Dienstag, 23. April 2024
Thema der Woche | 23. August 2012

Abgestürzt in Mittelhessen

Bundesweit einziges Flugzeugzeugwrackmuseum in Ebsdorf bei Marburg ist den Schicksalen von Piloten auf der Spur – Foto: Coordes

Als Unteroffizier Hans Lämmel am 2. März 1944 auf einen Acker zwischen Reiskirchen und Grünberg abstürzte, war er gerade einmal 22 Jahre alt. Acht Meter tief bohrte sich seine Messerschmitt Jagdmaschine in die Erde, nachdem sie von amerikanischen Jägern beim Angriff auf Frankfurt abgeschossen worden war. Der zusammengepresste Motorblock und das Spornrad stehen heute im Flugzeugwrackmuseum in Ebsdorf bei Marburg. ,,Das war unser erster großer Fall", sagt der Vorsitzende der Initiative Fliegerschicksale, Mirko Mank. Und es war auch die Keimzelle für das 2009 eröffnete Museum.

Zwei Tage lang hatten die Hobbyhistoriker unter Aufsicht von Polizei und Kampfmittelräumdienst gegraben. In keinem anderen Fall holten sie so viele und so gut erhaltene Fundstücke aus der Erde. Neben den zerschellten Flugzeugteilen und den sterblichen Überresten des Piloten bargen sie fast den gesamten Inhalt des Cockpits: Kompass, Fallschirm, Verbandszeug, Jacke, Pullover, Uniformteile, noch immer lesbare Fliegerkarten, ein völlig demoliertes Zigarettenetui aus Blech, einen Schlüsselbund und ein vergilbtes lila Taschentuch, das sie auf die Spur des Piloten führe. In einer Ecke eingenäht fand sich sein Name – Hans Lämmel. Damit konnten die Experten den Mann identifizieren, noch bevor sie die Nummer seiner fast unversehrten Erkennungsmarke zuordnen konnten. Heute liegt Lämmel auf dem Friedhof des Dorfes Harbach begraben. Verwandte des aus Chemnitz stammenden Hans Lämmel fanden sich leider nie.

Die Initiative Fliegerschicksale verbringt seit vielen Jahren jede freie Minute damit, nach abgestürzten Flugzeugen aus dem Zweiten Weltkrieg in Mittelhessen zu suchen. ,,Wir wollen Schicksale aufklären und die Geschichte der Nachwelt so erhalten, dass sie als mahnende Erinnerung erhalten bleibt", erklärt Mank.

Seit 1995 haben sie die Überreste von zwölf Flugzeugen und acht Piloten geborgen. ,,Da merkt man, was so ein Krieg bedeutet und wie wenig Glanz und Gloria dahinter steckt", sagt Mank. Unterschiede bei den Nationalitäten macht die Initiative bei ihrer Suche nicht.

Ihre Fundstücke präsentieren sie seit drei Jahren in einer ehemaligen KFZ-Werkstatt am Ortsausgang von Ebsdorf. Dort lässt sich auch die Entdeckung der Überreste von vier Australiern nachvollziehen, die sie im Schiffenberger Tal bei Gießen ausgruben. Identifizieren konnten sie die Piloten mit Hilfe einer Erkennungsmarke, die sie völlig verdreckt in der Erde fanden. Auf der Messingplakette stand der Name von Joslyn Henderson, damals gerade 20 Jahre alt. Monate später flogen zehn Verwandte der Piloten um die halbe Welt, um die Absturzstelle zu besuchen und ihrem Bruder, Onkel oder Verlobten auf dem britischen Militärfriedhof in Hannover die letzte Ehre zu geben.

Die Motorhaube einer Halifax erinnert Mirko Mank an den Besuch einesÜberlebenden: Der Australier Jim Cahir war mit dieser Maschine am 20. Dezember 1943 unweit von Beltershausen bei Marburg abgestürzt. Als 84-Jähriger hielt er mit Tränen in den Augen das Blech erneut in Händen. Mit seinem Besuch nahm er Abschied von dem Piloten, dem er sein Überleben verdankt und nach dem er seinen erstgeborenen Sohn benannte. Cahir hatte sich mit dem Fallschirm aus dem Flugzeug retten können, weil Pilot Patrick Edwards die Maschine lange genug in der Luft hielt. Edwards selbst bezahlte den Einsatz mit seinem Leben.

Die nächsten Öffnungstermine des Flugzeugwrackmuseums: Am 2. September von 13 bis 18 Uhr sowie am 16. September von 10 bis 18 Uhr. Führungen für Schulklassen sind nach Absprache (Tel. 06424-923193) möglich. Adresse: Hauptstr. 31 in Ebsdorf, www.flugzeugwrackmuseum.de

Gesa Coordes

 
Thema der Woche | 23. August 2012

Wenn der hungrige Drache kommt ...

Bilderbuchwelten mit Ute Krause in Gießen, Montag 27.8. in der Stadtbibliothek – Foto: Poslada

Wenn ein sehr hungriger Drache erwacht, dann ist guter Rat teuer, es sei denn, ein kleiner, cleverer Junge namens Oskar ist vor Ort, der dem Drachen mit den Kochrezepten seiner Mutter "bewaffnet" entgegentritt. Die lustige und vor allem spannende Geschichte ist nur eine von vielen, die die bekannte Illustratorin und Kinderbuchautorin Ute Krause verfasst hat. Am kommenden Montag ist sie im Rahmen der Gießener Bilderbuchtage zu Gast in Gießen.

Die 1960 geborene Berlinerin wuchs in der Türkei, Nigeria, Indien, den USA und Deutschland auf. Vieles, was sie in anderen Ländern erlebt und gesehen hat, fließt natürlich auch in ihre Geschichten ein: beispielsweise in die Erzählungen rund um Osman den Dschinn, der samt seiner Flasche, in der er wohnt, von einem kleinen Jungen in einem Wiener Hinterhofladen entdeckt wird. Das Erzählen von Geschichten, das Entwerfen von Bildern, das ist etwas, was Ute Krause schon seit ihrer Kindheit vorantreibt. Begonnen hat alles in Indien, wo sie mit ihrer Schwester in einem Internat war, als der Krieg zwischen Indien und Pakistan ausbrach. Nachts wachliegend, weil es jederzeit Fliegeralarm geben konnte, fing sie an, Geschichten für sich und ihre Schwester zu erfinden. "Es war wie ein Film, der vor meinem inneren Auge ablief", beschreibt Ute Krause diesen Kreativprozess, der für sie auch heute noch wichtig ist: "Beim Zeichnen hat das Visualisieren auch seine großen Vorzüge, denn oft sehe ich die Bilder vor meinem inneren Auge und male sie einfach nur ab."

Das Talent, aus Bildern Geschichten entstehen zu lassen, hat die Illustratorin und Autorin letztlich auf ihren beruflichen Weg gebracht, und so zeichnete sie auch während ihres Studiums der visuellen Kommunikation Bilderbücher für Kinder. Ihre erste Veröffentlichung entstand genau in dieser Zeit und war mitunter auch ein Glücksfall, denn während sie auf einen Termin bei ihrem Professor warten musste, stieß sie auf einen kleinen Buchladen. Spontan ging sie auf die Inhaberin zu und meinte: "Ich habe ein Buch illustriert; darf ich ihnen das mal zeigen?" Die Begeisterung hielt sich zunächst in Grenzen. "Ich glaube, die Frau hat gedacht 'nicht schon wieder so jemand'," erzählt Krause heute lachend. Angeschaut hat sich die Buchladeninhaberin das Ganze dann doch, war prompt begeistert und zeigte das Werk einer ihr bekannten Verlagsvertreterin.

Zahlreiche Werke der Autorin entstanden in der Folge übrigens zu Hause, so auch die Geschichte von Oskar und dem sehr hungrigen Drachen: "Als mein Sohn klein war und nicht einschlafen konnte, erfand ich für ihn immer Geschichten im Dunkeln. So nannten wir es, wenn alle gemütlich im Bett lagen, das Licht aus war und er mir eine Aufgabe stellte, aus der dann eine Geschichte entstehen sollte. 'Erzähl mir die Geschichte von einem Drachen, der Menschen frißt' , lautete z.B. ein Auftrag. Dieses Ritual fand viele Jahre lang jeden Abend statt. Vieles von jenen Abendimprovisationen ist aus meinem Gedächtnis verschwunden, doch so einiges schrieb ich damals auf, und aus einigen Geschichten im Dunkeln sind Bücher geworden."

Kinder mit Geschichten zu begeistern, sie in Phantasiewelten zu locken, aus denen man aber auch etwas für den Alltag mitnehmen kann, das liegt der Berlinerin bis heute am Herzen und treibt sie voran, sich selbst immer wieder neuen Herausforderungen zu stellen. So nimmt sie sich auch ganz zeitgenössischen Problemen wie der Patchworkfamilie an. Selbiges Thema hat sie vor zwei Jahren in Form des Bilderbuchs "Wann gehen die wieder" zu Papier gebracht.

Mit Bilderbüchern wächst man", das Motto der Gießener Bilderbuchtage trifft somit auch auf die Werke von Ute Krause zu. Kinder ans Lesen zu bringen, in einer Zeit, wo oft Computer und Fernsehen im Vordergrund stehen, ist natürlich nicht einfach, dessen ist sich die Autorin bewusst. Gerade deshalb ist ihr auch der direkte Kontakt zu ihren Lesern wichtig. Wenn sie in Schulen, auf Kreuzfahrtschiffen oder in Bibliotheken eine Lesung hält, Geschichten für Kinder erzählt, ist sie deshalb auch immer ganz persönlich für ihre "Fans" da.

Ritter, Drachen, Familienchaos – die humorvolle Bilderwelt der Ute Krause, Montag 27.8., ab 19 Uhr in der Gießener Stadtbibliothek, Berliner Platz 1, Eintritt frei

Jenny Berns

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