In “Aus dem Osten, aus dem Sinn” wird der Affenfelsen zur Bühne. Schauspieler Christian Simon nimmt die Gäste dabei mit in die Zeit der Wende und ins “Jahrzehnt der Hoffnung”.

Christian war vier als die Mauer fiel, die DDR und er kennen sich also im Grunde nicht. Er weiß nichts davon, wie es war, in einer Diktatur zu leben, und auch nichts davon, wie es sich anfühlt, wenn man sich von einer befreit. Er lebt seit Jahren im Westen Deutschlands – in Marburg – und fällt dort nicht weiter auf. Er ist ein durchschnittliches Kind aus Gesamtdeutschland. Oder nicht? Nein, nicht ganz. Wenn er von seiner Vergangenheit spricht, lässt er einen Teil immer aus: das Leben in einem ostdeutschen Plattenbau Anfang der 90er Jahre. Warum? Wegen des Stigmas, das das Leben in einem Neubauviertel mit sich bringt? Wegen der Nazis, die ihn durch das Viertel jagten? Oder weil die Erinnerungen an diese Zeit nur noch verschwommen vorhanden sind und eigentlich niemand mehr darüber reden möchte?

In “Aus dem Osten, aus dem Sinn” nimmt uns der völlig ausgedachte Schauspieler Christian Simon mit in seine Vergangenheit. In einer semi-authentischen realitätsnahen (Haus-)Führung voller Fiktion lässt er Menschen, Begegnungen und Fragen der Wendejahre im Osten Deutschlands wieder auferstehen. Mithilfe des »Affenfelsens«, der als Bühne und Inspiration dient, taucht er ein in die Atmosphäre der Zeitenwende, ruft die Geister der Vergangenheit und bringt sie zum reden. Darüber, wie sie das »Jahrzehnt der Hoffnung« erlebt haben, wie sich die Treuhand durch ihr Land arbeitete, wie sie versuchten im neuen System Fuß zu fassen und sich damit konfrontiert sahen, dass ihre Vergangenheit und Geschichte(n) plötzlich von außen beurteilt wurden. Was bleibt in einer geteilten Biografie von Haltungen, Werten und Erfahrungen, wenn die Strukturen, in denen sie sich gebildet haben, plötzlich wegbrechen? Und was hat das alles mit einem heranwachsenden Kind gemacht?

Christian Simon in einer Szene von “Aus dem Osten, aus dem Sinn” im Affenfelsen in Marburg.

Regisseurin Anne Decker, Autorin Juliane Hendes und Schauspieler Christian Simon – alle drei geboren im Osten und aufgewachsen in Plattenbauten – werfen einen Blick in ihre Vergangenheit und erzählen die Geschichten, die unter dem Geröll der Wendejahre scheinbar verschütt gegangen sind. Auch heute sind wir großen Umbrüchen ausgesetzt und vielleicht entdecken wir in der Vergangenheit etwas, das uns in Zukunft helfen kann.

Die Premiere findet am Freitag (14. April) im Affenfelsen in der Gisselberger Straße 2 statt. Treffpunkt ist das Foyer des HLTM um 19 Uhr 30.

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Bild mit freundlicher Genehmigung von Jan Bosch