Express Online: Editorial | 10. September 2009

Handlungsspielräume

... können zu jeder Zeit an jedem Ort entstehen und die Menschen, die sich in ihnen bewegen, ganz losgelöst von Sachzwängen zu spielerischen Handlungen oder zu einem spielerischen Wechsel der Perspektiven inspirieren. Handlungsräume entstehen aber auch wie aus dem Nichts und mit einer existentiellen Dringlichkeit versehen, die kein wenn und aber, sondern nur eine einzige Handlungsoption nahelegt.

Für einen Igel, der sich in der Bucht eines Wasserflaschenkastens hoffnungslos verfangen und verwickelt hatte, war die Bereitschaft seiner Finder, mögliche Handlungsspielräume seiner Rettung zu erkennen und schnellstmöglich zu nutzen, überlebensnotwendig geworden. Ohne den Igel zu verletzen, wurde er aus seiner gequetschten Bedrängnis herausgeschnitten, danach mit Ruhe und einem temporären Sanatorium versorgt, das er zur Erleichterung seiner Befreier schon bald verließ.

Von der Notwendigkeit und Dringlichkeit, alle nur denkbaren Handlungsspielräume zu erkennen und zu nutzen, ist auch in den Berichten über die zentralen Krisenregionen und Flüchtlingssituationen auf der Erde immer wieder die Rede. Aber auch die jüngsten Berichte der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) über die zunehmende Kinderarmut in Deutschland und über die abnehmende Chancengleichheit z.B. der durch Migrationshintergrund und soziale Ausgrenzung benachteiligten Jugendlichen machen deutlich, dass neue und bessere Handlungsspielräume geschaffen werden müssen, damit die gesellschaftliche Abwärtsspirale von Armutskarrieren und Armutslöhnen zugunsten einer gerechteren Zukunft für alle Menschen unterbrochen wird.

Thomas Gebauer

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