Von der Reptiloideninvasionen über die BRD GmbH bis zu den Impfgegnern: Die Performance “Black Box” von Chris Herzog und Katrin Hylla beschäftigt sich mit Verschwörungstheorien. Kleine und größer werdende Gruppen von Menschen schaffen sich darin ihre eigene Realitäten, indem sie fast paranoid Zeichensysteme interpretieren und Verbindungen erspinnen, wo keine sind. Im Express-Interview berichtet Katrin Hylla, warum sie sich auf der Bühne mit den Theorien auseinandersetzt.

Express: Sie beschäftigen sich mit Verschwörungstheorien – wie sind sie auf das Thema gekommen?

Katrin Hylla: Bei einer Residenz in Poznan 2016 erzählten uns polnische Kolleg*innen von den Auswirkungen der Verschwörungstheorien die nach dem Flugzeugunglück von Smolensk von der rechten Regierung in Polen provoziert und instrumentalisiert wurden. Wir fanden, das sei ein bedenkliches und auch in Deutschland zu erkennendes Phänomen: Das Verwischen von Grenzen zwischen Fakten und Fiktion, bzw. die tendenziöse Darstellung von Ereignissen, die auch hier von bestimmten Parteien betrieben wird.

Express: Welche Verschwörungstheorien untersuchen Sie konkret in Ihrer Black Box?

Hylla: Ich würde nicht von einer Untersuchung sprechen. Aber es lassen sich Spuren von Reptiloiden, Aliens, Chemtrails etc. und natürlich auch von den Ereignissen um die Katastrophe von Smolensk 2010 finden. Man könnte sagen skurrile Spinnereien aller Art, durchaus unterhaltsam, aber sobald man das weiterdenkt, wird es hässlich.

Express: Von Chemtrails über die angeblich fingierte Mondlandung bis zu 9/11 – was haben diese ganzen Theorien gemeinsam?

Hylla: Generell geben Verschwörungstheoretiker die Verantwortung ab und demonstrieren Ohnmacht und eine Opferhaltung. Verantwortlich sind für sie geheime elitäre Gruppierungen die im Hintergrund agieren und für uns unsichtbar das Weltgeschehen lenken – dabei kommen gerne eindeutig antisemitische Tendenzen zum Vorschein. Wir denken, das ist eine allzu bequeme und leider gefährliche Haltung, die es ermöglicht sich jeglicher Verantwortung zu entziehen.

Der Klimawandel beispielsweise bedeutet plötzlich nicht mehr, Flugreisen zu vermeiden oder das Auto stehen zu lassen, wenn man sich doch sicher ist dass Reptiloide in Machtpositionen sich nach immer heißen Steinen sehnen… Die Beweisführung besteht außerdem oftmals aus ein paar Fotos die per Photoshop bearbeitet wurden – pseudowissenschaftliche quellenfreie Argumentation also…

Express: Werden die Verschwörungstheorien auf der Bühne widerlegt – oder gar neue geschaffen? Das Theater ist ja ein Raum, in dem man sich seine eigene Realität erschaffen kann…

Hylla: In einer Art esoterischem Seminar werden Theorien zwar ausgebreitet, aber die Zuschauer*innen müssen sich selbst fragen, ob sie sich angesprochen fühlen, ob sie bereit sind für derartige “Erweckungen” oder noch wissen, wie sich Fakten und Fiktion unterscheiden lassen.

Die Premiere von “Black Box” ist am Freitag, 1. März, um 20 Uhr im Theater neben dem Turm im g-werk. Eine weitere Vorstellung ist am Samstag, 2. März um 20 Uhr.

Interview: Georg Kronenberg

Bild mit freundlicher Genehmigung von TNT