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Thema der Woche | 28. November 2019

Studierende streiken fürs Klima

Mehr als 50 Veranstaltungen in Marburg – Foto: Gesa Coordes

Klimastreik an der Marburger Philipps-Universität: Seit Montag blockieren die Studierenden das Audimax und große Teile des Hörsaalgebäudes für die "Public Climate School", die sich ausdrücklich auch an die Bürgerinnen und Bürger der Stadt richtet. Sie haben ein alternatives Lehrprogramm mit mehr als 50 Ver­an­staltungen rund um die Klimakrise auf die Beine gestellt. Damitbeteiligen sich die Marburger Studierenden besonders aktiv an den bundesweiten Klimastreik­wochen der Hochschulen. Ihr Anlass: Das "völlig unzureichende Klimapaket" der Bundesregierung.

"Wir wollen die Themen Klimaschutz und Klimakrise in die Bevölkerung tragen und die Menschen zum Nachdenken anregen", erklärt die Marburger Asta-Vor­sitzende Luisa Bischoff. Viele Forschende – etwa in der Geografie, der Medizin, den Gesellschaftswissenschaften, der Biologie und der Chemie – beschäftigten sich mit dem Klimawandel. "Jetzt nutzen wir die Universität, um diese seriösen Informationen anzubieten", so Louisa Friedrich vom Klimabündnis.

Deswegen beteiligen sich auch viele Lehrende an der Klimastreikwoche: Sie schildern die "wundersame Biochemie des globalen Klimawandels", sprechen über UN-Nachhaltigkeitsziele und Satellitendaten, über Bioökonomie und Umweltgerechtigkeit, Migration und Klimawandel, Klimaleugner, Klima­folgen­forschung, Mikroplastik, nachhaltige Unternehmensführung, Generationen­ge­rechtigkeit, den Wald im Wandel, Umweltmonitoring und Bildung für nach­haltige Entwicklung. Was der Klimawandel für die Gesundheit bedeutet, zeigt die Sprechstunde in einer hessischen Hausarztpraxis des Jahres 2050.

Zum Auftakt schilderte der Sozialpsychologe Prof. Christopher Cohrs das "ökologisch-soziale Dilemma", das Menschen daran hindert, sich klima­schonend zu verhalten. Auf der einen Seite stehen Dinge, die für den Einzelnen vorteilhaft sind – Spaß haben, Geld oder Zeit sparen, Bequemlichkeit -, auf der anderen Seite das, was auf lange Sicht für die Allgemeinheit gut ist. Anhand eines Phasenmodells erläuterte er, welche Schritte notwendig sind, damit Menschen auch klimaschonend handeln. Dabei wird die Zahl der Klimaleugner in der Regel überschätzt. Nach einer repräsentativen Befragung von 2019 gehören nur sieben Prozent der Deutschen dazu. Bei der Frage nach der Dringlichkeit ist das Thema sogar auf Platz eins aufgestiegen. Gleichwohl wehren viele Menschen Informationen ab, die der eigenen Lebensweise widersprechen. Gern werden auch die nationalen Regierungen, die Wirtschaft und die EU verantwortlich gemacht, um das eigene Verhalten nicht ändern zu müssen. Auch um das Wissen ist es erstaunlich schlecht bestellt. So wussten mehr als 40 Prozent der Befragten nicht, das Autofahren mehr CO2 verursacht als Bahnfahren.

Aber nicht nur Wissenschaftler kommen zu Wort. Es gibt auch Filme, Climate Slam, Workshops, Experimente im Chemikum, Exkursionen, Kleidertausch, Foodsharing, Infostände, Berichte vom regionalen Ernährungskreislauf, aus dem Dannenröder Forst, dem Burgwald, dem Vogelsberg, aus der indigenen Bewegung und von Attac. Liedermacher und Bands treten im städtischen Kulturmobil auf, das vor dem Hörsaalgebäude Station macht. Wie man mit Kommunikationsguerilla, Aktions-Schwarzfahren und kreativem Widerstand Autofahrern und Politikern den Nerv raubt und für die Interessen von Bahn- und Radfahrern kämpft, schilderte der mittelhessische Umweltaktivist Jörg Bergstedt: "Das ist wirksamer als die ewig-gleichen Latschdemos." Und Louisa Friedrich vom Klimabündnis versichert: "Wir werden weitermachen. Der Kampf für den Klimaschutz hat ja gerade erst begonnen."

Klimademo zum Black Friday
Mit einer großen Demonstration geht die Klimastreikwoche der Studierenden am Freitag, 29. November, in Marburg zu Ende. Ab 12 Uhr werden sie gemeinsam mit Schülern, Eltern und anderen Klimainteressierten ab 12 Uhr am Schulzentrum, am Hauptbahnhof und am Marktplatz starten, um ihr Anliegen quer durch die City zu tragen. Asta-Vorsitzende Luise Bischoff hofft auf mehr als 8000 Teilnehmende. Doppelte Wirkung dürfte der Zug entfalten, weil er mit dem so genannten "Black Friday" zusammenfällt, dem großen Schnäppchentag des Einzelhandels, der traditionell viele Kunden in die Innenstadt treibt.
Bereits am 28. November gibt es unter dem Titel "Wege in die Zukunft" ab 19.30 Uhr im Audimax eine Podiumsdiskussion mit Aktivisten der BI Verkehrswende, der Allmende Fronhausen, der Initiative für freie Lastenfahrräder und dem Netzwerk Solidarische Landwirtschaft Marburg.
Wie im Universitätswald bei Caldern – etwa über die Trockenheit des Waldes – geforscht wird, können Interessierte auf einem "Senso-Trail" erfahren, der am Freitag, 29. November, ab 15 Uhr startet (Anmeldung unterphillip.bengel@geo.uni-marburg.de). Weitere Infos: www.asta-marburg.de
gec

Gesa Coordes

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