Romantik in Gefahr: Umweltveränderungen bedrohen Glühwürmchen

Wenn sich die Sommernächte in samtige Dunkelheit hüllen, beginnen nicht nur zwischenmenschliche Gefühle zu flirren – auch Glühwürmchen begeben sich auf Partnersuche. Nur für wenige Tage im Jahr, meist zwischen Ende Juni und Mitte Juli, entfaltet sich dieses Naturschauspiel: Die Leuchtkäfer durchstreifen Wiesen, Parks und Waldränder in der Dämmerung – ein faszinierendes Lichterspiel in der Natur.

Doch was einst vielerorts ein vertrauter Anblick war, wird zunehmend zur Seltenheit. „Leider können wir von Jahr zu Jahr weniger Glühwürmchen beobachten. Neben der Intensivierung der Landwirtschaft und einer zunehmenden Bebauung, sorgen vor allem die steigende Lichtverschmutzung und fehlende Gehölzstrukturen in Wassernähe für den Rückgang dieser faszinierenden Insekten“, warnt Maik Sommerhage, Landesvorsitzender des NABU Hessen.

Ein Blick auf die Ursachen zeigt: Der Verlust naturnaher Lebensräume wie Laub- und Mischwälder, extensiv genutzter Wiesen sowie strukturreicher Uferzonen bedroht die Lebensgrundlage der Tiere. Hinzu kommt der Pestizideinsatz in der intensiven Landwirtschaft, der Glühwürmchen und viele andere Insektenarten gleichermaßen gefährdet. Wer hingegen auf ökologisch produzierte Lebensmittel achtet, Gärten naturnah gestaltet und Lichtverschmutzung vermeidet, leistet einen aktiven Beitrag zum Erhalt der Leuchtkäfer.

Was viele nicht wissen: Die unscheinbaren Larven der Glühwürmchen sind überaus nützlich. Drei Jahre verbringen sie im Erdreich, wo sie mit beachtlichem Appetit Schnecken jagen – nicht selten Beute, die sie an Gewicht um ein Vielfaches übertrifft. Dabei verfolgen sie ihre Opfer zielstrebig anhand der Schleimspur. Erst nach dieser langen Entwicklung verwandeln sich die Larven in Käfer. Doch das Erwachsenenstadium währt nur kurz: Nach Paarung und Eiablage endet ihr Leben.

Gärten, die auf Gift verzichten, heimische Laubsträucher pflanzen und feuchte Rückzugsorte bieten, können zum Refugium für Glühwürmchen werden. Geeignete Pflanzen sind etwa Liguster, Traubenkirsche, Hasel, heimischer Schneeball oder strauchförmige Buchen. Auch Teiche oder Hochstaudenbeete schaffen wertvolle Mikrohabitate. „Perfekt wäre es natürlich, zur Glühwürmchen-Hauptzeit im Juni und Juli gar nicht zu mähen. Zur Not hilft es aber auch schon, wenn Sie das Gras in einem breiten Streifen entlang der Gehölze oder in einer Ecke länger stehen lassen“, empfiehlt Sommerhage.

Asthaufen, Schnittgut und Laub bieten Weibchen Sitzplätze zur Lichtsignalgebung. Auch die Larven nutzen solche Stellen als Rückzugsort und Jagdrevier. Gedüngte Zierrasen sind hingegen denkbar ungeeignet – Leuchtkäfer bevorzugen nährstoffarme, artenreiche Wiesen mit hohem Kräuteranteil.

Ein zentraler Störfaktor ist künstliches Licht. Es hindert die Männchen an der Orientierung und stört die Fortpflanzung. „Wer Glühwürmchen genießen will, sollte auf nächtliches Kunstlicht verzichten. So finden sich Männchen und Weibchen leichter und die nächste Generation Glühwürmchen ist gesichert“, erklärt Sommerhage. Denn in der Nähe von Laternen oder beleuchteten Gärten bleibt das romantische Leuchten oft vergeblich – die Weibchen senden, doch niemand antwortet.

„Wenn das Kunstlicht aus ist, hat man zwischen 22 und 24 Uhr die besten Chancen, die Leuchtkäfer beim Flirten zu beobachten“, so Sommerhage weiter. Wer Leuchtkäfer entdeckt, kann seine Sichtung online unter www.nabu-naturgucker.de eintragen und damit wertvolle Hinweise zur Verbreitung liefern.

In Hessen leben drei Glühwürmchenarten: der Große Leuchtkäfer (Lampyris noctiluca), der Kleine Leuchtkäfer (Lamprohiza splendidula) und der seltener nachgewiesene Kurzflügel-Leuchtkäfer (Phosphaenus hemipterus). Ihre Leuchtkraft erzeugen sie durch Biolumineszenz – eine chemische Reaktion, bei der in ihrem Hinterleib ein spezieller Leuchtstoff mithilfe eines Enzyms gespalten wird. Diese Art der Lichtproduktion ist energetisch hocheffizient: nahezu ohne Wärmeverlust erzeugen die Käfer ein intensives, neongrün schimmerndes Dauerlicht.

Interessant ist der Unterschied zwischen den Geschlechtern: Während die Männchen flugfähig sind und einem typischen Käfer ähneln, gleichen die Weibchen – auch im Erwachsenenalter – noch den flügellosen Larven. Sie bleiben auf dem Boden und locken die Männchen mit ihrem Leuchten von erhöhten Sitzplätzen wie Halmen oder Sträuchern an.

Mit einfachen Maßnahmen kann man im eigenen Garten dazu beitragen, das Überleben der Leuchtkäfer zu sichern. Wer auf nächtliches Licht verzichtet, naturbelassene Bereiche zulässt und giftfreie Gärten pflegt, schenkt nicht nur den Glühwürmchen eine Zukunft, sondern auch sich selbst ein Stück Magie zurück.

pe/red

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