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Thema der Woche | 14. September 2017

Die halbe Stadträtin

Ende September tritt Kerstin Weinbach ab – Foto: Coordes

Viele Jahre hat sie darum gekämpft, ihren Job als Marburger Stadträtin teilen zu dürfen. Allein – die Hessische Gemeindeordnung gab das nicht her. Nach langen Diskussionen scheiterte die "Lex Weinbach" schließlich auch auf Landes­ebene. Das bedeute, dass Frauen mit kleinen Kindern de facto nicht haupt­amt­lich Politik machen könnten, kommentierte der damalige Landtagsabgeordnete und heutige Oberbürgermeister, Thomas Spies.

Marburgs scheidende Kultur- und Bildungsdezernentin Kerstin Weinbach (SPD) hat – auch auf Wunsch ihrer Partei – trotzdem noch lange weitergemacht. Die alleinerziehende Mutter eines inzwischen Achtjährigen reduzierte ihre Stunden. Doch die Arbeitsbelastung blieb angesichts der wichtigen Aufgaben so hoch wie bei einem Vollzeitjob. Ein großes Problem seien vor allem die zahlreichen Termine am Abend und am Wochenende, sagt Weinbach. Zugleich wolle sie auch nicht länger in Teilzeit arbeiten, weil dies dem Amt auf Dauer "nicht ge­recht" werde. Ihr Resümee: "Dieser Job ist einfach nicht vereinbar mit manchen persönlichen Lebenssituationen." Ende September tritt die 49-Jährige endgültig ab. Sie wird von der Sozialdemokratin Kirsten Dinnebier abgelöst.

Zwölf Jahre war die Politikwissenschaftlerin verantwortlich für die Kultur- und Bildungspolitik der Stadt. "Wir haben eine riesige Palette von Kulturangeboten, die wir erhalten und ausbauen konnten", sagt Weinbach. So sei der Etat der drei soziokulturellen Zentren der Stadt in dieser Zeit um mehr als 200 Prozent gesteigert worden. Alle drei seien heute "zukunftsfähig" aufgestellt. Zuletzt zogder Kulturladen KFZ in die neue Stadthalle, wo er mit größeren Räumen und besseren Angeboten lockt. Einziger Haken im Kulturbereich: Die Gehälter seien zu niedrig, bemängelt Weinbach. Um dies etwas abzufedern, sei nun ein Projekt auf den Weg gebracht worden, mit dem die Stadt die Alters­sicherung der Haupt­amtlichen in der Sozio­kultur bezuschussen will. Zufrieden ist die De­zer­nen­tin mit der Entwicklung des Landestheaters Marburg, das nun vor dem zweiten Intendantenwechsel in ihrer Amtszeit steht: Erstmals wird ein Duo aus zwei Frauen an der Spitze des Theaters stehen.

Im Bildungsbereich gibt es heute doppelt so viele betreute Kinder in den Grundschulen, wo das Betreuungsangebot von drei Viertel der Marburger Eltern genutzt wird. Im Vergleich zu anderen Städten sei dies eine ungewöhnlich hohe Quote. Zudem bekomme praktisch jeder einen Platz. Steigende Nutzerzahlen verzeichne auch die "im Verborgenen blühende" Stadtbücherei, die mit ihren zahlreichen Zusatzangeboten und Veranstaltungen mehrfach preisgekrönt wurde. Auch die Volkshochschule habe trotz der vielen zusätzlichen In­te­gra­tions­kurse ihr breites Angebot halten können. Zuständig war sie als Stadträtin zudem für die städtischen Bäder und die 220 Mitarbeiter des Dienst­leis­tungs­betriebs Marburg, die sich um Stadtreinigung, Kanalisation und Grünpflege kümmern.

Ärgerlich und anstrengend fand Weinbach über die Jahre vor allem "politische Spiegelgefechte", die nichts mit der Sache zu tun hatten. Tatsächlich versuchte sie als Dezernentin oft, Probleme im Stillen zu lösen – etwa die komplizierte Aufgabe, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Altenhilfe wieder in die Tarifbindung zu holen. Der öffentliche Auftritt lag ihren männlichen Kollegen mehr. Das trug ihr den Ruf ein, blass zwischen Ex-OB Egon Vaupel und Bürgermeister Franz Kahle zu agieren. Aber die "Alphatiere" – auch in der eigenen Partei – machten ihr das Leben mitunter schwer. Dagegen galt sie bei ihren Mitarbeitern als angenehme Chefin.

Jetzt freut sich die 49-Jährige erst einmal darauf, "zur Ruhe zu kommen" und mit ihrem Sohn in den Herbstferien an die Nordsee zu fahren. Welchen Weg sie beruflich einschlagen werde, sei noch nicht klar: "Da gibt es mehrere Optionen", sagt die Politikwissenschaftlerin, die vor dem Wechsel ins Rathaus in ver­schie­de­nen wissenschaftlichen Forschungsprojekten sowie für den damaligen Staats­sekretär Norbert Schüren, die früheren Landtagsabgeordneten Erika Fellner und Thomas Spies sowie die Ex-Europaabgeordnete Barbara Weiler (alle SPD) ar­bei­te­te. Nun, so Weinbach, könne es auch ein Job außerhalb Marburgs werden.

Gesa Coordes

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