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Thema der Woche | 5. Februar 2015

Windräder werden Wahlkampfthema

Umstrittene Windkraftanlagen am Lichter Küppel bei Schröck – Fotomontage: Enveco GmbH, Universitätsstadt Marburg

Heftiger Gegenwind bläst den geplanten Windrädern auf den Marburger Lahnbergen entgegen. Die Anwohner fürchten getötete Vögel, Schattenwurf, Lärm, Waldrodungen und falsche Messwerte. Glaubt man Windparkgegnern, werden die Wildschweine von den Windrädern verjagt, wodurch sie in Zukunft noch häufiger in den Vorgärten auftauchen sollen. Und der Schall soll sich gar "wie Radioaktivität" ausbreiten, so ein Hausbesitzer während der Informations­veranstaltung der Stadt.

Dabei treibt Marburgs grüner Bürgermeister Franz Kahle das Thema vor allem wegen des Klimawandels voran. Und die geplanten Windräder sollen mindestens einen Kilometer von den ersten Wohnhäusern entfernt errichtet werden. Geplant sind zwei Windkraftanlagen am Lichter Küppel, einem bis zu 368 Meter hohen Waldstück auf den Lahnbergen mit den Ortsteilen Schröck und Moischt auf der einen Seite sowie dem Richtsberg und Cappel auf der anderen Seite. Mit einer Nabenhöhe von 140 Metern und einem Rotordurchmesser von 117 Metern wird man sie allerdings sowohl von Moischt und Schröck als auch vom Marburger Schloss aus sehen. Die Stadtwerke, die das Projekt betreiben wollen, bereiten zurzeit einen Genehmigungsantrag vor. Wenn alles glatt läuft, könnten die Windräder in knapp zwei Jahren ans Netz gehen.

Aktuell sieht es allerdings eher so aus, als würde die Windkraft zum Thema im bevorstehenden Oberbürgermeisterwahlkampf werden: CDU-Kandidat Dirk Bamberger spricht von einem "rot-grünen Ideologieprojekt". Und viele Bürger vor Ort sind überzeugt davon, dass andere Standorte geeigneter sind. Dabei geht der Standort am Lichter Küppel auf eine Vorauswahl des CDU-regierten Regierungspräsidiums in Gießen für den Regionalplan Windenergie zurück. Andere Standorte waren bereits ausgeschieden.

Die geplanten Windräder sollen Strom für rund 5000 Marburger Haushalte liefern. Genügend Wind gibt es am Standort. Nach den Langzeitmessungen der Stadtwerke betragen die durchschnittlichen Windgeschwindigkeiten 6,55 Meter pro Sekunde in 140 Metern Höhe. "Das ist mehr, als wir geschätzt hatten", sagt Stadtwerke-Geschäftsführer Rainer Kühne. "Das garantiert einen wirtschaftlichen Betrieb", meint Kahle. Es wird eine Rendite von fünf bis 6,9 Prozent erwartet.

Nach den bisherigen Untersuchungen gibt es den Stadtwerken zufolge keine oder kaum Probleme mit Schall und Schattenwurf. Auf die in dem Waldstück verborgenen Hügelgräber wird Rücksicht genommen. Vorsichtshalber wird das Gelände gemeinsam mit dem Landesamt für Denkmalschutz auf eventuell noch unbekannte Bodendenkmale untersucht. Trotzdem ist der Marburger Denkmal­beirat gegen den Windpark. Er fürchtet um das historische Ensemble von Moischt, Schröck und Marburg.

Während der Bund für Umwelt und Naturschutz, der Naturschutzbund und die obere Naturschutzbehörde keine negativen Stellungnahmen abgegeben haben, gibt es scharfe Kritik vom Marburger Vogelschutzbeauftragten Martin Kraft: "Aus Sicht der Ornithologie ist das eine ökologische Katastrophe" sagt er. Allein im Herbst sei mit drei Millionen Zugvögeln zu rechnen. Er fürchtet, dass Vögel durch die Windräder verletzt oder getötet werden. Tatsächlich sind die Untersuchungen der Stadtwerke noch nicht abgeschlossen. Bislang wurden allerdings weder Horste von Rotmilanen oder Schwarzstörchen gefunden – daran würde das Projekt scheitern. Auch bei den Fledermäusen gibt es bislang keine gravierenden Probleme.

Die Kosten für den Windpark werden auf 10,5 Millionen Euro geschätzt. Allerdings gibt es auch "die Option, das Projekt abzubrechen", sagt Stadtwerke-Geschäftsführer Rainer Kühne. Sollten sich die Stadtwerke zurückziehen, kann allerdings auch ein privater Betreiber einen Genehmigungsantrag für Windräder auf dem Lichten Küppel stellen. Kahle kann sich auch vorstellen, die Bürger bei der bevorstehenden OB-Wahl nach den Windrädern zu fragen – dann allerdings alle Marburger Bürger.

Gesa Coordes

Thema der Woche | 5. Februar 2015

In Mittelhessen ausgestorbene Biene kehrt zurück

Entdeckung einer Gießener Doktorandin – Blühflächen als wichtige Lebens­räume für Wildbienen – Foto: James K. Lindsey / Creative Commons Lizenz

Ein ausgestorben geglaubtes Tier entdeckt man nicht alle Tage. Doch Daniela Warzecha, Doktorandin an der Professur für Tierökologie der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU), machte während ihrer von der Deutschen Bundes­stiftung Umwelt (DBU) geförderten Promotionsarbeit einen aufregenden Fund: Sie entdeckte in ihrer mittelhessischen Untersuchungsregion eine Bienenart, die dort seit Jahrzehnten als ausgestorben gilt. Die Bienen treten dort sogar in überraschend großer Zahl wieder auf.

Da das nicht nur für Bienenfreunde eine kleine Sensation ist, werden die Fundorte derzeit noch geheim gehalten. "Die Vermutung liegt nahe, dass diese wärmeliebende Art zu den Klimagewinnern gehört und von der Temperatur­erhöhung der letzten Jahre profitiert", sagt Prof. Dr. Volkmar Wolters, der die Promotionsarbeit betreut. "Aber das ist natürlich noch nicht wissenschaftlich bewiesen." Daniela Warzecha, die sich in ihren Untersuchungen besonders auf die Blühflächen des hessischen Agrarumweltprogrammes (HIAP) konzentriert, betont die große Bedeutung ihres Fundes für den regionalen Artenschutz: "Die Anlage von Blühflachen kommt offenbar den Wildbienen zugute, denn ohne die Vermehrung geeigneter Lebensräume hätte der Klimawandel das genaue Gegenteil bewirkt."

Die gefundene Art gehört zu den Furchenbienen und trägt den wissen­schaft­lichen Namen Lasioglossum pauperatum. Bislang glaubten die Expertinnen und Experten, dass diese Art nur noch sehr selten in Süddeutschland vorkommt. In der Roten Liste Deutschlands wird sie deshalb als "stark gefährdet" eingestuft. Da in Hessen in jüngster Zeit nur noch ein einziges Tier an einem aufge­las­senen Trockenmauerweinberg bei Lorch im Rheingau gefunden wurde, wird die Art von der hessischen Roten Liste sogar als "vom Aussterben bedroht" klassifiziert. Es handelt sich um eine schwarze, eher unscheinbare Biene mit einer Körperlänge von nur 5 bis 6 Millimetern. Aber gerade solche kleinen Wildbienenarten sind für die Bestäubung in der Natur von besonderer Bedeutung: Sie füllen Lücken, die von den großen Honigbienen und Hummeln nicht besetzt werden können.

Die Bestäubung durch eine artenreiche Bienengemeinschaft ist entscheidend für viele Kultur- und Wildpflanzen in unserer Agrarlandschaft. Die aktuelle "Bestäuberkrise" ist daher besorgniserregend, denn sie bedeutet, dass diese Leistung wegen des dramatischen Rückgangs an bestäubenden Insekten in Gefahr ist.

pe/kro

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