Samstag, 20. April 2024
Thema der Woche | 29. September 2016

245 Millionen

CSL Behring vor größter Investition seiner Geschichte – Bild: CSL

Im Jubiläumsjahr hat der Pharmakonzern CSL in Marburg einen doppelten Grund zum Feiern: Der Standort steht vor der größten Investition seiner Geschichte – das Unternehmen will 245 Millionen Euro in den Bau einer neuen Anlage für die Basisfraktionierung von Blutplasma investieren. Zugleich feiert der in Australien ansässige Mutterkonzern sein 100-jähriges Jubiläum auch in der Universitätsstadt.

Der Aufsichtsrat von CSL hat die Entscheidung in King of Prussia im US-amerikanischen Pennsylvania getroffen. "Wir sind stolz, dass wir aufgrund unserer Expertise den Zuschlag bekommen haben", sagt CSL-Sprecher Hans Herberg. Noch in diesem Jahr soll mit dem Bau des fünfstöckigen Werks­gebäudes auf dem Görzhäuser Hof bei Marburg-Michelbach begonnen werden. Damit soll die Produktionskapazität um das 2,6-fache erhöht werden. Auch die Zahl der Mitarbeiter soll steigen, wobei Herberg den Zuwachs bei den Be­schäf­tigten noch nicht beziffern konnte, weil zugleich mehr automatisiert wird.

In der Basisfraktionierung wird das tief gefrorene Blutplasma in seine Bestand­teile zerlegt. Die gelbliche Flüssigkeit kommt – mehrfach getestet – in Beuteln und Flaschen aus Plasmaspendezentren in Deutschland und den USA. Bereits beim sorgfältig kontrollierten Auftauen werden zwei Gerinnungsfaktoren abgeschöpft. Insgesamt werden mit verschiedenen biotechnischen Schritten sieben Fraktionen – Gerinnungsfaktoren, Albumin und andere Proteine – aus dem Plasma herausgelöst. Die sieben Zwischenprodukte werden fast alle in Marburg weiterverarbeitet. 20 verschiedene Arzneimittel können daraus hergestellt werden.

Wie aufwändig die Herstellung der Blutprodukte ist, lässt sich auch an der langen Genehmigungsphase ablesen. Nach dem Bau der neuen Anlage sollen die Testläufe im Jahr 2020 starten. Bis die Produktion für den weltweiten Markt freigegeben wird, wird esvoraussichtlich 2024 werden.

Hintergrund der großen Investition ist der Erfolg des deutschen Standorts, der als tragende Säule des Unternehmens gilt. Mit 2300 Mitarbeitern handelt es sich um den größten Produktions- und Forschungsstandort der CSL-Gruppe, die weltweit mehr als 16000 Beschäftigte in mehr als 30 Ländern hat. Zudem wächst der Bedarf an Medikamenten aus Plasma. So konnte sich das Pharma­unternehmen, das zu den weltweit führenden Herstellern von Bluter­medi­ka­menten gehört, neue Märkte in den USA, Russland und im asiatischen Raum erschließen.

Die Entscheidung werte den Standort Marburg als eine wichtige Säule für die pharmazeutische Industrie in Deutschland noch einmal auf, sagt IHK-Haupt­ge­schäfts­führerin Sybille von Obernitz. Die Investition sei ein außerordentlicher Vertrauensbeweis für die Universitätsstadt, vor allem für die Qualität und Kompetenz der Mitarbeiter. Und auch Marburgs Oberbürgermeister Thomas Spies betont: "Wir freuen uns, dass der Standort vergrößert wird und dass zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden." Bislang arbeiten 110 Mitarbeiter im Sieben-Tage-Schichtdienst in der Anlage für die Basisfraktionierung.

Das Marburger Pharmaunternehmen, das bis in die 90er Jahre hinein zu den traditionsreichen Marburger Behringwerken gehörte, verzeichnet bereits seit mehreren Jahren einen Aufschwung. So werden noch bis 2017 insgesamt 180 Millionen Euro investiert, um die Produktionskapazität für Medikamente zur Behandlung von Blutgerinnungsstörungen zu erhöhen. Kern ist ein fünf­stöckiger Gebäudekomplex mit Büros, Werkstätten und modernen Laboren sowie die Erneuerung der Abfüllanlagen in verschiedenen Produktions­bereichen. 2010 konnte eine neue Produktionsanlage für Bluterkranke eröffnet werden, in der ein Medikament für Hämophilie-B-Kranke gentechnisch her­ge­stellt wird. In diesem Jahr wurde das Arzneimittel für die USA, Kanada und Europa zugelassen.

Der Marburger Standort stellt Präparate für Bluter, für die Wundheilung, für Schock- und Verbrennungsopfer sowie Immunglobuline gegen Tetanus, Hepatitis und Immundefekte her. Zur Gewinnung von menschlichem Blutplasma betreibt CSL Behring eine der weltweit größten Organisationen von Spende­zentren, Laboratorien und Logistikzentren.

Gesa Coordes

Thema der Woche | 29. September 2016

Extremlagen

Treibhausgas: Wetterextreme könnten Klimawandel verstärken
Foto: Wolfgang Stein

Der steigende Gehalt von Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre ist Ursache des Klimawandels, verstärkt aber auch das Wachstum vieler Pflanzen – so aktuelle Prognosen. Obwohl unsere heimischen Gräser und Kräuter das Trei­bhausgas für die Photosynthese nutzen, profitieren sie bei extremeren Wetter­bedingungen wie Starkregen, Hitze und Trockenheit jedoch wenig bis gar nicht vom erhöhten CO2-Gehalt in der Luft. Das zeigen Langzeit-Studien Marburger und Gießener Wissenschaftler an der Klimafolgen-Forschungsstation der Justus-Liebig-Universität Gießen.

Die Ergebnisse präsentiert der Geograph Wolfgang Obermeier (Philipps-Universität Marburg) auf der Klimaforscher-Tagung, die diese Woche in Gießen stattfindet. Unter dem Motto "FACEing the Future – Food Production and Ecosystems under a changing climate" trafen sich Klimaforscher, die weltweit CO2-Effekte mit "Free Air Carbon Dioxide Enrichment (FACE)"-Systemen untersuchen.

Im Freiland simulieren FACE-Systeme mit Rohren, Ventilatoren und Schalt­systemen an 365 Tagen im Jahr eine Atmosphäre mit 20 Prozent erhöhter CO2-Konzentration, wie sie für das Jahr 2050 vorhersagt wird. In Gießen reicherten die Forscher seit 1998 Testflächen in artenreichem Grünland mit CO2 an und analysierten nun Biomasse von Gräsern und Kräutern sowie Wetterdaten für eine Laufzeit von insgesamt 16 Jahre. Pflanzen mit einem Stoffwechsel wie die untersuchten Arten machen weltweit einen Großteil der Flora aus.

Bei durchschnittlichen Temperaturen und Niederschlägen steigerte das Treib­hausgas das Wachstum der Pflanzen: Rund zwölf Prozent mehr Biomasse produzierten die Pflanzen bei erhöhtem CO2-Gehalt der Luft – verglichen mit den Kontrollflächen bei Umgebungsluft. Dieser CO2-Effekt verschwand jedoch bei starkem Regen und halbiert sich unter trockenen und heißen Bedingungen. Im extrem heißen Sommer in 2003 kam es sogar vor, dass die Pflanzen unter CO2-reicher Atmosphäre weniger Biomasse produzierten als solche unter heutigen Bedingungen. Bisher war man eher von gegenteiligen Effekten ausgegangen.

Die Forscher erklären das Phänomen mit Änderungen im Stoffwechsel der Pflanzen. "Die Pflanze nimmt CO2 für die Photosynthese über kleine Poren auf, die Spaltöffnungen. Dadurch verliert sie jedoch zeitgleich Wasser", sagt Pflanzenökologe Christoph Müller von der Justus-Liebig-Universität. "Bei einem erhöhten CO2-Gehalt der Luft muss die Pflanze ihre Spaltöffnungen weniger weit öffnen und verliert weniger Wasser. Dieser Vorteil geht bei hoher Wasserverfügbarkeit wie bei starkem Regen verloren." Aber auch unter heißen sowie trockenen Bedingungen profitierten die Pflanzen weniger von einem höheren CO2-Gehalt der Luft, wie die Studien zeigten – durch die Wasser­knapp­heit wachsen die Blätter weniger und zudem geraten die Pflanzen schneller in Hitzestress, weil sie die kühlende Transpiration herunterfahren, um Wasser zu sparen.

"Nach aktuellen Vorhersagen treten Wetterextreme zukünftig häufiger auf", sagt Obermeier. "Unsere Ergebnisse sind daher nicht nur für den Stoffwechsel der einzelnen Pflanze interessant, sondern auch für den globalen Kohlen­stoff­kreislauf." Globale Modelle zu Kohlenstoffkreislauf und Klimawandel rechnen die Leistung der Pflanzen als CO2-Senke fest mit ein. Für Grünland sollte jedoch fein justiert werden, meint Obermeier: "Bei extremen Wetterlagen entnehmen Pflanzen der Luft weniger CO2 als bisher berechnet." Somit kann schon in naher Zukunft die CO2-Senkenfunktion von Grünländern drastisch reduziert werden. Dadurch würde künftig mehr CO2 in der Atmosphäre verbleiben und den Klimawandel beschleunigen. Zumindest hinsichtlich der Genauigkeit der Prognosen ist der Forscher jedoch zuversichtlich: "Mit unseren Erkenntnissen können wir die Modelle deutlich verbessern und Klima­ver­änderungen besser abschätzen."

Forscher aus Gießen und Marburg sowie von der Hochschule Geisenheim arbeiten im Projekt FACE2FACE gemeinsam daran, die komplexen Aus­wirk­ungen des Treibhausgases auf Grünland, Weinbau und Gartenbau besser zu verstehen. Dazu fördert sie das Land Hessen als Schwerpunkt im Rahmen der Landes-Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz.

pe/kro

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