Express Online: Thema der Woche | 6. August 2009

Eine ganze Stadt im Ausnahmezustand

Feten und gute Laune an allen Ecken und Enden von Gießen beim diesjährigen Stadtfest. Unzählige Musikacts und Künstler bevölkern die acht Bühnen, die sich vom 14. bis 16. August in der ganzen Stadt verteilen.

Integriert in das Stadtfest ist der "Tag der Kulturen": Auf der "Tour der Hoffnung-Bühne" (TdH) auf dem Kirchplatz präsentieren verschiedene Migrantenvereine Spezialitäten und kulturelle Beiträge aus ihren Ländern. Wer Überraschungen liebt, sollte sich zur Kleinkunstbühne im Neuenweg begeben, auf der es musikalische Überraschungen für alle gibt. Am Abend eröffnet dann der OB Heinz-Peter Haumann offiziell das Fest.

Am Samstag wird's knifflig beim "Märchenquiz" des Walk Act-Theaters "Kleine Bühne" durch den Neuenweg. Währenddessen paddelt man auf der Lahn beim 6. Gießener Drachenboot-Cup des RC "Hassia".

Am Sonntag startet um 14.30 der Stadtlauf "Run'N Roll For Help", der Benefizlauf im Rahmen des 50-jährigen Jubiläums der Lebenshilfe Gießen e.V. Auf der TdH Bühne denkt sich derweil so mancher Erwachsener "Kinder! Kinder!" bei den Attraktionen des "Circus Ikarus", dem Mitmachzirkus für Kinder. Währenddessen baut sich im Neuenweg die "Süße Meile" auf, wo es Kuchen und Süßspeisen am laufenden Meter gibt.

Aber nicht nur die Aktionen, sondern auch das musikalische Programm kann sich sehen lassen ...

Freitag geht's los mit den amtierenden Gewinnern des "Rock auf der Hahn": "Romeo's Bleeding". Die Band aus Gießen fand sich 2005 zusammen, um sich mit selbstgeschriebenen Songs vom Studentenalltag abzulenken. Mittlerweile haben sie ein komplettes Album mit eingängigen Rocksongs zusammen, die sich hören lassen können.

Elektronisch wird es am Sa bei "Mikroboy". Die sind ja angetreten, um mehr Leidenschaft, Ehrlichkeit und Emotionalität in die deutsche Pop-Landschaft zu bringen, was ihnen zweifelsohne gelingt mit sperrigen, jedoch eingängigen, tanz- und träumbaren Melodien, was sie unter den vielen deutschen Bands zu einem echten Hoffnungsträger macht.

Ein weites Feld von Pop bis Soul decken "Groove Control" ab. Ihre Mottoshows erstrecken sich über verschiedenen Musiksparten und –jahrzehnte. Am Sa stehen die größten Soulklassiker auf der Liste und auf der Kleinkunstbühne.

Alte Straßen, neue Wege" beschreiten "Rokoko" mit ihrer popelelektronifizierten Klangmalerei. Eine Mischung aus kantigem Minimalismus und Pop-Pompösem. Das alles passend eingebettet in subtile Texte aus dem Universum der fünf Wiesbadener.

Top-Act am Samstag sind "Sweety Glitter & The Sweethearts". Mit ihren ausgeflippten 70ies Outfits rocken sie die beste Glam-Rock Show Europas. Eine bombastische Zeitreise, als man sich auf den Plateauschuhen noch die Beine brechen konnte. Dies passiert der Glamrock-Combo nach 20 Jahren im Musikbuiss natürlich nicht.

Das Stadtfest in Gießen – Entertainment trotz Baustelle!

Stefan Schweidler


Express Online: Thema der Woche | 6. August 2009

Ehrendoktor für den Dalai Lama

Der Dalai Lama ist zum Abschluss seines Deutschland-Besuches zum Ehrendoktor der Marburger Uni ernannt worden

Einen Doktorhut setzt er sich nicht auf sein kahles Haupt. Die noble Urkunde in der blauen Mappe muss reichen. Dafür legt er Universitätspräsident Volker Nienhaus, Dekanin Sonja Fielitz, Oberbürgermeister Egon Vaupel und den Laudatoren nach der Zeremonie noch weiße Glücksschleier um den Hals. Der Dalai Lama ist zum Abschluss seines Deutschland-Besuches am Montag zum Ehrendoktor der Marburger Philipps-Universität ernannt worden.

Anstelle der Massenveranstaltungen mit Zehntausenden von Besuchern in Frankfurt hat ihn ein ausgewählter Kreis von 320 Professoren und Honoratioren im Marburger Schloss erwartet. Einfache Bürger stehen mit Tibetfähnchen am Schlossvorhof, um zumindest noch einen Blick auf den vorbeifahrenden Dalai Lama erhaschen zu können. Andere verfolgen die Ehrung auf großen Leinwänden im Audimax. Bei seiner Ankunft nimmt der 74-Jährige Universitätspräsident Nienhaus bei der Hand, lächelt freundlich für die Fotografen und erkundigt sich nach dem Alter der Burg.

Von so einer ehrwürdigen Universität mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet zu werden, berühre ihn tief, sagt seine Heiligkeit. Dabei hat er schon 43 Urkunden dieser Art – meist aus den USA. In Deutschland ist aber nur die Universität Münster den Marburgern mit einem Ehrendoktor zuvor gekommen. Ein bereits für 2007 geplanter Besuch in Marburg wurde von der hessischen Staatskanzlei abgesagt, weil sie eine Kollision mit Großveranstaltungen des Elisabethjahres befürchtete.

Doch das kümmert an diesem Ehrentag niemanden. Der Tempelraum – schon vor zwei Jahren zu seinen Ehren eingerichtet – ist inzwischen längst geweiht. Seine Heiligkeit segnet nun eine Statue der für das allumfassende Mitgefühl stehenden Gottheit Shadakshari-Avalokiteshvara. Seine Stirn berührt die bronzene Figur, die mit heiligen Schriftrollen und Kleiderresten eines berühmten religiösen Lehrers gefüllt ist. "Symbolisch ist die Statue damit das wertvollste Exponat der Sammlung", sagt die Leiterin der Religionskundlichen Sammlung, Katja Triplett. Sie wird in Zukunft auf dem Altar des Tempelraums stehen.

Die Hochschule zeichnet den Dalai Lama für seine Rolle als Brückenbauer zwischen westlicher Wissenschaft und tibetischem Buddhismus aus – am selben Ort, an dem Luther und Zwingli einst ihr berühmtes Religionsgespräch führten, wie Uni-Präsident Nienhaus betont: "Das ist nicht nur eine Ehrung für Sie, sondern eine noch größere Ehre für unsere Universität", sagt er.

Die Philipps-Universität gehört zu den wenigen Hochschulen, an denen die tibetische Sprache und Kultur gelehrt werden. Bereits seit mehr als 75 Jahren ist die Tibetologie in Marburg heimisch. Das Institut arbeitet mit der vom Dalai Lama gegründeten tibetischen Universität im ostindischen Sarnath zusammen. Bereits seit 40 Jahren ist der inzwischen emeritierte Marburger Honorarprofessor Eckhard Bangert mit dem Dalai Lama befreundet. Bangert hat viele Jahre in Indien gelebt, wo er als Mönch ordiniert wurde. In Marburg lehrte er in der dunkelbraunen Mönchs-Robe.

Der Dalai Lama betont in seiner Rede die "Brüder und Schwestern" in Marburg, dass er sich bemüht habe, eine moderne Erziehung für die Exil-Tibeter aufzubauen. Angesprochen auf die großen Konflikte der Welt, plädiert er dafür, die moralischen Werte ins Zentrum zu rücken. Wer Frieden und Glück in der Welt schaffen wolle, müsse zunächst einen inneren Frieden in sich selbst finden. Und die Wirtschaftskrise sei dann besonders schlimm, wenn die Menschen nur Geld im Kopf hätten. Praktizierten sie Mitgefühl, werde die Krise nicht so gravierend werden.

Gesa Coordes

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