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Thema der Woche | 17. Januar 2019

Geld oder Gesundheit

"Der marktgerechte Patient" am 22. Januar im Capitol – Foto: Kernfilm

Wie stark sind die ökonomische Zwänge im Gesundheitswesen? Wird das Kran­ken­haus zur Profitmaschine? Das sind Fragen, die der Dokumentarfilm "Der markt­gerechte Patient" aufwirft. Die Dokumentation wird als Themen­schwer­punkt bei der kleinen Frühjahrsausgabe des globalisierungskritischen Film­festivals "Globale Mittelhessen" am 22. Januar gezeigt. Zur Diskussion nach dem Film sind der Betriebsratsvorsitzende des Universitätsklinikums Gießen und Marburg Klaus Hanschur und ver.di-Sekretär Fabian Rehm eingeladen.

Zum Thema: Es hat sich herumgesprochen, dass in deutschen Krankenhäusern nicht alles eitel Sonnenschein ist. Vielerorts protestieren Pflegekräfte gegen Personalmangel. Viele geben die Arbeit im Krankenhaus auf, weil sie den Stress und die tägliche Überlastung nicht mehr bewältigen können. In Fachverbänden und Gewerkschaften mehren sich kritische Stimmen, die dafür eine "Öko­no­mi­sierung" des Systems verantwortlich machen: medizinische Behandlungen sind demnach nicht mehr allein am Patientenwohl orientiert, sondern zunehmend daran, ob sie lukrativ sind. Das führe nicht nur zu steigendem Druck auf die Beschäftigten der Krankenhäuser, sondern begünstige auch eine Beeinflussung medizinischer Entscheidungen durch betriebswirtschaftliches Kalkül.

Was sind die Gründe dafür? Augenfällig ist die Zunahme privater Kliniken seit Mitte der 1980er Jahre, als es Krankenhäusern erlaubt wurde, etwaige Über­schüsse als Gewinne zu verbuchen. Damit sind Krankenhäuser als Investitions­objekte interessant geworden, so dass inzwischen mehr als ein Drittel der Kliniken in Deutschland von Unternehmen wie Fresenius, Asklepios und Sana betrieben wird – oder von der Rhön AG: Die Aktiengesellschaft unter Führung des Unternehmers Eugen Münch konnte 2006 als erster privater Betreiber überhaupt ein Uniklinikum übernehmen, als die damalige hessische Landes­regierung aus CDU und FDP entschied, die Universitätskrankenhäuser in Marburg und Gießen zusammenzulegen und im Paket zu veräußern. Dieser Schritt stieß auf deutliche Kritik etwa von der Gewerkschaft ver.di und der Ärzteinitiative "Notruf 113". Das Bündnis "Rettet unser Klinikum!", an dem diese Organisationen beteiligt sind, fordert bis heute die Rücknahme der Pri­va­ti­sierung des Universitätsklinikums Gießen-Marburg.

Dieses Bündnis ist es unter anderem auch, das im Rahmen der "Globale Mittelhessen" zur Vorführung des Dokumentarfilms einlädt. Der im November 2018 veröffentlichte Film legt sein Hauptaugenmerk auf eine weitere Ursache für ökonomischen Druck in den Krankenhäusern: Seit etwa 15 Jahren rechnen Kliniken mit den Kostenträgern, also den Krankenkassen, über das System der Fallpauschalen ab. Egal ob öffentlich, freigemeinnützig oder privat: Kranken­häuser sind gehalten, die Kosten pro Behandlungsfall niedrig zu halten und eine möglichst hohe Zahl an lukrativen Fällen "abzuarbeiten". Der Film lässt zahlreiche kritische Stimmen aus medizinischen Berufen, von Patienten und Angehörigen zu Wort kommen, die von besorgniserregenden Konsequenzen dieses Preissystems berichten. Er zeigt aber auch Ermutigendes: Kranken­häuser, deren Leitungen andere Wege gehen, und Beschäftigte, die sich zu wehren wissen, im Kleinen wie im Großen.

Globale vorab
Normalerweise findet das globalisierungskritische Filmfestival "Globale Mittel­hessen" Ende Januar statt. Da die Macher des Festivals entschieden haben, das Festival wieder in den November zu verlegen, zeigen sie im Januar und Februar neben "Der marktgerechte Patient" noch eine kleine Film-Auswahl vorab.
Die Filme "Unser Saatgut" und "Das Wunder von Mals" greifen Themen aus dem Bereich Umwelt und Ernährung auf. Ersterer begleitet eine kreative wehrhafte Bürgerinitiative in Südtirol im Kampf gegen die industriell arbeitende Apfellobby, um die erste pestizidfreie Gemeinde Europas zu werden. Zweiterer zeigt in wunderschönen Bildern die existenzielle Bedeutung des weltweiten Kulturgutes Sortenvielfalt.
Der Film "System Error" zäumt Kapitalismuskritik einmal von hinten auf, indem er sich Wachstumsbefürworter selbst ad absurdum führen lässt.
Das komplette Programm: www.globalemittelhessen.de, Wer Interesse hat, an dem Festival aktiv mitzuwirken, kann sich unter kontakt[at]globalemittelhessen.de melden.

pe/kro

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