Express Online: Editorial | 27. August 2009

Schiebung!

Okay, am ersten September ist Weltfriedens-/Antikriegstag. Und wenn es auch in dieser besten aller möglichen Welten mal wieder wenig Frieden gibt, so wollen wir doch im ganz kleinen und privaten und zumindest für diesen Tag lang einen Konflikt aussetzen, der von den Kombattanten mit aller gebotenen Unbarmherzigkeit geführt wird: Den des Stammes der Menschen in Person des Schreibers dieser Zeilen und dem Volk der Wespen.

Gerade in jetziger Spätsommerzeit, wo sich die schwarzgelb geringelten Stechmaschinen vor dem unaufhaltsam heraufdräuenden Ende ihres Erdendaseins noch einmal zu piesackenden Höchstleistungen gemüßigt fühlen, wo jeder Barfußschritt behutsam gesetzt, jeder Kekskrümel peinlichst observiert, jede unsachte Bewegung tunlichst vermieden werden will, mahnt nämlich der Naturschutzbund Hessen zur Besonnenheit im Umgang mit den wohltaillierten Plagegeistern. "Nicht jedes massenhafte Auftreten von Tieren ist gleich Grund zur Panik", wiegeln die Naturschützer unter der Rubrik "Ökologisch leben" ab und ermuntern für den Fall des unvermeidlichen Rencontres: "Die Wespen sanft wegschieben."

Das klingt so bizarr, das werden wir ausprobieren und am ersten September die Klatsche am Haken hängen lassen. Es wäre freilich schön, wenn solch einfühlsamer Kuschelkurs auch von Insektenseite beherzigt werden würde. Allein, mir fehlt der Glaube. Also bleiben Zwiebel, Zitronensaft und Kaltpackung in Reichweite. Und die ebenso tröstliche wie irgendwie melancholisch stimmende Gewissheit, dass mit dem Sommer auch die Wespe geht ...

Michael Arlt

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