Hessisches Literaturfestival mit Adriana Altaras, Terézia Mora und Jörg Hartmann im April 2024 unter dem Motto “Denk‘ ich an Deutschland”.

Beim “Literarischen Frühling in der Heimat der Brüder Grimm” ist neben der zeitgenössischen Literatur auch die angespannte politische Lage in Deutschland und Europa erneut ein großes Thema. So tritt bei dem nordhessischen Festival am Dienstag, dem 23. April 2024, in Frankenberg der frühere Bundespräsident Joachim Gauck mit seinem neuesten Buch “Erschütterungen” auf. Einen Tag später wird einer der bedeutendsten russischen Schriftsteller der Gegenwart, der heute in Berlin im Exil lebende Viktor Jerofejew, erwartet. Er präsentiert seinen neuesten Roman “Der Große Gopnik”, in dem er sich mit der diktatorischen Herrschaft von Wladimir Putin und der unseligen Tradition der Unfreiheit und Unterdrückung in Russland befasst.

“Mit beiden Autoren”, so ist die Leiterin des Festivals Christiane Kohl sicher, “werden wir intensive politische Reflexionen erleben, die weit über den Tag hinaus die Hintergründe unserer gegenwärtigen Krisen beleuchten.“ Der frühere Bundespräsident, der während der Corona-Zeit 2021 erstmals beim Literarischen Frühling zu Gast gewesen war, untersucht nach den Worten von Kohl in seinem neuen Buch “Erschütterungen – was unsere Demokratie von außen und innen bedroht” genau jene Fragen, die zum Motto des Literarischen Frühlings 2024 geführt haben: “Denk‘ ich an Deutschland”.

“Denk’ ich an Deutschland”

Der russische Autor Viktor Jerofejew zähle wie Gauck zu den zahlreichen prominenten Intellektuellen in Europa, die den Überfall der russischen Armee auf die Ukraine am 22. Februar 2022 entschieden verurteilt und eine sofortige Beendigung des Angriffskrieges verlangt hätten. “Sein rasanter Witz und seine originelle Art des Umgangs mit schwierigen Stoffen sind für uns Deutsche eine neue, inspirierende Erfahrung, die ungeachtet der behandelten Probleme auch noch vergnüglich sein kann.”

Viktor Jerofejew, als Sohn eines Sowjet-Diplomaten in privilegierten Umständen aufgewachsen, war zu Sowjetzeiten als junger Schriftsteller wegen kritischer Äußerungen mit Publikationsverbot belegt worden. Nach der Wende 1989 erregte er internationales Aufsehen mit seinem in 27 Sprachen übersetzten Roman “Die Moskauer Schönheit”. Als Folge des russischen Einmarschs in die Ukraine verließ er im April 2022 mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern Moskau im Auto: Über Finnland und das Baltikum fuhr er bis nach Deutschland, seither lebt er im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg.

Prominente Gäste

Neben Gauck und Jerofejew sind beim Literarischen Frühling vom 19. bis 28. April auch eine ganze Reihe weiterer prominenter Autorinnen und Autoren zu Gast. Zu ihnen zählen Adriana Altaras, Durs Grünbein, Terézia Mora, Anne Rabe, Rüdiger Safranski, Stephan Thome und Jan Wagner, “allesamt Schriftsteller, die zur ersten Garde der deutschen Gegenwartsliteratur zählen”, wie Christiane Kohl erklärt. Jan Wagner tritt am Sonntag, dem 21. April, in einer Bäckerei in Sachsenberg-Lichtenfels auf. Besondere Akzente setzen auch der als „Tatort“-Kommissar bekannte Schauspieler Jörg Hartmann mit einem Erinnerungsbuch sowie der Autor Rafik Schami mit seinen orientalischen Erzählungen. Der Frankfurter Professor Marcus Willaschek stellt sein viel gelobtes, sehr anschaulich geschriebenes Buch über den wichtigsten deutschen Philosophen Immanuel Kant vor, dessen Geburtstag sich in der Festival-Woche zum 19. Mal jährt.

Zum 50. Todestag wird auch des Schriftstellers Richard Huelsenbeck gedacht, der 1892 in Frankenau bei Frankenberg geboren ist und 1916 in Zürich zu den Begründern des Dadaismus gehörte, die revolutionäre literarisch-künstlerische Bewegung hatte weltweit großen Einfluss auf das Kulturleben. Huelsenbeck zu Ehren bestreitet der Frankfurter Aktions- und Bühnenkünstler Michael Quast am Donnerstag, den 25. April 2024 in Frankenau einen turbulenten Dada-Abend.

Nähere Einzelheiten zum Programm finden sich auf www.literarischer-fruehling.de.

pe/red

Bilder mit freundlicher Genehmigung von Martin Walz, Silvia Medina und Antje Berghäuser