Express Online: Thema der Woche | 23. April 2009

International Affairs

WohnheimTutorenProgramm
Mit Beginn des Sommersemesters haben auch wieder die Veranstaltungen des WoTuPro-Teams (Wohnheimtutorenprogramm) des Studentenwerks Gießen begonnen. Internationales, Kultur, Bewegung und gemeinsame Ausflüge prägen das WoTuPro-Sommerprogramm. Ob afrikanischer Abend, ein Besuch im Frankfurter Zoo, eine Kanutour auf der Lahn oder Englisches Theater – für jeden Geschmack ist etwas dabei.
Ein Highlight ist das schon Tradition gewordene große Sportfest beim Studentenwohnheim in der Grünberger Straße am 6. und 7. Juni. Am Samstagabend geht das Sportfest direkt in ein Grillfest mit anschließender OpenAir-Party über.
Genaue Informationen zu allen Veranstaltungen des WohnheimTutorenProgramms sowie Ansprechpartner und Infos zu Anmeldung und Teilnahmebedingungen finden Interessierte im Internet unter www.wotupro.de. Ansprechpartner sind außerdem die Tutoren in den einzelnen Wohnheimen (Eichendorffring: Magdalena, Tel: 0176 - 63 26 05 99 und Jessica, Tel.: 0162 – 3 70 04 73, Grünbergerstraße: Huihua, Tel: 0176 – 63 13 39 11 und Ahmet, Tel: 0176 – 83 06 63 49, Unterhof: Fatjon, Tel: 0176 – 81 00 61 55 und Plamen, Tel: 0176 – 62 06 44 11) sowie Magdalena Kaim von der Abteilung Beratung & Service des Studentenwerks Gießen. Ihre Telefonnummer lautet 0641 – 40 00 81 63.
WoTuPro ist ein Angebot von Studierenden für Studierende, welches sich deutsche und ausländische Studierende richtet. Die Tutoren, stehen für alle Fragen rund ums Studium zur Verfügung, helfen weiter, wenn es Schwierigkeiten gibt und fördern das gesellige Zusammensein von Studierenden aller Nationen, indem sie gemütliche Abende und Unternehmungen organisieren. Die Tutoren haben Büros in den Wohnheimen Eichendorffring, Unterhof und Grünberger Straße mit Sprechzeiten nach Vereinbarung.
pe/kro
Die Gießener Uni richtet im Eichendorffring ein Internationales Studierenden-Begegnungszentrum ein

Um die Integration ausländischer Studierender zu verbessern, fördert der Deutsche Akademische Austausch Dienst (DAAD) ab diesem Sommer ein Internationales Studierenden-Begegnungs-Zentrum an der Justus-Liebig-Universität. Der DAAD hat die Universität Gießen in sein Programm zur Förderung der Integration ausländischer Studierender (PROFIN) aufgenommen und ist mit 166.000 Euro beim Aufbau des Studierenden-Begegnungszentrums beteiligt. Ziel des Programms ist die Bindung ausländischer Nachwuchswissenschaftler an den Standort Deutschland schon während des Studiums.

Das Begegnungszentrum ist das Ergebnis einer kreativen Kollaboration zwischen der Justus-Liebig-Universität (JLU) und dem Studentenwerk. Beide arbeiteten dieses Projekt aus und reichten es bei dem DAAD ein, wo es sich unter 35 förderungswürdigen Projekten behaupten konnte. Ein Begegnungszentrum passt insofern gut in das PROFIN-Programm, da hier ausländische Studierende aktiv in die deutsche Gesellschaft integriert werden und somit ein positives Verhältnis zum Land aufbauen können.

Die Räumlichkeiten wurden schnell gefunden und zwar im ehemaligen Study Affairs im Eichendorffring, in der Nähe der Studentenwohnheime. Dort gibt es einem gut ausgestatten Bistro-Bereich samt Nebenräumen - beste Voraussetzungen für ein Begegnungszentrum. Die Eröffnung ist noch in diesem Sommersemester geplant. Anfang April wurden dort bereits die neuimmatrikuluierten ausländischen Studentinnen und Studenten von Unipräsident Stefan Hormuth begrüßt.

Das Zentrum soll mit einem attraktiven Veranstaltungsprogramm zu einem ständigen Treffpunkt ausländischer und international interessierter Studierender ausgebaut werden.

Neben dieser sozialen Funktion hat das Begegnungszentrum natürlich auch eine akademische. Das neue Begegnungszentrum soll dabei helfen, die akademische Betreuung ausländischer Studierender und Doktoranden zu verbessern. So werden hier z.B. Tipps für wissenschaftliche Hausarbeiten oder Referate gegeben. Insgesamt ist die Betreuung darauf ausgerichtet, die sprachlichen Defizite zu reduzieren. Im Mittelpunkt steht jedoch vor allem die Hilfe bei der Anpassung an die deutschen Studien- und Lebensbedingungen. Hierbei spielen die deutschen Mitstudierenden einen nicht zu unterschätzenden Part.

Insgesamt ist es der Zusammenarbeit zwischen Politik und Hochschulen zu verdanken, dass sich Deutschland in den letzten Jahren als Bildungsstandort etablieren und die Zahl der ausländischen Studierenden gesteigert werden konnte. Für das Sommersemester 2009 schrieben sich 110 Studierende aus dem Ausland ein (EU-Studenten der Humanmedizin nicht einberechnet). Davon werden alleine 45 Studierende ihr komplettes Studium in Deutschland durchführen. Insgesamt zählte Gießen im letzten Semester 1.785 Studierende aus dem Ausland. Übrigens trägt das neue Begegnungszentrum noch keinen einprägsamen Namen. Originelle Vorschläge sind sicherlich Willkommen.

Stefan Schweidler


Express Online: Thema der Woche | 23. April 2009

Menschen mit Weitsicht

Marburger Leuchtfeuer
Sabriye Tenberken erhält das "Marburger Leuchtfeuer" 2009. Oberbürgermeister Egon Vaupel wird ihr die von der Stadt und der Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union vergebene Auszeichnung am Sonntag (26. April) im Rahmen einer Feierstunde im Historischen Saal des Marburger Rathauses überreichen.
Mit der Wahl der diesjährigen Preisträgerin möchte die Jury Menschen mit Behinderungen ermutigen, sich mit ihren individuellen Fähigkeiten und Ideen selbstbewusst in die Gesellschaft einzubringen. Mit der Wahl der 38-jährigen Tibetologin würdigt die Jury zuden das international ausgerichtete Engagement für eine gerechtere Weltordnung.
kro
In Kerala, Südindien planen blinde und sehbehinderte Menschen aus der ganzen Welt soziale Projekte – initiiert von der Ex-Marburgerin Sabriye Tenberken und ihrem Lebensgefährten Paul Kronenberg

Warmer Wind weht über die Anlage. Knistert in den Palmen. Im Hintergrund ein Konzert aus unzähligen Vogelstimmen und manchmal ein Plätschern im Wasser des nahen Sees. Im Vordergrund Lachen. Das fließende Kratzen von Blindenstöcken. Gesprächsfetzen.

International Institute for Social Entrepreneurs, kurz IISE nennt sich das jüngste Projekt von der in Marburg aufgewachsenen Sabriye Tenberken und ihrem niederländischen Lebensgefährten Paul Kronenberg. Zehn Jahre lang haben die Gründer von Braille ohne Grenzen in Tibet gelebt und dort ein umfangreiches Trainingszentrum für blinde und sehbehinderte Menschen aufgebaut. Damit haben sie nicht nur vor Ort die Situation der Blinden radikal verändert, sondern weltweit aufmerksam gemacht auf die globale Diskriminierung der Blinden und Sehbehinderten. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt es weltweit 161 Millionen blinde und hochgradig sehgeschädigte Menschen. 98 Prozent dieser Menschen leben in den so genannten Entwicklungsländern fast ausschließlich in Armut. Nur ein Prozent hat Zugang zu einer Ausbildung.

Ihr neues Projekt, das IISE, ist eine kraftvolle Antwort auf diese Situation. Für jeweils ein Jahr kommen überwiegend blinde und sehbehinderte Menschen aus der ganzen Welt zusammen, lernen Projekt-Planung und Management, Computer- und Kommunikationstechniken. Dabei bringt jeder der Teilnehmer die Idee eines eigenen sozialen Projektes mit. Nach einem Jahr kehren die blinden und sehgeschädigten Projektorganisatoren in ihre Heimatländer zurück, um ihre Ideen zu verwirklichen.

Die Motivation für den Aufbau dieses besonderen Management-Zentrums rührt aus Pauls und Sabriyes eigener Geschichte. "Wir haben uns immer überlegt, in welche Fallen wir nicht getappt wären, wenn wir vorher im Projektmanagement ausgebildet gewesen wären”, sagt Paul Kronenberg.

Paul und ich wurden immer gefragt, wann Braille ohne Grenzen in dieses oder jenes Land kommt”, berichtet Sabriye Tenberken. "Wir hätten vielleicht noch zwei bis drei Projekte aufbauen können - aber ist es nicht viel besser, die Leute aus diesen Ländern zu stärken, damit sie ihre eigenen Ideen verwirklichen können? Sie kennen die lokalen Probleme schließlich am besten!” Schon nach diesem ersten Jahr des IISE sollen 23 neue Projekte in 14 verschiedenen Ländern entstehen.

Nur wenn Blinde an die Öffentlichkeit treten, um ihre Forderungen selbst in Worte zu fassen, kann in der Gesellschaft ein Umdenk-Prozess stattfinden", sagt die ehemalige Marburger Blista-Schülerin Tenberken. Das IISE selbst ist ein Symbol für aktives Umdenken und Gestalten. Das Zentrum liegt in den südindischen Tropen, nicht weit von Trivandrum, der Hauptstadt des Staates Kerala in einem Umweltschutzgebiet mit direktem Zugang zum Vellayani-See. Die Menschen hier leben vom Fischfang und vom Anbau von Kokospalmen und Bananen. Das Gebiet ist bislang touristisch nicht erschlossen, es ist sehr still und eignet sich daher in hervorragender Weise für intensive Studien. Die zur Einrichtung gehörenden Gebäudekomplexe wurden in einem Stil erbaut, der sich an der Architektur Laurie Bakers orientiert: Der Bau der Häuser erfolgte kostengünstig, ökologisch und phantasievoll.

Nach drei Jahren Planung und Bauzeit wurden im Januar diesen Jahres die ersten 23 TeilnehmerInnen, die zwischen 21 und 52 Jahre alt sind, aufgenommen. Die meisten von ihnen haben Dinge durchgemacht, die vielen Menschen jegliche Hoffnung nehmen würden. Sahr aus Liberia hat im Krieg seine gesamte Familie verloren. Eric aus Ghana antwortet auf die Frage, was für ihn besonders ist hier, dass er zum ersten mal in seinem Leben jeden Tag weiß, dass er satt werden wird.

Jane aus Kenia ist Albino und sehbehindert. In ihrer Heimat kann sie niemals allein auf die Straße gehen. Ein furchtbarer Aberglaube besagt, dass die Haut, die Knochen und die Haare von Menschen mit Pigmentstörung als Bestandteil von Zaubertränken reich machen sollen. Menschen mit Albinismus werden gejagt und regelrecht abgeschlachtet. ,,Wir sind lebendige Banknoten", sagt Jane. Für sie ist ihre Sehbehinderung fast nebensächlich. Sie möchte Menschen mit Albinismus stärken und Aufklärungsarbeit in der Gesellschaft leisten. Wenn Jane erzählt, lacht, singt oder tanzt, glaubt man ihr, dass sie mit Leichtigkeit die Welt verändern kann – mit ihrer Energie verändert sie ihre Umwelt, wohin sie kommt. Um so mehr trifft es einen, wenn Jane von ihrer Vergangenheit erzählt. Von ihrer Mutter, die im siebten Monat ihrer Schwangerschaft eine Abtreibung versucht hat. Janes Großmutter fand ihre Tochter mitten im Geschehen, brachte sie ins Krankenhaus, Jane wurde geboren und verbrachte die ersten zwei Monate ihres Lebens im Brutkasten. Am Tag der Entlassung aus dem Krankenhaus wurde Jane von ihrer Mutter verlassen. Ihre Großmutter nahm sie auf. Heute nennt Jane diesen Tag ihren Geburtstag. Ihr ganzes Leben lang musste sie ankämpfen gegen Vorurteile und Diskriminierung. Aus einfachen Verhältnissen kommend, sehbehindert und von Albinismus betroffen – es ist kaum vorstellbar, was für ein permanenter Kampf es für Jane gewesen sein muss, zur Schule zu gehen, zu studieren und letztlich als IISE-Teilnehmerin nach Indien zu kommen.

So unterschiedlich der Hintergrund der TeilnehmerInnen, die insgesamt aus 14 verschiedenen Ländern kommen, auch ist – sie haben eines gemeinsam: Die Überzeugung, dass Dinge verändert werden müssen und dass sie ihren Beitrag dazu leisten können. Mit einer Energie die ihresgleichen sucht, geben sie Interviews, halten sie Reden, planen sie ihre Projekte. Unterstützung und Input bekommen sie dabei von Menschen, die hier Katalysatoren genannt werden: Zum Beispiel von einer Journalistin aus den USA, einem Schauspieler aus Nepal, einer Managerin aus Spanien, einem Computertechniker aus Indien. Und natürlich von Sabriye Tenberken und Paul Kronenberg, die reichhaltig aus ihren eigenen Erfahrungen schöpfen können. Lernen kann hier jeder von jedem.

Aufgebaut wurde das Zentrum mithilfe zahlreicher Sponsoren weltweit – hierzu zählen sowohl Firmen und Stiftungen, als auch Privatleute. Auch die laufenden Kosten und insbesondere die Jahresstipendien für die TeilnehmerInnen, die sich auf 6600 Euro (inklusive Flug, Unterkunft und einem eigenen Laptop) belaufen, werden von Sponsoren getragen.

Die Suche nach Menschen, die sich für die Ziele des Projektes einsetzen, ist somit einer der wichtigsten Punkte für Paul und Sabriye: "Wir brauchen auf der einen Seite Menschen, die unser Projekt finanziell unterstützen und auf der anderen Seite Menschen, die als TeilnehmerInnen und als Katalysatoren das Projekt mit Leben füllen”, sagt Paul Kronenberg, Co-Gründer von Braille ohne Grenzen.

Informationen unter www.braillewithoutborders.org

Lena Behrendes

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