Express Online: Editorial | 26. März 2009

Zivilcourage

... und starke Überzeugungen brauchen die Menschen, die gegen den Strom scheinbar übermächtiger Mechanismen und Traditionen schwimmen müssen, um das zu tun, was ihren Erkenntnissen nach richtig und wichtig ist. Erzbischof Boniface Lele von Mombasa/Kenia ist unter den Würdenträgern in der Katholischen Kirche ein unermüdlicher Querdenker, der z.B. unerschrocken die Wirtschaftskriminalität und Korruption der kenianischen Politiker und Rohstoffspekulanten frontal angreift und lautstark die nachhaltige Nahrungsmittelsicherheit für die Armen und unter Ungerechtigkeit leidenden Kenianer fordert.

Seit Jahren tritt Boniface Lele entgegen dem päpstlichen Verbot für Kondome als einem wichtigem Mittel zum Schutz vor Aids ein. Nyumbani, einer Organisation für HIV-positive Waisenkinder, gab der streitbare Erzbischof kircheneigene Ländereien für ein wegweisendes Aids-Waisen-Village-Projekt (www.nyumbani.org).

Weltweit sind mehr als 33 Millionen Menschen HIV-positiv. Zwei Drittel davon leben in Afrika südlich der Sahara, allein 2007 starben in der Region 1,6 Millionen Menschen an der Immunschwäche-Krankheit. 11,4 Millionen Kinder dort sind Aids-Waisen. Dort, wo erfolgreich für den Gebrauch von Kondomen geworben werde, so die Experten der WHO, gehen die Infektionsraten signifikant zurück.

Vergeblich hatten sie daher gehofft, dass der deutsche Papst Benedikt XVI. vergangene Woche auf seiner ersten Afrikareise in der Kondom-Frage einlenken würde. Viele Wege führen nach Rom, aber keiner dieser Wege muss die Lebenswirklichkeit der in Elend und Armut versinkenden Menschen ausgrenzen und die Hoffnung auf Veränderung durch soziale und wirtschaftliche Gerechtigkeit aus den Augen verlieren.

Thomas Gebauer

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