Express Online: Editorial | 10. Januar 2008

Aufgekocht

Die Umfrageergebnisse für seine Partei sind mies. Seine Wiederwahl Ende Januar ist gefährdet. Aber wenn es eng wird, dann läuft der Wahlkämpfer Roland Koch zu Hochtouren auf – und wenn's um die Macht geht, ist er mit seinen Mitteln bekanntlich nicht wählerisch. Das hat Koch 1998 vorexerziert, als er mit seiner Kampagne gegen die doppelte Staatsangehörigkeit polarisierte – und den Wahlsieg in Hessen errang, obwohl der damalige Ministerpräsident Hans Eichel lange als sicherer Sieger galt.

Und weil das damals so prima funktionierte, hat der CDU-Spitzenkandidat schon im Dezember versucht, mit einem ähnlich Stammtisch-konformen Thema an den 1998er-Erfolg anzuknüpfen: An Hessens Schulen wollte er muslimischen Schülerinnen das Tragen von Burkas verbieten – damit sie gleichberechtigt am Unterricht teilnehmen können.

Dumm nur, das es in ganz Hessen bis dato nirgendwo eine junge muslimischen Schülerin mit Ganzkörperschleier gab – und Kochs Burka-Blase platzte, als Phantom-Debatte entlarvt. Mit seiner wenig originellen Forderung, knallhart gegen kriminelle Ausländer vorzugehen, glaubt Hessens Ministerpräsident, gerade noch rechtzeitig den Weg zur Wiederwahl gefunden zu haben. Doch die Chancen stehen nicht schlecht, dass Kochs "brutalstmöglicher Populismus" (Außenminister Steinmeier im Landtagswahlkampf, siehe Thema der Woche) diesmal nicht verfängt: selbst eine Mehrheit der CDU-Anhänger lehnt Kochs Wahlkampf-Strategie laut einer Umfrage ab.

Georg Kronenberg

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