Express Online: Editorial | 19. Februar 2009

Purer Aktionismus

Wenn das nicht ein Vorbild in Zeiten der Krise ist: der 40-jährige Münchner Familienvater, der 17,5 Millionen Euro aus dem Lotto-Jackpot abgeräumt hat, will, ganz unaufgeregt, an seinem Leben nichts ändern.

Der Angestellte lebt mit seiner Frau und seiner kleinen Tochter in einer Mietwohnung. Das soll auch so bleiben. Weder will die Familie jetzt in eine größere Wohnung ziehen, noch sich ein neues Auto oder andere Luxusgüter kaufen – dafür aber brav den Ratenkredit für die Waschmaschine weiter abstottern.

Eine derartige Solidität im Krisenmanagement sucht man bei den sich in immer kürzerer Zeit mit immer neuen Einfällen für Konjunkturbelebungsmaßnahmen überbietenden Politikern vergebens. Schlimmer noch: Da werden im Handstreich wichtige umweltpolitische Ziele von der Kanzlerin über Bord geworfen – siehe etwa beim Kfz-Steuer-Kompromiss, über den NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller zu Recht urteilt: "Die ursprüngliche Idee einer klimafreundlichen Kfz-Steuer wird weiterhin ad absurdum geführt."

Diese umweltpolitische Peinlichkeit belegt leider, dass auch in der Krise statt der vielbeschworenen "Nachhaltigkeit" in der Politik blanker Aktionismus regiert – der nur auf kurzfristige Erfolge schielt. Der CSU/CDU-Hickhack, einem offensichtlich amtsmüden und uninspirierten Wirtschaftsminister den Rücktritt erst verbieten zu wollen und dann doch anzunehmen, setzt noch einen drauf.

Immerhin können wir uns in puncto Solidität an Bundesfinanzminister Peer Steinbrück ein Beispiel nehmen. Der spielt regelmäßig Lotto – und denkt an die Zukunft: "Ich spiele einen Systemschein für vier Wochen im Voraus", so Steinbrück im Zeitungsinterview.

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