Korrosion, ein plötzlicher Temperaturabfall und schlechter Stahl – offenbar gibt es mehrere Gründe, warum die Hörsaaldecke im Landgrafenhaus im Dezember 2023 einstürzte. Zu diesem Schluss kommt ein finales Gutachten der Uni Marburg.
Damit hat die Spurensuche rund 14 Monate nach dem Einsturz ein Ende gefunden. Wie die Uni Marburg in einer Pressemitteilung erklärt, trugen gleich mehrere Faktoren zum Kollaps der Hörsaaldecke bei. An erster Stelle nennt die Hochschule „Materialermüdung aufgrund von Korrosion“. So seien die Stahlstäbe und Stahllaschen, an denen die historische Holzkassettendecke hing, im Inneren verrostet gewesen.
Auslöser dafür sei einerseits, dass das Gebäude während der Corona-Pandemie weniger beheizt wurde – in der Folge erhöhte sich die Luftfeuchtigkeit und an einer Dämmschicht sammelte sich Kondenswasser. Andererseits trage die Decke seit der letzten Sanierung in den Jahren 2011 und 2012 eine größere Last. Damals wurde eine Dämmung auf die Decke aufgebracht und eine Lüftungsanlage installiert. Zudem sei beim Bau des Landgrafenhauses nicht nur hochwertiger Stahl verwendet worden – dieser stamme aus der Zeit des Ersten Weltkriegs und die Qualität sei „uneinheitlich“. Das habe die Festigkeit insgesamt vermindert.
In der Unglücksnacht habe auch das Wetter den Stahl strapaziert, denn vom 2. auf den 3. Dezember sank die Temperatur schnell unter den Gefrierpunkt. Eine Materialprüfung ergab der Universität zufolge, dass zunächst nur eine der insgesamt 12 Deckenaufhängungen riss. Das habe eine „kinetische Kettenreaktion“ ausgelöst, bei der acht weitere Stahlteile versagten.
Da sich der Unfall zwischen elf und zwölf Uhr nachts ereignete, wurde niemand verletzt. Das gesamte Gebäude kann seitdem nicht mehr genutzt werden. Die Lehre muss auf andere Räume – beispielsweise das Seminargebäude am Pilgrimstein – ausweichen. Bis Studierende den Hörsaal wieder betreten können, werden voraussichtlich mehrere Jahre vergehen. Andere Gebäudeteile könnten jedoch bald wieder eröffnet werden. Denn eine statische Prüfung ergab, dass ein Großteil des Landgrafenhauses sicher ist. So plant die Uni den Bezug mehrere Büros im ersten Quartal 2025. Zudem beherbergt das Landgrafenhaus drei kleinere Hörsäle, in denen die Universität aktuell die Decken verstärken oder erneuern lässt. Alle drei sollen planmäßig im kommenden Wintersemester wieder geöffnet werden.
LB/pe