Express Online: Thema der Woche | 14. Mai 2009

Fenster und Türen gegen den Terror

Ein Marburger Familienbetrieb schützt Botschaften, Gefängnisse und Polizeistationen weltweit

Wer den Bundeswehrstützpunkt Masar-i-Scharif in Afghanistan besucht, muss zwei Hochsicherheitsschranken der Firma Sälzer passieren, an denen auch mit Sprengstoff gefüllte Schwerlaster scheitern würden. Botschaften auf der ganzen Welt schützen sich mit den schusssicheren Fenstern und Türen aus Marburg. Bewährt haben sie sich bei Terroranschlägen in Nordirland, einer Autobombe auf die türkische Botschaft in Wien und einem Sprengstoffanschlag auf die Jüdische Gemeinde in Frankfurt. Die Krisenherde der Welt haben die mittelhessische Firma groß gemacht.

Dabei war der 1777 gegründete Familienbetrieb ursprünglich nur eine einfache Nagelschmiede. Doch Seniorchef Heinrich Sälzer war ein Erfinder und Tüftler. Vor gut 30 Jahren – die Firma stellte damals vor allem Fenster mit Metallrahmen her – begann er mit seinen Experimenten rund um Fenster und Türen, die auch Anschlägen und Einbrüchen wirksam widerstehen. 1978 meldete er das erste Patent für "durchschusshemmende" Fenster an. Erstmals eingebaut wurde es in der Polizeistation von Cölbe bei Marburg. 1983 folgte das gemeinsam mit der Bundeswehr entwickelte erste "explosionshemmende" Fenster. Die Anschläge der Roten Armee Fraktion lieferten den Markt dazu. Heute hält die Firma mehr als 200 Patente und etwa 500 Prüfzeugnisse. Das Unternehmen bietet inzwischen die gesamte Produktpalette für die Sicherheit von Gebäuden.

Wir besetzen einen Nischenplatz", sagt die technische Geschäftsführerin Elke Sälzer, die den Betrieb gemeinsam mit ihrem Ehemann Walther leitet. Unter der Wirtschaftskrise leidet das auf 120 Mitarbeiter angewachsene Unternehmen mit seinem Jahresumsatz von rund 20 Millionen Euro kaum. Die Nachfrage wachse kontinuierlich. "In den vergangenen 30 Jahren ging es immer aufwärts", freut sich auch der Betriebsratsvorsitzende Rudolf Weigel. Mitunter werde sogar über Tarif bezahlt. Das Geheimnis des Sicherheits-Unternehmens liegt nach Weigels Überzeugung in den Erfindungen.

Sälzer stattet Polizeistationen, Botschaften, Politikerresidenzen, Kasernen, gefährliche Virenlabore, Gefängnisse, Gerichte, Ministerien, Zentralbanken und forensische Kliniken in mehr als 60 Ländern der Welt aus. In den meisten Fällen darf Sälzer seine Auftraggeber nicht nennen. Als Beispiele zeigt das Unternehmen die deutsche Botschaft in Tokio, die Sälzer als "Sicherheitstrakt" ausgebaut hat, und die britische Botschaft in Warschau, einem Glas-Stahl-Bau, der als Niedrigenergiehaus gebaut wird.

Ihre neueste Erfindung: Ein Fenster, das auch in gekipptem Zustand noch Explosionen mit bis zu 500 Kilogramm Sprengstoff übersteht. Zudem ist es einbruchssicher. Diese Entwicklung – damit ist Sälzer bislang noch allein auf dem Markt – verkauft sich vor allem in Europa.

Die "durchschusshemmenden" Fenster halten einen Dauerbeschuss durch Nato-Gewehre aus. Dazu bestehen die Fenster aus mehreren mit speziellen Laminatfolien getrennten Scheiben mit einer Dicke von etwa zehn Zentimetern. Ein Quadratmeter wiegt 210 Kilogramm. Wie gut die Fenster und Türen sind, wird in externen Prüflabors und bei Explosionen in England und in den USA getestet.

Allerdings legt das Unternehmen Wert darauf, vollständige Sicherheitskonzepte gegen Terror und Gewalt anzubieten: "Bei der kompletten Palette sind wir die Nummer eins", sagt Walther Sälzer. Nicht nur die Fenster und Türen seien sicher, auch die Rahmen. Dazu kommen Rolltore, Wachhäuser, Wachkabinen, Schranken, Hochsicherheitsbarrieren, Tore, Fassaden, Trennwände, Schlösser und Elektronik.

Freilich hat jedes Sicherheitssystem seine Grenzen: Gegen einen Anschlag wie den vom 11. September hätten auch die Fenster von Sälzer nichts ausrichten können.

Informationen: Sälzer GmbH, Dietrich-Bonhoeffer-Str. 1–3, 35037 Marburg, Tel. 06421-938100, www.saelzer.de

Gesa Coordes

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