Zurückhaltende Moderne
Deutscher Sprachatlas: Neues Zentrum mit "idealen Forschungsmöglichkeiten" Repro: Gesa Coordes
Der geplante geisteswissenschaftliche Campus Firmanei am Fuß der Marburger Oberstadt nimmt Gestalt an: Universitätspräsidentin Katharina Krause und Oberbürgermeister Egon Vaupel stellten jetzt die Pläne für das zukünftige Gebäude für den Deutschen Sprachatlas vor, das an einem prominenten Platz am Pilgrimstein stehen soll. Im kommenden Jahr soll das neue Zentrum gebaut werden. Für 2015 ist der Umzug geplant. Die Kosten werden auf 9,6 Millionen Euro geschätzt.
Begeistert sind die zukünftigen Nutzer des langgestreckten Baus, die Sprach- und Dialektforscher, die in den vergangenen Jahren international beachtete Projekte angestoßen haben und bislang über vier Standorte der Universität verteilt sind. "In dem neuen Gebäude haben wir ideale Forschungsmöglichkeiten", sagt Joachim Herrgen, der stellvertretende Sprachatlas-Direktor.
Das neue Zentrum zeichnet sich durch "zurückhaltende Moderne" und Schnörkellosigkeit aus, so Uni-Präsidentin Katharina Krause. Nach Gesprächen mit dem Denkmalbeirat und Bürgern der Stadt wurde der ursprüngliche, preisgekrönte Entwurf noch einmal überarbeitet, berichtete Oberbürgermeister Vaupel: "Wir wollen die Bürger in einem breiten Diskussionsprozess mitnehmen."
Seitenansicht des geplanten Gebäudes Repro: Gesa Coordes
Herausgekommen ist nun ein dreigeschossiger Bau, der das dahinter liegende, wenig attraktive Parkhaus in Zukunft verdecken wird. An der rückwärtigen Seite erlauben große Glasfronten Einblicke ins offene Foyer. Über eine breite Treppe werden die oberen Geschosse mit Galerien, Büros, Seminar- und Laborräumen erschlossen. Bibliothek und Vortragsraum befinden sich im Erdgeschoss. Im Inneren des Gebäudes soll sich die Struktur der Altstadt widerspiegeln, die größtenteils kleinräumig ist, sich aber an mehreren Plätzen aufweitet. Eine Terrasse bietet die Möglichkeit, mit Blick in den Alten Botanischen Garten draußen zu sitzen. "Wir hoffen, dass wir mit diesem Gebäude die Marburger überzeugen können", so Baudezernent Franz Kahle.
Bezirksdenkmalpfleger Bernhard Buchstab ist jedenfalls zufrieden. Für ihn sei es vor allem wichtig, dass sich das neue Zentrum sensibel in den angrenzenden Alten Botanischen Garten mit dem Mühlgraben einpasse. Auch Holger Zimmer vom Gestaltungsbeirat beurteilt den zukünftigen Sprachatlas mit seinem "klaren Fassadenkonzept" positiv: "Wir fördern und unterstützen das Projekt die Details sollten natürlich stimmen", sagt er. Zunächst skeptisch war der Denkmalbeirat. Beiratsvorsitzende Margret Lemberg äußerte sich jedoch froh über die Weiterentwicklung des Gebäudes, das ihr anfangs zu monoton erschien.
Aktuell wird das Gelände, auf dem bis 2004 die später abgerissene Marburger Brauerei Bier braute, als Parkplatz mit 137 Plätzen genutzt. Nur noch ein Teil der Stellplätze sind ab Spätsommer zugänglich, wenn die archäologischen Grabungen beginnen. Die Denkmalpflege erhofft sich davon ähnliche Funde wie bei den Grabungen am nahe gelegenen Biegeneck, wo vollständige Keramikgefäße aus dem Mittelalter, Lederschuhe, Messer und Holzgefäße entdeckt wurden. Nach dem Neubau sollen noch 63 Parkplätze bleiben. Die Pläne sind ab sofort im Marburger Rathaus zu besichtigen.