Express Online: Thema der Woche | 25. Oktober 2007

Feier mit Pfiffen

Die Gießener Uni kann sich über einen gelungenen "Tag der Lehre und des Studiums" zum 400. Geburtstag freuen – bei dem freilich der Rathauschef der Unistadt mit seiner Demonstranten-Beschimpfung für ein peinliches Intermezzo sorgte.

Etwa 2.500 Besucher verfolgten am Samstagnachmittag die Erstsemesterbegrüßungsfeier auf dem Gießener Brandplatz – genau 400 Jahre nach Aufnahme des Lehrbetriebs 1607 – bei der Oberbürgermeister Heinz Peter Haumann (CDU) sich mit Anti-Werbung für Gießen hervortat: Der CDU-Politiker beschimpfte auf dem Brandplatz demonstrierenden Hochschüler, die die Feier nutzten, um gegen die neu eingeführten Studiengebühren zu protestierten.

Während Unipräsident Stefan Hormuth sich bei seiner Rede weder von den Zwischenrufen und Pfiffen der Demonstranten noch von einem als Clown verkleideten Studenten, der sich zu ihm ans Rednerpult gesellt hatte, irritieren lies und den Gebührengegnern ganz ruhig "Geduld und Toleranz" riet, bewies der Rathauschef im Anschluss herzlich wenig Toleranz für den Protest: Haumann empfahl den zwar lautstark aber immer friedlich demonstrierenden Studenten gar, Gießen wieder zu verlassen. Denn es gebe in der Stadt einen Teil der Studierenden, auf den man stolz sein könne, "und einen Teil, auf den wir nicht stolz sind".

Ein für eine Universitätsstadt peinliches Intermezzo der feierlichen Erstsemesterbegrüßung, wie nicht wenige Zuhörer urteilten. "Wenn meine Tochter jetzt schon ihr Abi hätte, würde ich ihr raten, in einer anderen Stadt zu studieren – wo mehr Demokratieverständnis herrscht", empörte sich eine 40-jährige Gießenerin.

Zurück zum Positiven: Beim zweiten Höhepunkt im Jubiläumsjahr der Gießener Uni – nach dem Wissenschaftsfestival im Mai – präsentierten sich alle elf Fachbereiche mit einem Tag der offenen Tür, in der Stadt gab's zudem zahlreiche Kunstaktionen. Das Angebot reichte von der simulierten Gerichtsverhandlung über den lyrischen Textgarten im Philosophikum I bis zum abendlichen Ball in einem aufblasbaren Tanzsaal und der großen Uniparty im Audimax.

Ein Programm, das breiten Anklang fand: So verfolgten bereits morgens um kurz nach 9 Uhr über 60 Besucher im großen chemischen Hörsaal die Experimentalvorlesung "Chemie erleben". Erwartungsgemäß lange Schlangen gab's beim traditionellen Semesterbegrüßungsbrunch des Studentenwerks in der großen Mensa, bei dem sich etwa 1.500 Hungrigestärkten. Der Publikumsmagnet am Festtag war die Uniparty im Audimax mit 3.500 Besuchern. "Die Party war rappelvoll. teilweise waren die Warteschlangen über 100 Meter lang", berichte einer der Partyorganisatoren. "Zu Beginn des Jubiläumsjahres haben wir das Audimax für den Uni- und Theaterball in einen riesigen Ballsaal verwandelt. Jetzt, kurz vor Ende der Jubiläumsaktivitäten, wurde es zum studentischen Dancefloor. Das war ein überaus gelungener Festtag mit der größten Uniparty seit Jahren in Gießen zum Abschluss", freute sich Uni-Jubiläumskoordinator Oliver Behnecke.

Georg Kronenberg

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