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Thema der Woche | 28. August 2014

Junge Visionäre

Internationales Akademisches Sommerforum des Europäischen Jugendparlaments in Marburg

"We are looking forward to fruitful and successful debates." Sobald der Präsident des European Youth Parliaments, Dimitris Zacharias, diese Worte ausgesprochen hat, wird es ernst: Die erste Debatte ist eingeläutet, und der erste Delegierte schreitet unter den Blicken von etwa 80 weiteren Delegierten nach vorne, hinter das Redepult. Noch einmal tief durchatmen, und dann beginnt Jannis Kuhlencord aus Heidelberg die Vorstellung der Resolution, die sein Team und er die letzten Tage über ausgearbeitet haben. In formellem Englisch und mit selbstbewusster Stimme, versucht er nun das Plenum von seiner Idee zu überzeugen.

Was aussieht wie eine Sitzung des Komitees der Europäischen Union, ist in Wirklichkeit ein Planspiel: "Junge Studenten haben bei uns die Möglichkeit, sich ernsthaft mit europäischen Themen auseinander zu setzen und unter dem Schirm einer offiziellen Debatte, Konflikte aus mehreren Perspektiven zu beleuchten", weiß Laura Thiemt, die Projektleiterin der Nationalen Auswahlsitzung in Potsdam. Zusammen mit dem Vorstand des Europäischen Jugendparlaments und einem 14-köpfigen Organisationsteam hat sie das viertägige Projekt ins Leben gerufen, an dem über 110 Leute aus etwa 20 Nationen Europas beteiligt sind.

Sie alle haben sich vom 19. bis 22. August in Marburg für das Internationale Akademische Sommerforum des Europäischen Jugendparlaments zusammengefunden und für diese Zeit ihre Chucks durch Krawatte und Anzug ausgetauscht und ihre Muttersprache durch Englisch ersetzt: Auf diese Weise wurden aus den Studenten jeglicher Fachrichtungen Abgeordnete in einem internationalem System von mehreren Ausschüssen. Am Dienstag wurden die TeilnehmerInnen in Gruppen eingeteilt. Abends konnten sich die jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 27 Jahren bei der Willkommensparty näher kennenlernen.

Mittwoch wurde der Anstoß für die Ausschuss-Arbeit gegeben: jede der sieben Gruppen nimmt eine eigene Position in der europäischen Politik ein. Darunter gibt es beispielsweise ein Komitee, das sich für die Rechte von Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter stark machen möchte, ein weiteres, das sich mit Regelungen im Fremdenverkehr auseinandersetzt und auch eine Gruppe, die die Rolle der wissenschaftlichen Forschung für eine energieunabhängige EU untersucht. Zu einer bestimmten Problemstellung werden Lösungsansätze diskutiert. Hierbei ist es wichtig, dass keine vorgegebenen Positionen vertreten werden müssen, sondern die TeilnehmerInnen als junge Europäer ihre Visionen von einem zukünftigen Europa miteinander teilen.

"Das Besondere an der Veranstaltung ist, dass wir uns nicht nur mit fiktivem Wissen auseinandersetzen wie etwa in der Uni, sondern konkrete Fakten die Grundlage unserer Diskussionen bilden und die internationale Vielfalt der Teilnehmer, ebenso vielfältige Standpunkte mit sich bringt", erzählt die 23-jährige Oxford-Studentin Eugenia-Xenia Vafeiadou aus Griechenland.

Obgleich es sich um ein fiktives Planspiel handelt, spürt man die Ernsthaftigkeit, mit der sich die jungen Leute engagieren. Laura Luther, die offizielle Pressesprecherin weiß: "Für alle ist diese Form der Zusammenarbeit etwas Neues, es hat sich ein Bund aus gleichrangigen Partnern gebildet, die gemeinsam an einem Strang ziehen: sie lernen voneinander und möchten die Meinung ihrer Gruppe souverän vorlegen und Ideen entwickeln, die auch in der Realität Bestand haben könnten."

So werden die ausgearbeiteten Resolutionen, deren Präsentation in der Abschlussdebatte mündet, nach dem Projekt nicht in Vergessenheit geraten, sondern an europäische Abgeordnete weitergereicht.

Die Debatte, die den Höhepunkt der Woche bildet, findet unter parlamentarischen Regeln statt. "Wenn man vor so vielen Leuten spricht, dann ist das die perfekte Mischung aus Nervosität und Aufregung. Deine Worte haben Gewicht und das ist ein einmaliges Gefühl.", sagt der 21-jährige André Neto-Bradley aus Portugal. "Es handelt sich um eine Simulation der Zukunft, was könnte es Spannenderes geben?", meint auch Franziska Bujara, die in Passau European Studies studiert. Am Ende der Debatte steht eine Abstimmung, bei der die Delegierten die Resolutionen annehmen oder ablehnen können. Dann heißt es Zittern und darauf hoffen, möglichst viele Stimmen zu ergattern. "Unabhängig von dem jeweiligen Ergebnis werden die jungen Erwachsenen viel gelernt haben. Nicht nur die aktive Auseinandersetzung mit aktueller Politik stellt eine Bereicherung dar. Der Gewinn liegt zudem in der Bildung eines internationales Netzwerks", bilanziert Laura Thiemt, die erst kürzlich Urlaub bei einer Freundin in Spanien gemacht hat – die sie 2011 bei eben so einer Veranstaltung kennenlernen durfte.

Kim-Sarah Marienfeld

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