Selbst den Lesern des Blatts scheint Müllers Schreibfleiß nicht geheuer: Es bereite ihm Unbehagen, dass Müller "auffällig häufig und wohlgefällig über die NPD berichtet", kritisiert ein wertkonservativer Leser. Und Müller lässt es nicht beim Schreiben: Seit Anfang des Jahres ist er Vorsitzender des Landesverbands Südwest der "Jungen Landsmannschaft Ostpreußen", die von den Behörden als "in Teilen rechtsextremistisch" eingestuft wird. Deren Bundesgeschäftsführung sitzt eigentlich in Bielefeld, wickelt ihren Geldtransfer aber über ein Gießener Bankkonto ab.
Auch in NPD-Kreisen wurde Müller gesichtet. Ein Film des ZDF-Magazins Frontal 21 zeigt ihn bei einer Schulungswoche der NPD bei der "Dresdner Schule", der ideologischen Schmiede der Nationaldemokraten. Einem Fernsehteam sagt er da gradeheraus in die Kamera: "Skinheads sind nicht unnatürlich, das sind ganz normale Jugendliche, die sich zu ihrem Volk und ihrer Nation bekennen wollen."
Matthias Müller scheint sich auf seinem rechten Weg an der NPD zu orientieren und in die Fußstapfen von Stefan Rochow und Jürgen Gansel zu treten. Rochow und Gansel, heute Mitglieder des NPD-Bundesvorstands, lebten zu Studentenzeiten im Dresdensia-Haus und betätigten sich wie Müller in führenden Positionen der Jungen Landmannschaft Ostpreußen. Nach dem Einzug der NPD in den sächsischen Landtag machte die NPD Rochow zum Jugend-Referenten und Gansel zum Abgeordneten. Von Gansel stammt die Äußerung zum "Bomben-Holocaust" in Dresden.
Für Immanuel Fick vom Asta der Uni Gießen sind Gansel, Rochow und Müller keine Einzelfälle: "Man sieht, dass Dresdensia Rugia weiterhin ein Scharnier zwischen Rechtskonservativen und Rechtsradikalen ist."
Der RCDS bezog am Wochenende schriftlich Stellung zu dem Vorfall. Der Vorstand um Burkard Hofbeck entschuldigt sich dafür, "durch seine organisatorische Inkonsequenz dem Ruf des RCDS und der CDU geschadet zu haben". Allerdings habe man zum Zeitpunkt der Vorstandswahl nichts von Müllers rechtsextremer Gesinnung und dessen einschlägiger Betätigungen gewusst. Als die RCDS-Führung jedoch vor einiger Zeit davon erfahren habe, sei die aktive Zusammenarbeit beendet worden. Auf ein aufwendiges Ausschlussverfahren sei verzichtet worden, Da Müller sein Studium beenden und aus dem RCDS austreten wollte. "Dies war falsch", räumt der RCDS ein.
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