Express Online: Editorial | 19. November 2009

Runde Sache

Herrschaften, wie die Zeit vergeht: gerade eben noch wollten duftige Blütenwiesen und trunkene Augustnächte besungen werden, rumms, schon isser wieder da. Der vermaledeite November. Wenn draußen sich fahle Morgennebel ins schmutzige Braun der Baumwipfel kleben, wenn das letzte Bunt von Herbstlaub auf nassen Gehwegen zermatscht, wenn depressive Sportler ein Staatsbegräbnis bekommen, wenn auf Klimagipfeln trübe Aussichten herrschen, die Leinwand ein Weinland zeigt – dann ist es höchste Zeit für was Gutes: Pfannkuchen.

Aus Mehl, Eiern, Milch, einer Prise Salz und ein wenig Zucker einen nicht zu festen, nicht zu flüssigen Teig rühren. Viertelstunde ruhen lassen. Schuss Sprudel drunterheben. Butter in beschichteter Pfanne heiß werden lassen, eine Suppenkelle Teig rein, bei mittlerer Hitze auf jeder Seite schön goldgelb backen. Mit Marmelade, Nussnougat-Creme, Erdnussbutter oder was auch immer bestreichen, aufrollen und ab dafür. Herrlich.

Zugegeben: Ein Pfannkuchen ist zu weich, den Weltschmerz dauerhaft einzudämmen. Er ist zu flach, um als Weltformel jemals Allgemeingültigkeit zu erlangen, und als Wegweiser in Richtung immerwährender Glückseligkeit schlechterdings zu rund. Aber er setzt ohne viel Brimborium ein fröhlich-fettiges Spitzenlichtlein in die düsteren Tage dieser doofsten aller Jahreszeiten. Danke dafür, mein Freund.

Michael Arlt

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