Express Online: Editorial | 10. Mai 2007

Blitzschnell ins Abseits

Gerade einmal 1.000 Studenten haben vergangene Woche anlässlich der Hochschulrektorenkonferenz-Sitzung in Gießen gegen Studiengebühren demonstriert. Was – vorsichtig ausgedrückt – nicht gerade für den Protestwillen der Studis spricht, sollen doch bundesweit 75.000 Flyer mit Demo-Aufrufen verteilt worden sein.

Vielleicht sollten sich die Studierenden in Punkto Engagement und unbedingtem Willen ein Beispiel an antrittsschnellen Vollblutpolitikern wie unserem Landesvater Roland Koch oder seiner Sozialministerin Silke Lautenschläger nehmen. Um nicht verspätet zu einem Termin zu kommen, hat sich die CDU-Politikerin dieser Tage so ins Zeug gelegt, dass ihr Dienstwagen auf der A7 bei Kassel wegen Rasens von der Polizei gestoppt wurde. Mit 161 km/h war Lautenschlägers Chauffeur durch die Tempo-120-Zone gebraust und hatte auch noch vorschriftswidrig auf der rechten Spur überholt.

Was einen normalen Autofahrer laut Polizei 100 Euro Bußgeld, drei Punkte in Flensburg und einen Monat Fahrverbot eingebracht hätte, braucht die Ministerin und ihren Bleifuß-Fahrer nicht zu jucken: Dank einer Ausnahmegenehmigung des hessischen Verkehrsministeriums dürfen Regierungsmitglieder auf Dienstfahrten in bestimmten Fällen folgenlos gegen Verkehrsregeln verstoßen. Was auch Ministerpräsident Roland im Dezember 2005 schon ausprobiert hat, als er mit 120 Kilometern pro Stunde statt erlaubter 60 über die A 66 chauffiert wurde.

SPD und Grüne fordern die Abschaffung des Privilegs. Grünen-Parlamentarier Mathias Wagner: "Wer meint, am Volk vorbeirasen zu können oder zu müssen, muss aufpassen, dass er nicht abhebt."

Georg Kronenberg

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