Express Online: Thema der Woche | 24. Dezember 2009

Heiße Weihnachten

Father Christmas kommt ins "Malaika-Heim" nach Kenia – mit Geschenken aus Mittelhessen

Dezember 2008 – es ist unerträglich heiß in der äquatorialen Mittagssonne Kenias. Das Thermometer zeigt über 30 Grad. Für mich, einen "Mzungu", also einen Weißen, können da nur schwer die typischen Weihnachtsgefühle aufkommen. Schnee? Kälte? Unvorstellbar in diesen Tagen. Ein wenig sehne ich mich nach etwas niedrigeren Temperaturen.

Wir haben eine Teambesprechung anberaumt. Wir – das sind meine kenianischen Freunde der "Salama Malaika Self Help Group", eine gemeinnützig anerkannte Selbsthilfegruppe, die ich vor einigen Jahren mit ins Leben gerufen habe. Ich unterstütze mit dem "Malaika e.V." von Marburg aus das kenianische Team. Rührend kümmern sich die drei Mitarbeiter der Gruppe seit anderthalb Jahren um mehr als ein Dutzend Waisenkinder. Alle diese Kinder – von 2 bis 15 Jahren – haben ihre Eltern an AIDS verloren. Das Kinderheim gibt ihnen eine Chance auf ein neues Leben. Es bewahrt sie von den Gefahren der Straße wie Drogen, Kriminalität und Prostitution. Das junge Projekt entwickelt sich spürbar voran. Ich bin bei jedem Besuch tief berührt von den Fortschritten und der Einsatzbereitschaft meiner Partner.

Thema der heutigen Sitzung: Weihnachten. "Wie wollen wir unser erstes gemeinsames Weihnachtsfest verbringen?", fragt Sadiq, der 55-jährige "Daddy" des Hauses. Die Kinder, die aus den ärmsten Verhältnissen stammen, haben noch nie ein solches Fest sorglos feiern können. Wir sind uns einig: am 25.12. werden wir morgens wie so viele andere Kenianer in die Kirche gehen. Und sonst? "Wir können ein paar Geschenke verteilen", sage ich, "denn im Gepäck habe ich einige Präsente, die mir von lieben Spendern aus Marburg mitgegeben wurden." Das freut alle in der Runde.

Wir möchten den Kindern also ein ganz besonderes Weihnachtsfest bieten – auch mit dem Weihnachtsmann. Denn Father Christmas ist in Nakuru, der Stadt, in der sich das Malaika-Kinderheim befindet, kein Unbekannter. Es sieht schon bizarr aus, den vollbärtigen und dick eingekleideten Weihnachtsmann auf der Haupteinkaufsstraße zu sehen. Father Christmas soll also unser Fest bereichern, entscheiden wir. Ich besorge einen roten Mantel mit weißem Fellkragen, und Sadiq bastelt einen weißen Bart aus Watte. Der Weihnachtsmann soll bereits am 24. Dezember abends auftreten, wenn es schon ganz dunkel ist. "Doch wer spielt Father Christmas?" Die Wahl fällt auf Kago, den liebevollen 37-jährigen "Uncle" des Projekts. Ob die Kinder ihn erkennen werden?

Wir kaufen einen kleinen Tannenbaum mit bunten Flackerlämpchen und Silberketten und verpacken die Geschenke. Dann putzen und sperren wir das Wohnzimmer. Die Kinder ahnen nicht, was auf sie zukommt. Aber sie spüren die Spannung, denn wir Erwachsenen verhalten uns so merkwürdig.Die Kleinen ziehen nach einer gründlichen Dusche ihre besten, von einem Supermarkt gestifteten Ballkleider und Hosen an und üben im ersten Stock unentwegt "Jinglebells". Plötzlich Aufregung. Verwirrung. Schreien und Rufen: "Der Weihnachtsmann ist da!" Die Kinder poltern die Treppe herunter. "Father Christmas? Hier bei uns?" Und da steht er, im roten Anzug mit Kapuze: der Malaika-Weihnachtsmann! Die Kleinen zucken zurück. Kago spricht mit einem tiefen Bass: "Hey, children! Happy Christmas!" – zunächst erstarren die Kinder in Ehrfurcht, doch diese weicht schnell freudiger Erregung. Sie sagen zunächst Gedichte auf. Dann beginnt der kleine Chor auf Kisuaheli ein Lied vom kleinen Jesuskind zu singen, das ja in ärmste Verhältnissen hineingeboren wurde – genau wie sie.

Zwei Säcke hat der Weihnachtsmann bei sich. "Ob ich auch ein buntes Päckchen bekomme?", fragt sich wohl jedes Kind. "Nicht so hastig, meine Dame! Immer Geduld!", raunt Kago. Lavine zieht sich verlegen zurück. Sie hat die Rute in Father Christmas' Faust gesehen. Aber da lacht der schon wieder und streichelt ihr freundlich über den Kopf.

Zum Abschluss habe ich noch ein ganz großes Geschenk für euch!" Erwartungsvolles Schweigen. "Hier ist ein Brief: Liebe Malaika-Familie. Morgen lade ich euch alle zu einer Safari in den nahegelegenen Nationalpark ein. Dort könnt ihr Löwen und Giraffen, Zebras und Nashörner, Affen und Elefanten sehen! Viel Spaß wünscht euch – ein geheimnisvoller Freund."

Ungläubiges Staunen. Ein Kind ruft: "Das ist bestimmt von Jesus!"

Am 23.1. wird Projekt-Initiator Geert Schroeder um 14 Uhr im Zuge des "4. Marburger Lichtbildfestivals" in der Stadthalle Marburg den Vortrag "Abenteuer Afrika" präsentieren, der über eine 10.000 km lange Fahrrad-Hilfsprojekt-Tour berichtet, die der Marburger in diesem Sommer von Kapstadt (Südafrika) zum Projektort nach Kenia durchführte. Die Reiseroute verlief durch sieben wunderschöne – aber ebenfalls von AIDS betroffene – Länder Afrikas. www.malaika-projekt.de, Spendenkonto: Konto: 6002 984 100, BLZ: 430 60 967, GLS Gemeinschaftsbank

Geert Schroeder

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