Express Online: Thema der Woche | 17. Dezember 2009

Generationswechsel

Generationenwechsel
an der JLU
Zwölf Jahre hatte Prof. Stefan Hormuth das Amt des JLU-Präsidenten inne. Hormuth ist seit Januar 2008 zudem Präsident des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD). Er studierte an der Universität Heidelberg und der University of Texas in Austin/USA Psychologie. 1987 habilitierte er sich an der Universität Heidelberg, wo er im selben Jahr zum Professor für Ökologische und Sozialpsychologie ernannt wurde. Von 1990 bis 1993 hatte Prof. Hormuth die Professur für Sozialpsychologie an der JLU inne und war 1992/1993 Dekan des damaligen Fachbereichs Psychologie. Von 1993 bis 1997 war er als Professor für Sozialpsychologie am Institut für Arbeits-, Organisations- und Sozialpsychologie der Technischen Universität Dresden, bevor er zum Präsidenten der JLU gewählt wurde.
Sein Amtsnachfolger Prof.Joybrato Mukherjee wurde im Sommersemester 2003 auf die Professur für Englische Sprachwissenschaft an der Justus-Liebig-Universität berufen. Von 2004 bis 2008 war er Prodekan des Fachbereiches 05 (Sprache, Literatur, Kultur), von 2005 bis 2008 auch gewähltes Mitglied des Senats und Sprecher der Professorenliste "Neue Universität". Nach dem Studium der Anglistik, Biologie und Erziehungswissenschaft an der RWTH Aachen war er unter anderem an der Universität Bonn als wissenschaftlicher Assistent tätig und wurde dort im Jahre 2000 promoviert. 2003 habilitierte er in Bonn und bekam die Venia Legendi für das Fach Englische Philologie verliehen. Anfang 2008 wurde er zum Uni-Vizepräsidenten gewählt, im Juli 2009 dann zum Präsidenten der JLU.
pe/kro
Gießen hat seit Mittwoch mit dem 36-jährigen Sprachwissenschaftler Joybrato Mukherjee den jüngsten Unipräsidenten Deutschlands

Instituts- und Hörsaalbesetzungen, Studentendemonstrationen, Ausnahmezustand an der Uni: Im Zuge des bundesweiten Bildungsstreiks brauchte sich Gießens neuer Unipräsident Joybrato Mukherjee schon vor seiner Amtsübernahme nicht über mangelnde Arbeit beklagen. In abendfüllenden Verhandlungsrunden hat Mukherjee in seinem bisherigen Amt als Uni-Vizepräsident zusammen mit weiteren Hochschul-Vertretern mit den protestierenden Studenten einen konkreten Fahrplan abgesprochen, wie die Bologna-Reform an der Hochschule weiterentwickelt – und Fehler behoben werden.

So ein Dialog wäre an allen Unis in Deutschland wünschenswert. Da wundert auch der Spitzname nicht, den der neue, gerade mal 36-jährige neue Unichef längst verpasst bekommen hat. "Unser Obama" wird Mukherjee gern genannt. Das Lob, das er selbst für "überhöht" hält, hat sich der Sohn einer indischen Einwandererfamilie freilich weniger durch seine Hautfarbe als durch seine offene und unkomplizierte Art im Umgang mit seinen Mitarbeitern verdient. Und durch die Fachkompetenz, mit der der eloquente Anglist seinen länger erkrankten Amtsvorgänger Stefan Hormuth vertrat.

Bei der Bewerbung und den Chefposten an der Uni hat Mukherjee zudem das mit Abstand detailreichste Konzept für die Hochschulentwicklung bis 2020 vorgestellt. Schließlich hat die 74.000-Einwohner-Stadt Gießen aus seiner Sicht ein enormes Profilierungspotential: "Wir sind die Stadt mit der höchsten Studentendichte in ganz Deutschland. Hier gibt es eine Universität, eine Fachhochschule und das weltweit einmalige Mathematikum. Objektiv lässt es sich hier sehr gut studieren. Das müssen wir in Zusammenarbeit mit der Stadt noch mehr bewerben."

Wie sehr er Gießen schätzt, hat der ausgebildete Gymnasiallehrer, der über seine Begeisterung für englische Literatur zum Anglistik-Studium kam und bereits mit 29 Jahren habilitierte, mehrfach gezeigt: Er lehnte mehrere Rufe anderer Universitäten ab, etwa nach Zürich und Salzburg. Sicher, er habe sich intensiv mit den Angeboten auseinandergesetzt, sagt Mukherjee. "Aber für die Uni Gießen hat immer gesprochen, dass hier vieles möglich ist, was an anderen Hochschulen nicht geht." Was die Uni im Sommer prompt mit der Wahl von Mukherjee zum jüngsten Unipräsidenten Deutschlands bewiesen hat.

Georg Kronenberg


Express Online: Thema der Woche | 17. Dezember 2009

Gebändigte Wuchten

Ralph Fleck
Geboren 1951 in Freiburg, studierte an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe, war 1984/85 Stipendiat der Villa Massimo in Rom und ist seit 2003 Professor für Malerei an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg. Ralph Fleck lebt und arbeitet in Freiburg und Kirchzarten.
Georg Hüter
Geboren 1948 in Seligenstadt, studierte Bildhauerei an der Städelschule in Frankfurt/Main, 1989 bis 1999 war er Leiter der Meister-Schule für Steinbildhauer und Steinmetzen in Aschaffenburg. Georg Hüter lebt und arbeitet in Hülsbach/Schmerlenbach im Odenwald.
Ralph Fleck, Malerei
Georg Hüter, Skulptur
bis 7.1.2010, Dienstag bis Sonntag 11.00–17.00 Uhr, Mittwoch 11.00–20.00 Uhr, Marburger Kunstverein, Gerhard-Jahn-Platz 5
MiA
Der Kunstverein zeigt Werke von Georg Hüter und Ralph Fleck

Basalt. Wenn die Erde bricht, kommt er glutflüssig zur Welt. Der Stoff aus dem Abteien bestehen und Gleisschotter. Der Stoff, aus dem Georg Hüter seine Skulpturen schafft. Eine davon ist bereits seit geraumer Zeit vor der Kunsthalle installiert. Mehr sind aktuell ausgestellt.

Zwei kantige Säulen bilden ein tonnenschweres T im Foyer.In fragile wirkender Balance gibt das Arrangement den Eintritt frei. Auf prismatische Klötze und Abschnitte, Gruppen und Gefallenes. Ruinöse Zeitlosigkeit. Gedanken an äonenalt Kultisches drängen hervor, gebunden an die Faszination, wie sie von Zeugnissen archaischer Monolithkulturen herrührt, Stonehenge, Bretagne, Osterinsel. Doch die Basaltstelen Georg Hüters wollen mehr als solcherart assoziative Zusammenhänge herstellen.

Mit chirurgischer Präzision gesetzte Sägeschnitte öffnen die ursprüngliche geometrische Erscheinung des Säulenbasalts, legen Inneres frei, kontastieren in der Perfektion ihrer glattlackschwarzen Winkelflächen die angewittereten Oberflächen der mannshohen Menhire. Dem flechtenbesetzten, organisch anmutenden grüngrauen Gepräge des Gewordenen stehen eine licht- und ereignisschluckende Flächen von Gemachtem entgegen. Die künstlerische Bearbeitung verleiht dem halben Dutzend titelloser Objekteeine Ahnung von Verborgenem, macht sie zu tonnenschwere Chiffren einer nicht nachvollziehbaren Funktionalität.

Bändigt Georg Hüter in seinen Skulpturen die geronnene Urgewalt des Materials durch den berechneten Eingriff, so geht geht die Malerei von Ralph Fleck einen entgegensetzten Weg. Seine ruhenden Sujets, die Fassaden, Feldstücke, Detailaufnahmen vibrieren in der Art, wie der Maler seine pastosen Farblandschaften schichtet. Im vielzentimeterdicken Farbauftrag der großformatigen Ölgemälde sucht er nach Strukturen, bildet einen Mikrokosmos nach, der den Betrachter in Bewegung zu halten vermag. Hüters Arbeitsweise fordert den Blick aus nächster Nähe. Im Wechsel der Ansicht, in der Annäherung wie im Zurücktreten offenbart sich das Bild auf dem Bild, das gelenkte Zufallsspiel von eruptiven Farbenclustern und sicher gesetzten Pinselspuren. Manches ragt bis in die impressionistische Auflösung hinein, Manches schuldet Hüters Malerei der Fotografie, der kühlen Geometrie der Perspektive, der Technik von Ausschnittsvergrößerung und Momentaufnahme. Hinter der Folie freilich, die nie zum photorealistischen Korsett gerät, brodelt es gewaltig ...

Obwohl beide Künstler gänzlich unterschiedliche Lesarten der Manipulation und darüber hinaus Beherrschung von elementarer Form präsentieren, ergänzen sich die Gemälde von Ralph Fleck und Georg Hüters Skulpturen in äußerst anregender Weise.

Eine gelungene Doppelschau, mit der der Marburger Kunstverein sein Ausstellungsjahr 2009 beendet.

Michael Arlt

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