Seine Patienten haben sich längst an den Anblick gewöhnt: Wenn Landarzt Dr. Alexander Kauka zum Hausbesuch oder in die Praxis kommt, fährt er mit dem Rad.
„Das Auto stehen zu lassen und auf dem Fahrrad zu sitzen, ist herrlich“, sagt der 56-Jährige: „Dazu kommt das Gefühl, zumindest einen kleinen Beitrag für die Umwelt zu leisten.“ Dabei gibt es im 2000-Einwohner-Dorf Großseelheim bei Marburg keinen einzigen Radweg. Erst, wenn er über Land in die Nachbarorte radelt, kann er zum Beispiel die Radwege auf dem Deich des Ohm-Rückhaltebeckens als Abkürzung benutzen. Der 56-jährige Arzt fährt auch nicht mit einem neuen E-Bike, sondern mit einem 20 Jahre alten Trekkingrad, das ihm ein Handwerker aus dem Ort auf Elektro umgerüstet hat.
Angefangen hat er mit dem Dienstradeln vor sechs Jahren, nachdem er einige Wochen beim sogenannten Stadtradeln Marburgs mitgemacht hatte: „Gewohnheiten zu ändern, ist ja bekanntermaßen nicht so einfach“, erzählt der Mediziner. Aber danach wollte er das Rad nicht mehr missen. Der Haken: Wie sollte er die sperrige Arzttasche transportieren? Ein Freund brachte ihn auf eine gute Idee. Jetzt nimmt er mit Fächern ausgestattete Radtaschen zum Aushängen, in denen Stethoskop, Blutdruckmessgerät, Kanülen, Verbandsmaterial und Medikamente wohl geordnet unterkommen. Nicht ganz so schick wie die Ledertasche, aber praktischer. Seitdem ist er insgesamt mehr als 10.000 Kilometer geradelt, jede Woche zwischen 50 und 100 Kilometer. Zudem hat er bei seinen Hausbesuchen in die umliegenden Dörfer festgestellt, dass er mit dem Rad kaum mehr Zeit braucht.
Dabei ist Alexander Kauka nach eigener Einschätzung weder „Super-Sportler“ noch „Hardliner“. Wenn es in Strömen regnet, nimmt auch er den Familien-Golf. Und wenn er spontan zu einem Notfall gerufen wird, kann er in das Auto eines Kollegen steigen.
Das Echo der Patienten sei gut, erzählt der aus Berlin stammende Mediziner, den das Studium nach Marburg verschlug. Manche hat er auch schon angesteckt. So schwingt sich ein Kollege aus der Gemeinschaftspraxis, in der er sich vor 17 Jahren niedergelassen hat, inzwischen regelmäßig aufs Rad. Und seine Ehefrau, eine Frauenärztin, die im 17 Kilometer entfernten Stadtallendorf praktiziert, macht sich ebenfalls immer häufiger mit dem Rad auf den Weg. „Ich finde es schön, wenn das Schule macht“, sagt Kauka.
gec