chronologisch festhält, wer wann welches Grundstück gekauft hat und wann es an wen weiterver- kauft wurde. Die Blockchain soll das Potenzial ha- ben, eine vollkommen neue Basis für alle wirtschaftlichen Infrastrukturen zu schaffen. Welche Einsatzmöglich- keiten gibt es? Bei Bitcoin verwaltet die Block- chain Geld-Transaktionen. Nach dem gleichen Prinzip kann auch die dezentrale Versorgung von Energie geregelt werden. Ein Stan- dardbeispiel ist ein Solarenergie- Netzwerk: Hausbesitzer produzie- ren auf ihren Dächern Strom, der in ein Netzwerk eingespeist und von anderen Nutzern verbraucht wird. Diese Transaktion lässt sich prima in einer Blockchain ablegen und verrechnen. Die Blockchain ist im Grunde die ideale Technologie für eine Peer- to-Peer-Ökonomie. Das ist eine Al- ternative zum Konzernkapitalis- mus, in der Menschen gleichbe- rechtigt untereinander Waren tauschen, Verträge schließen, Energie produzieren - und die oh- ne zentrale Institutionen aus- kommt, ohne Unternehmen, Ban- ken oder staatliche Institutionen, wie etwa dem Grundbuchamt. Umgekehrt sind auch Firmen und Institutionen an Blockchain inter- essiert und haben zahlreiche Tests gestartet, ob die Technologie für ihre Arbeit Vorteile bringt. So ha- ben etwa Banken untersucht, ob sich Arbeitsabläufe, Transaktionen durch Blockchain effizienter und besser gestalten lassen. Da gab es in den letzten Jahren einen Hype? Bis vor drei, vier Jahren gab es große Hoffnungen, dass Block- chain viele Arbeitsabläufe günsti- ger, transparenter und sicherer machen kann, als die klassische Informationstechnologie mit ih- ren zentralisierten Datenbanken. Da steckte auch ein politischer Wunsch dahinter: Lässt sich auf Grundlage von Blockchain etwa ein soziales Netzwerk bilden, bei dem nicht ein Unternehmen wie Facebook die Kontrolle über alles hat? Oder ein Carsharing-Ange- bot, das nicht mit einem großen Autohersteller verknüpft ist? Diese Hoffnungen haben sich bis- her nicht erfüllt. Warum? Weil die Technologie sehr schwer- fällig, energieaufwändig und schwer zu implementieren ist. Der Blockchain erging es wie fast allen Informationstechnologien: Sie hat zu Beginn ganz viel versprochen. Dann sind Kinderkrankheiten auf- getreten und viele haben sich von der Technologie abgewandt. Schweizer Banken haben stark mit Blockchain experimentiert, haben gehofft, dass sich durch die Technologie das extrem kompli- zierte internationale Zahlungssy- stem vereinfachen lässt. Diese Versuche sind bis jetzt noch nicht sehr erfolgreich gewesen. Unter anderem, weil durch die starke Verschlüsselung, die eingesetzt wird, extrem hohe Rechenleistung benötigt wird, was extrem viel Energie kostet. Das sieht man exemplarisch bei Bitcoin: In der Anfangszeit der Kryptowährung konnte man tat- sächlich mit einem Programm auf dem privaten Rechner digitales Geld „erschürfen“. Das ist aber längst Geschichte. Warum geht das nicht mehr? Das Bitcoin-Netzwerk ist so groß geworden, dass es für diese Be- rechnungen ganze Serverparks braucht. Es kostet heute mehrere Tausend Dollar, einen Bitcoin zu schürfen. Aber nur, wenn das in gigantischem Stil gemacht wird. Ein Großteil des Bitcoin-Minings geschieht heute deshalb in Re- chenzentren in China, in der Nähe von Braunkohle-Kraftwerken, die die dafür benötigten riesigen Mengen Energie günstig produ- zieren. In Deutschland zu hiesigen Privatstrompreisen kann man da- mit nur Verlust machen. Und da sind wir bei den Proble- men dieser Technologie: Eine der größten Achillesfersen ist die gigantische CO2-Belastung, die durch dieses System entsteht. Der Stromverbrauch durch das Bitcoin-System entspricht heute etwa dem von Argentinien. Das wäre ja noch erträglich, wenn es überwiegend Ökostrom ver- braucht würde. Aber, wie gesagt, das ist ganz gewiss nicht der Fall. Bitcoins werde heute vorzugswei- se an Orten geschürft, wo man billig an Hardware und billig an Strom kommt. Und das ist in Chi- na, in Indien oder auch in Süd- amerika, wo günstig Braunkohle- Strom produziert wird. Der ökologische Fußabdruck von Bitcoin ist groß, weil das System die falschen Anreize setzt. Bei de- nen es nur darum geht, möglichst schnell an möglichst viel billige Energie für das Mining zu kom- men. Der Bitcoin-Hype ist dennoch unge- brochen. Seit Weihnachten hat sich der Wert eines Bitcoin mehr als ver- doppelt. Wie sicher ist eine Investi- tion in die Kryptowährung? Verlosung Wir verlosen auf der Express-Facebook-Seite drei Exemplare von Thomas Ramges in Reclams Universal-Bibliothek erschienenem Buch „Augmented Intelligence. Wie wir mit Daten und KI besser entscheiden“. Inhalt: Wo helfen uns Daten, die Welt besser zu verstehen und bessere Entscheidungen zu treffen? Und in welchen Situationen hel- fen sie uns nicht oder behindern uns sogar? Algorithmen können immense Datenmen- gen bewältigen, und sie können selbst ler- nen. Doch das führt nicht zwangsläufig zu besseren Entscheidun- gen. Denn die Maschinen erkennen zwar Muster, der Mensch aber versteht den Grund. Ein optimiertes Urteilsvermögen entsteht also dann, wenn sich menschliche Erfahrung und das Verständnis für Kausalitäten mit Künstlicher Intelligenz verbinden lassen, wenn unsere Intelligenz durch die der Maschinen ausgeweitet wird – und genau das bedeutet „Augmented Intelligence“. Zu Beginn war ein Bitcoin lange gerade mal zehn Cent Wert. Es gibt viele technologieaffige Men- schen, die reich geworden sind, weil sie zur richtigen Zeit in Bit- coin investiert haben, oder selbst geschürft. Heute weiß ich in der Rückschau, dass sich eine Investi- tion vor zehn Jahren gelohnt hät- te. Dadurch kommt die Phantasie unendlicher Möglichkeiten der Geldvermehrung. Das heißt, hin- ter dem aktuellen Bitcoin-Hype steckt auch die Psychologie der Gier: Wie kann ich ganz schnell reich werden, ohne dafür etwas zu müssen? Gier ist aber nie ein gu- ter Treiber für eine nachhaltige Ökonomie. Das zweite große Problem des Bit- coin ist die Frage, ob es eine Wäh- rung für Geldwäsche und ein Tum- melplatz für Halbweltgestalten ist. Die Auftragsmorde im Darknet werden auch gerne mit Bitcoin be- zahlt, was schlicht damit zusam- menhängt, dass Bitcoin wie Bar- geld eine weitgehend anonyme Zahlungsmöglichkeit ist. Wie sicher ist eine Investition? Das ist vergleichbar mit einer Speku- lation an der Börse. Der Wert des Bitcoin beruht auf nichts ande- rem, als auf dem Vertrauen, dass ein Bitcoin so viel wert ist, wie be- hauptet. Das ist das Vertrauen in ein System, das nur von einer Ver- schlüsselung abgesichert ist und von Angebot und Nachfrage lebt. Es gibt keine Zentralbank, keinen Staat, der in irgendeiner Weise garantiert, dass der Wert dieser Währung erhalten bleibt. Das kann natürlich schiefgehen. Aber auch Staatwährungen können scheitern. Wie viel Geld hat der Technologieex- perte Ramge in Bitcoin angelegt? Keines. Ich hatte immer das Ge- fühl, ich bin zu spät dran. Schon als ein Bitcoin 200 Dollar wert war. Auch ich war zu doof. Interview: Georg Kronenberg „Bei Bitcoin verwaltet die Blockchain Geld-Transaktionen. Nach dem gleichen Prinzip kann auch die dezentrale Versorgung von Energie geregelt werden.“ Foto: Michael Wuensch/Pixabay 11