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Thema der Woche | 26. Februar 2015

Fiese Falten

Anti-Tabak-Kampagne: App zeigt Schülern ihr älteres Ich – mit und ohne Zigaretten – Foto: Titus Brinker

Falten, fahle Haut und gelbe Zähne:Nein, gut sieht Titus Brinker auf dem "Selfie" definitiv nicht aus. Die von dem 24-jährigen Medizinstudenten konzipierte "Smokerface"-App simuliert anhand seines "Selfies", wie er in 15 Jahren als Raucher aussehen würde. In der "Nichtraucher"-Einstellung der App hat sich der um 15 Jahren gealterte Brinker dagegen viel besser gehalten, – mit viel weniger Falten, einer strafferen Haut und einer viel gesunderen Hautfarbe.

Die App soll gerade Jugendlichen zeigen, welche Folgen das Rauchen für ihr Äußeres hätte: "Die Beschriftungen auf den Zigarettenpackungen sollen zwar schockieren, bleiben als Gefahr aber abstrakt und machen das Rauchen vielleicht erst recht reizvoll", sagt Titus Brinker. "Dagegen hat der Blick in die eigene Zukunft eine viel direktere Wirkung."

Ein einschneidendes Erlebnis in seinem Pflegepraktikum hat Brinker, der an der Gießener Justus-Liebig-Universität (JLU) im 9. Semester Medizin studiert, vor mehreren Jahren zu einem Nichtraucher-Aktivisten gemacht: "Ich habe mich um einen Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung, besser bekannt unter dem Begriff 'Raucherlunge', gekümmert", berichtet Brinker. "Was mich schockiert hat war, dass der Patient bis zum Schluss, bis er gestorben ist, es nicht geschafft hat, mit dem Rauchen aufzuhören. Dabei hatte er unglaubliche Schuldgefühle, weil er seine Familie, seine Frau und die Kinder zurücklässt."

Bereits seit einigen Jahren bringt der engagierte Medizinstudent neuen Schwung in die Anti-Tabak-Kampagnen an Schulen. Dank der 2012 von Titus Brinker gestarteten und preisgekrönten Initiative "Aufklärung gegen Tabak e.V."klären heute über 700 Medizinstudierende von 26 deutschen, drei österreichischen und einer Schweizer Universität pro Jahr 16.000 Schüler der 6. bis 8. Klassen über das Rauchen auf.

Durch seiner Initiative werden bereits an sechs Standorten, darunter an der Gießener Uni, Wahlpflichtfächer oder freiwillige Veranstaltungen von universitärer Seite unterstützt. Darin geht es vor allem um die Tabak­ent­wöhnung am Patienten. Hierfür initiierte Brinker die Zusammenarbeit mit dem Tabak­ent­wöhnungs­experten Tobias Raupach, der als Kardiologe und Oberarzt am Universitätsmedizin Göttingen arbeitet.

"Unser Ziel ist es, die medizinische Lehre in Deutschland langfristig so zu verändern, dass dieses aktuell noch stark präsente Ausbildungsdefizit vollständig behoben wird", sagt Titus Brinker. "Wir sind auf gutem Weg, bis Ende 2015 an allen 36 medizinischen Fakultäten vertreten zu sein und damit etwa 40.000 Schüler pro Jahr erreichen zu können."

Wichtig sei dabei die interaktive Aufklärung auf Augenhöhe, damit die jungen Menschen auf der Grundlage von altersgerechten Informationen eine eigene Entscheidung treffen könnten. Das Besondere an Brinkers Konzept: Studierende lernen durch praktische Anwendung im Klassenraum, komplexe medizinische Inhalte in für Schüler verständliche Worte zu bringen. Gleichzeitig sind die Studierenden den Jugendlichen schon aufgrund ihres Alters näher als Ärzte oder Lehrer und wirken deshalb glaubwürdiger.

Ein ausgewählter wissenschaftlicher Beirat evaluiert die Initiative, die vom Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL) und der Deutschen Herzstiftung unterstützt wird, und sorgt unter anderem für den Einbezug der Erkenntnisse aus der Aufklärungsarbeit in Forschung und Lehre. Der Leiter des DZL und renommierte JLU-Lungenforscher Prof. Werner Seeger ist einer der wichtigsten Unterstützer des Studenten Brinker. Seeger hält die Aufklärung gerade der jüngsten potenziellen Raucher für sehr wichtig. "Die Gefahren des Rauchens – Herz-Kreislauferkrankungen, erhöhte Sterblichkeit, Lungenkrebs – entstehen schon in diesen frühen Jahren", betont Prof. Seeger.

Titus Brinkers Engagement zahlt sich auch für ihn persönlich aus. So konnte er sich vor wenigen Tagen über ein Kaltenbach-Doktorandenstipendium der Deutschen Herzstiftung freuen. Außerdem wird er im März und April Chief Editor des New England Journal of Medicine Dr. Jeffrey Drazen und an der Harvard Medial School hospitieren. Aktuell leitet er eine Multicenterstudie zur Aufklärung gegen Tabak.

Weitere Informationen: www.gegentabak.de

kro/pe

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