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Express Online: Thema der Woche
Express Online: Thema der Woche | 12. August 2010

Duell am Eichenstamm

Hirschkäfer gesucht
Nach dem Vorbild der großen Hirschkäferjagden in England, ruft der Hessen-Forst dazu auf, alle Hirschkäfer zu melden. Wer das Tier findet, wird gebeten, dies mit einem Foto zu dokumentieren, weil die weiblichen Tiere leicht mit anderen Käfern zu verwechseln sind.
Die Hirschkäfer sollten gleich wieder in einem nahe gelegenen Wald oder Park frei gelassen werden. Schließlich haben sie nur wenige Wochen Zeit, um einen Partner für die Fortpflanzung zu finden. Wer mag, kann sie aber mit Marmelade, Malzbier oder Zuckerwasser füttern.
Gefährdet sind die Hirschkäfer vor allem durch den Verlust geeigneter Lebensräume. Deshalb sollten auch Baumstümpfe und kränkelnde Bäume in Gärten stehen bleiben.
Kontakt: Christian Geske, Michael Jünemann, Tel. 0641-4991263, E-Mail: naturschutzdaten[at]
forst.hessen.de,
www.Hessen-Forst.de/FENA
gec
Hessen-Forst hat ein Hirschkäfer-Meldenetz in Hessen aufgebaut

Fliegende Hirschkäfer vergisst man nicht: Sie brummen so laut wie kleine Propeller. Sie schwirren fast aufrecht durch die Luft, damit ihr schweres Geweih sie nicht nach vorn plumpsen lässt. Und sie sind so selten, dass sie schon seit mehr als 70 Jahren auf der roten Liste der gefährdeten Arten stehen.

Trotzdem sind sie manchmal sogar mitten in der Stadt zu finden: Auf dem Balkon im siebten Stock eines Rüsselsheimer Hochhauses verfing sich ein Hirschkäfer im Katzennetz. Mit Foto landete der beeindruckende Fund bei den Experten von Hessen-Forst. Fußballinteressiert sind die Tiere wohl auch: In der Frankfurter Commerzbank-Arena wurde ein Hirschkäfer entdeckt. Und in einem Getränkemarkt landeten zwei Exemplare an der Decke. "Sie haben sich wohl verflogen", kommentiert Christian Geske, Leiter des Artenteams bei Hessen-Forst in Gießen.

Um die Schutz-Richtlinien der Europäischen Union zu erfüllen, hat Hessen-Forst ein Meldenetz für diesen größten einheimischen Käfer mit seinem glänzenden braunen Rücken aufgebaut. Seit 2005 melden Bürger aus ganz Hessen ihre Funde. Die erste Bilanz sieht relativ gut aus: "Die Art ist in Hessen vergleichsweise verbreitet", sagt Geske. Jedes Jahr werden etwa 200 Hirschkäfer gemeldet. Viele sind das trotzdem nicht. "Deswegen brauchen wir jeden einzelnen", betont der Biologe: "Nur da, wo wir wissen, dass es Hirschkäfer gibt, können ihn die Planer zum Beispiel beim Straßenbau berücksichtigen."

Vor allem in der Rhein-Main-Ebene – im Süden von Frankfurt – sind sie verbreitet. Große Vorkommen gibt es etwa in den Waldgebieten am Flughafen, wo für die Wartungshalle des Super-Airbus A-380 ganze Baumstümpfe mit Hirschkäfer-Larven umziehen mussten. Relativ selten ist das Tier in Nord- und Osthessen. Dort ist es dem Käfer nämlich zu kalt und zu nass. Es gibt jedoch Funde an den besonders sonnigen Hängen der Lahn, am Marburger Dammelsberg sowie in warmen Gärten mit alten Bäumen.

Um zu überleben, braucht der Hirschkäfer nämlich totes Holz. Am liebsten sind ihm Baumstümpfe von Eichen, die nicht nur in Wäldern, sondern auch in Parkanlagen und Gärten stehen können. An den Stümpfen legt das Weibchen in 25 Zentimeter Tiefe seine Eier ab. Die bis zu zwölf Zentimeter großen Larven – Delikatessen für Wildschweine – ernähren sich nämlich von morschem Holz, bis sie sich in einem faustgroßen Kokon verpuppen und zum Käfer werden. Für diese Entwicklung brauchen sie fünf bis acht Jahre. Dagegen leben sie nur wenige Wochen im Sommer über der Erde.

Das ist auch der Grund, warum Naturschützer auf Meldungen aus der Bevölkerung angewiesen sind. Inzwischen gibt es 200 sogenannte Hirschkäfermelder, die regelmäßig nach den Brummern schauen. Unter ihnen sind ein Waldkindergarten aus Südhessen, ein Adeliger sowie Rentner und Studierende.

Ein regelrechtes Hirschkäfer-Fly-Inn hat eine Familie aus Büdingen dokumentiert. Weil sie einen störenden Ast an einer alten Eiche im Garten abgesägt hatte, lockte der trübe Baumsaft liebestolle Hirschkäfer aus der ganzen Gegend. Solche "Saftleckstellen" sind nämlich klassische Plätze für das erste Rendezvous der Hirschkäfer. Doch zunächst duellieren sich die Männchen mit ihren Geweihen. Der Verlierer der Schaukämpfe wird vom Baum geschleudert. Der Gewinner darf sich mit einem der wartenden Weibchen paaren, was ganze drei Tage dauert.

Mit dem Meldenetz wollen wir erfahren, wie es dem Hirschkäfer geht", sagt Geske. Sollte ihre Zahl zurückgehen, könnten noch mehr "Hirschkäfer-Wiegen" gebaut werden, wie sie die Förster in manchen Eichenwäldern anlegen. Das ist ein Haufen aus Eichen-Spänen über einem alten Eichenstock, an dem sich die Larven satt fressen können.

Gesa Coordes

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