Stellungswechsel

Du: Wie ist das Wetter? Eine Frage, die falsch gestellt ist. Heißen muss es: Was ist das Wetter? Worauf ich: Das Wetter? Das Wetter ist ein Idiot. Ein Vollpfosten. Ein talentierter Depp, der mit seinen Gaben nicht vernünftig haushalten kann. Immer Vollgas geben, immer Kopf durch die Wand. Immer volle Pulle heiß. Immer irre windig. Immer noahhaft nass. Übergangslos megalithmauerfugenmäßig aneinandergeballert, bangbangbang. Ohne Sinn für Zwischentöne. Für Differenzierungen. Stufendynamische Progression. Sanftes Auf- und Abblenden. Mystischen Wandel. Nee, da passt kein Blatt Papier dazwischen. Stattdessen totale Verausgabung bis die Schwarte kracht, dann Pfeifen auf dem letzten Loch, aber Hauptsache immer volle Kanne extrem. Gestern noch Lichtschutzfaktor 80 und japsen im Ozon. Heute Alpaca-Pullover bei Windstärke zehn aufm Oberdeck. Und morgen im Gummizeug durchs Tal der Tränen kraulen, was mal Bürgersteig war ... Wie gesagt, völlig gaga.

Andererseits: Ist halt das Einzige, was wir haben. Müssen wir uns halt mit arrangieren, mit dem Wetter. Nicht wie mit einem unvermeidlichen grauen Haar oder einem überflüssigen Pickel. Eher wie mit einem etwas peinlichen Bekannten. Den erträgt man augenrollend. Den wünscht man weit weg. Den vermisst man aber schon, wenn er nicht dabei ist. Irgendwie. Du: Also letztlich doch alles paletti, ja? Ich: Doch, ja, schon.

Michael Arlt