Vögel können wesentlich dazu beitragen, dass auf entwaldeten Flächen wieder Pflanzen sprießen. Eine Studie mit Beteiligung aus Marburg hat nun herausgefunden: Große Vogelarten sind besonders effiziente Förster.

Ganz gleich ob Amsel, Mönchgrasmücke, Rabenkrähe oder Mönchsgrasmücke – Früchte und Samen gehören zum Nahrungsspektrum vieler europäischer Vogelarten. Damit tragen Vögel ganz wesentlich dazu bei, dass Pflanzen sich ausbreiten können. Eichelhäher legen beispielsweise Nahrungsvorräte aus Eicheln oder Bucheckern an, aus denen später Bäume wachsen können. Bei andere Vogelarten passieren die Pflanzensamen unbeschädigt den Verdauungstrakt und reisen auf diese Weise zu neuen Standorten. Ausbreitungsmechanismen dieser Art sind in der Biologie unter dem Namen “Ornithochorie” bekannt. Der Frage, welche Rolle Vögel bei der natürlichen Wiederbewaldung spielen, hat kürzlich eine internationale Forschungsgruppe beschäftigt. Daran beiteiligt waren auch Wissenschaftler*innen aus Marburg. „Es war bislang noch wenig bekannt, wie sich Gemeinschaften fruchtfressender Vögel vom Wald zu den mittlerweile vorherrschenden ‘entwaldeten Landschaften’ aus Feldern, Weideland und Siedlungen, in denen Waldgebiete nur als kleine Flecken eingebettet sind, verändern“, erklärt Naturschutzökologin Nina Farwig von der Philipps-Universität. „Uns hat interessiert, ob Tierarten mit Merkmalen, die in diesen offenen Lebensräumen weniger vorteilhaft sind, verloren gehen oder ersetzt werden und ob solche Veränderungen letztlich auch beeinflussen, welche Pflanzenarten durch die Tiere ausgebreitet werden.“

Für die Studie sammelte das Team über den Zeitraum von einem Jahr Kotproben von Vögeln – an insgesamt sieben verschiedenen Orten in Europa. Von besonderem Interesse waren dabei isolierte Bäume – Vögel nutzen diese oft als Sitzwarten, wenn sie sich durch offene Gebiete bewegen. Dabei kamen insgesamt 3.313 Kotproben zusammen, die 15.260 Samen enthielten. Per DNA-Analyse konnten die Wissenschaftler*innen feststellen, welche Tierarten die Samen im Wald und im genutzten Offenland in den sieben über Europa verteilten Untersuchungsgebieten ausgebreitet haben.

Ihre Ergebnisse haben die Wissenschaftler*innen im Wissenschaftsmagazin „PNAS“ festgehalten. „Unsere Auswertungen zeigen, dass die Anzahl der fruchtfressenden Vogelarten in und rund um Wälder ähnlich hoch ist. Die Zusammensetzung der Vogelgemeinschaften unterscheidet sich aber deutlich“, berichtet Sascha Rösner, ebenfalls ein Mitverfasser der Philipps-Universität. „In weitgehend entwaldetem Gelände finden sich fruchtfressende Vögel, die größer und mobiler sind als entsprechende Arten im Wald. Sie verbreiten zudem die Samen von Pflanzen, die ihrerseits größer sind, mehr Samen tragen und erst spät im Jahresverlauf Früchte bilden.“ Da die Merkmale von Pflanzen und Tieren bestimmen, welche Pflanzenart von welcher Tierart gefressen wird, wirken Veränderungen in der Zusammensetzung der Tiergemeinschaften letztlich wie ein Filter, der bestimmt, welche Pflanzenarten in verschiedenen Lebensräumen ausgebreitet werden, so die Autor*innen.

Die Studie unterstreiche auch, wie wichtig kleine Waldflecken in der offenen Landschaft für die Wiederbewaldung seien. Diese dienten sowohl den Pflanzen als auch fruchtfressenden Tieren als Reservoir. Die Autor*innen schlagen deswegen vor, isolierte Bäume in offenen Gebieten zu pflanzen. Auf diese Weise könne die natürliche Wiederbewaldung auf nicht-bewirtschafteten Flächen fördern.

LB

Bild mit freundlicher Genehmigung von Sascha Roesner