Express Online: Editorial | 3. Dezember 2009

Eine wichtige Lebensversicherung

... sind die Flüchtlings- und Menschenrechte besonders für Menschen, die vor Hunger, Gewalt und Tod aus den Ländern Afrikas oder aus den Konfliktregionen im Nahen Osten fliehen. 2008 landeten nach Schätzungen des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR und der Menschenrechtsorganisation Fortress Europe etwa 70.000 Bootsflüchtlinge an den europäischen Küsten. Die verheerende Menschenrechtsbilanz 2008: Über 1.500 dokumentierte Tote vor den Toren Europas. Die Dunkelziffer ist weit höher. Tausende Bootsflüchtlinge werden z.B. von der EU-Grenzschutzagentur Frontex noch auf hoher See abgefangen und zurück nach Afrika abgedrängt. Im Technokratenjargon von Frontex heißt dieses lebensgefährdende Vorgehen: Flüchtlingsboote und ihre Insassen werden "umgeleitet" (diverted).

Wie das "Umleiten" auch von maroden Schlauchbooten und einfachen Paddelbooten auf See geschieht, erfährt die Öffentlichkeit nicht. Deutschland beteiligt sich an den Frontex-Einsätzen, und der Haushalt von Frontex steigt rasant. Von etwa 35 Millionen Euro im Jahr 2007 verdoppelte er sich 2008 auf 70 Millionen. Dieses Jahr (2009) stehen Frontex sogar 90 Millionen Euro zur Verfügung.

Menschen in Not und auf der Flucht haben ein Recht, nach den Regeln der Genfer Konvention behandelt und geschützt zu werden. An den europäischen Grenzen darf es keine menschenrechtsfreien Zonen geben. Auch auf hoher See und auf Schiffen von Frontex-Verbänden müssen die Schutzstandards der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention ohne Ausnahme gelten.

Thomas Gebauer

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