Freitag, 26. April 2024
Thema der Woche | 17. Oktober 2013

Ein Schloss im Dornröschenschlaf

Kulturschätze Marburgs haben viel Potenzial

Marburg. Bislang schlummert das Wahrzeichen Marburgs noch allzu oft häufig im Dornröschenschlaf. Wer unbedarft nach Marburg fährt, findet das zur Philipps-Universität gehörende Landgrafenschloss oft nicht auf Anhieb. Nur jede zehnte Stadtführung führt auf den Schlossberg. Und die Frage, wo sich Besucher über Stadtgeschichte informieren könnten, ist auch nicht leicht zu beantworten.

Doch das Schloss hat großes touristisches Potenzial. Und die zahlreichen Museen und Sammlungen Marburgs bergen viele hochrangige Exponate: "Das ist ein unglaubliches Pfund, mit dem schlecht gewuchert wird", sagt Museumsberaterin Elke Hartkopf. Sie hat eine Potenzialstudie mit dem Titel "Schloss-Areal – Museumslandschaft – Stadtgeschichte" erarbeitet, die jetzt öffentlich vorgestellt wurde. Erstes Ergebnis: Marburg braucht ein Stadtmuseum. Und das Landgrafenschloss wäre der beste Ort für so eine Einrichtung. "Wir wollen Marburg nach innen und nach außen attraktiver machen", sagt Oberbürgermeister Egon Vaupel: "Dazu müssen wir unsere Potenziale auch präsentieren."

Die meisten Städte vergleichbarer Größe, oft sogar kleinere Kommunen, haben ein Stadtmuseum, berichtet Elke Hartkopf. Dabei hat Marburgs Stadtgeschichte sogar überregionale Bedeutung. Schließlich gelte die Lahnstadt als Wiege Hessens. Die Heilige Elisabeth, Luther, die Brüder Grimm, Landgraf Philipp und Emil von Behring strahlten weit über Marburg hinaus.

Die Museumsberaterin empfiehlt das Landgrafenschloss als Ort für das zukünftige Stadtmuseum. "Das Schloss ist die herausragende Attraktion Marburgs", sagt Hartkopf. Besucherführung, Service und Präsentation müssten jedoch dringend verbessert werden. In der Burg gibt es bereits das zur Universität gehörende Museum für Kulturgeschichte, das neben Wechselausstellungen und einer einzigartigen Sammlung mittelalterlicher Reiterschilde, viel Keramik, kirchliche Kunst, Wohn- und ländliche Kultur sowie Vor- und Frühgeschichte zu bieten hat.

Dort nur ein Stadtmuseum einzurichten, hält Museumsleiter Christoph Otterbeck allerdings für zu wenig: "Wir dürfen das Schloss nicht zu klein machen", sagt er. Es könne ein außerschulischer Lernort werden, in dem auch die Geschichte Hessens thematisiert wird. Uni-Vizepräsident Joachim Schachtner träumt von einem Historikum nach dem Vorbild des Marburger Chemikums. Und auf jeden Fall soll es mehr museumspädagogische Angebote geben, um Besucher anzulocken.

Allerdings haben die Projekte noch einige Hürden zu überwinden. Bislang ist das Universitätsmuseum personell völlig unterbesetzt. Und finanziell können weder die Stadt noch die Universität ein neues Museum stemmen. Deshalb setzen sie auf die Hilfe des Landes, das bislang – so Oberbürgermeister Vaupel – viel zu wenig kulturelle Mittel nach Marburg fließen lässt. Die Marburger Kulturdezernentin Kerstin Weinbach versicherte aber auch: "Wir bauen so ein Museum nicht auf, um es dann hängen zu lassen. Man kann so ein Museum nicht ohne entsprechendes Personal konzipieren."

Problematisch ist der Zugang zum Schloss, der für viele ältere Menschen zu steil ist. An der Burg gibt es kaum Parkplätze. Die Stadtbusse quälen sich nur einmal pro Stunde die engen Kehren hinauf und auch Touristenbusse kommen nur mit Mühe nach oben. Deshalb plädiert Oberbürgermeister Egon Vaupel für einen Schrägaufzug zum Schloss.

Stadt und Universität haben bereits mit Verbesserungen begonnen: Der Schlossbrunnen ist wieder zugänglich. Der Rundweg am Schloss wurde ausgebaut. Ein Behringpfad wird bald eingeweiht. Und ab Dezember werden der Waldecker Saal und der kleine Rittersaal wieder zu den Ausstellungsräumen des Landgrafenschlosses zählen. Für 2014 ist ein Themenjahr Museumsaufbruch geplant. Dazu wird es eine neue Publikation der Uni-Sammlungen geben, ein Studium Generale zum Thema und eine bessere Beschilderung auf dem Weg zum Schloss. Bis zum Lutherjahr 2017 soll das Konzept für die zukünftige Museumslandschaft Marburgs stehen. Und spätestens zum Universitätsjubiläum im Jahr 2027 soll das Museum fertig sein.

Gesa Coordes

Thema der Woche | 17. Oktober 2013

Mehrheitlich regelkonform

Gießener Studie: Wie 10- bis 18-Jährige die Welt sehen – Foto: Agentur für Arbeit

Kinder und Jugendliche heute sind smart, nett und intelligent. Sie akzeptieren Erwachsene und vertrauen ihnen stärker als jemals zuvor. Die junge Generation ist nicht auf Krawall gebürstet sondern bildungsorientiert. Gleichzeitig sind die Jugendlichen in Schule und Ausbildung hohen Anforderungen ausgesetzt und haben große Ansprüche an sich selbst. Dafür zahlen sie einen hohen Preis: Viele Jugendliche leiden an Kopfschmerzen und Nervosität und haben Angst vor dem persönlichen Scheitern. Dies sind die wichtigsten Ergebnisse der Studie "Jugend.Leben", die von Privatdozentin Sabine Maschke und Prof. Ludwig Stecher, beide vom Institut für Erziehungswissenschaft der Justus-Liebig-Universität (JLU), geleitet wurde.

Für die Panoramastudie "Jugend.Leben" wurden 6.000 Kinder und Jugendliche aus NRW im Alter von 10 bis 18 Jahren zu Familie, Schule, Clique, Träumen, Gesellschaft und Umwelt, Glaube, Medien und Jugendkultur befragt. Der Band "Appsolutely smart!" stellt die Ergebnisse dieser Studie vor und macht damit die Alltagswelt von Kindern und Jugendlichen, ihre Lebensbedingungen und ihre Zukunftsvorstellungen sichtbar.

"Appsolutely smart!" schließt an die Untersuchung "Null Zoff und voll busy" von 2001 an, an der Maschke und Stecher ebenfalls maßgeblich beteiligt waren.

Ergebnisse aus "Appsolutely smart! Jugend.Leben" – das ist den 10- bis 18-Jährigen wichtig:

Familie, Freunde und Vorbilder

Die Familie steht über allem. Hier finden die meisten Befragten Unterstützung, Trost und Rat. Der Begriff Familie wird dabei weit gefasst: Die Großeltern stellen eine wichtige Stütze dar, selbst Haustiere sind Familienmitglieder. Die Eltern, vor allem die Mutter, sind als Vorbild in den letzten Jahren noch wichtiger geworden.

Aber auch das Vertrauen in andere erwachsene Personen hat seit der Vorgängerstudie 2001 zugenommen. An der Spitze stehen Ärztinnen und Ärzte, Polizistinnen und Polizisten, Trainerinnen und Trainer in Sportvereinen sowie Lehrerinnen und Lehrer. Nach wie vor sindder beste Freund/die beste Freundin von großer Bedeutung – Freundschaften sind nicht beliebig.

Partnerschaft

Treue und Zuverlässigkeit stehen an erster Stelle, weit vor der Bedeutung von Sexualität. Beziehungen von Dauer sind die Hoffnung. Das heißt aber nicht, dass ein alter wertkonservativer Rahmen übernommen wird. Die Vorstellungen zur Partnerschaft tragen neue und eigene Züge. "Spaß haben" zum Beispiel ist in einer Beziehung sehr wichtig, aber auch Kritikfähigkeit ist gefragt. "Fremdgehen" kommt nicht in Frage.

Schule und Bildung

Die Schule ist der zentrale Ort für soziale Kontakte. Im Vergleich mit der Vorgängerstudie hat die Bedeutung der Schule als "soziale Arena" noch zugenommen.Das Klima innerhalb der Schule und Klasse ist nicht durchweg positiv. Schulische Gewalterfahrungen gehören zwar nicht zum Alltag der Mehrheit der Schülerinnen und Schüler – allerdings berichten jede achte Schülerin bzw. jeder achte Schüler davon, im vergangenen Jahr Opfer von Mobbing gewesen zu sein. Schule und Bildungsabschlüsse haben eine sehr hohe Bedeutung. Das lässt sich vor allem an dem angestrebten Schulabschluss der Kinder und Jugendlichen ablesen. Die Bedeutung möglichst hoher Schulabschlüsse hat in den letzten Jahren sogar noch zugenommen: 75 Prozent der befragten 13- bis 18-Jährigen wollen – über alle Schulformen hinweg betrachtet – das Abitur erreichen.

Ambitioniert mit eigensinnigen Leistungsidealen

Die Jugendlichen streben nach Erfolg, wollen aber unnötige Belastungen oder Stress vermeiden. Gute Noten sind gefragt – aber ohne große Investitionen in (freiwilliges) Lernen. Stärker als in der Vorgängerstudie von 2001 sind gute Noten mit dem eigenen Wohlbefinden in der Schule verknüpft. Das gilt vor allem für Mädchen, die noch lernbereiter als Jungen sind.

Handy verwischt Grenze zwischen Kindheit und Jugend

Technologie und Kommunikationsnetzwerke werden völlig selbstverständlich genutzt. Fast alle Befragten besitzen ein Handy bzw. Smartphone. Hier deutet einiges darauf hin, dass sich die Grenzen zwischen Kindheit und Jugend in Auflösung befinden. Mitverantwortlich dafür ist – als ein besonderes Lebensereignis – der Besitz des ersten Handys bzw. Smartphones, der biografisch häufig mit dem Ende der Kinderspiele zusammenfällt.

Mehrheitlich regelkonform

Jugendliche orientieren sich an der bestehenden gesellschaftlichen Ordnung undsind mehrheitlich regelkonform. Starre Abgrenzungen zur älteren Generation gibt es kaum. Erwachsene – vor allem Eltern – sind geschätzte Ratgeber zum Beispiel bei Schulproblemen, Konflikten mit Freunden, in politischen Fragen oder beim Kleidungsstil. Das Neben- und Miteinander ist relativ stressfrei.

Teilhaben und Mitmachen

Mitbestimmung wird von der Mehrheit mitgetragen und praktiziert. Mitbestimmen und Mitmachen in Schule, Verein und Gemeinwesen sind Möglichkeiten, sich individuell weiterzuentwickeln und sich für demokratische Strukturen einzusetzen. Unterstützt werden vor allem friedliche Formen. Die Politikverdrossenheit ist immer noch hoch, aber etwas niedriger als 2001.

Die Studie wurde in Kooperation mit Wissenschaftlern der Universitäten Köln und Siegen durchgeführtund vom Familienministeriumvon Nordrhein-Westfalen gefördert.

Publikation
Sabine Maschke, Ludwig Stecher, Thomas Coelen, Jutta Ecarius, Frank Gusinde: Appsolutely smart! Ergebnisse der Studie Jugend.Leben W. Bertelsmann Verlag, Bielefeld 2013, 278 Seiten, ISBN 978-3-7639-5270-0 - www.wbv.de/artikel/6004347

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