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Thema der Woche | 15. August 2019

Aus der Goldschmiede in den Hörsaal

Studieren ohne Abi in Hessen

Ein junger Mann mit Leidenschaft für Geschichte erfüllt sich denTraum von einem Hochschulstudium – So gewöhnlich diese Geschichte klingt, so be­son­ders ist sie bei genauerem Hinsehen, denn statt Abitur zu machen hat sich der junge Mann nach der mittleren Reife für eine berufliche Ausbildung zum Goldschmied entschieden. Dass er nun trotzdem studieren kann, verdankt er einem deutschlandweit einzigartigen Modellversuch des hessischen Wissen­schafts­ministeriums. Im Rahmen dieses noch bis 2021 laufenden Projekts ist es möglich, mit mittlerer Reife und einer erfolgreich absolvierten 3-jährigen Berufs­ausbildung an hessischen Hochschulen zu studieren. "Die Berufs­aus­bildung muss nach 2011 abgeschlossen worden sein", erläutert Astrid Specht von der Zentralen Allgemeinen Studienberatung (ZAS) in Marburg. Auch ein guter Notendurchschnitt sowie eine schriftliche Vereinbarung mit der Uni, in der eine Mindestanzahl zu erreichender Leistungspunkte für die ersten Semester festgelegt wird, seien notwendig für die Aufnahme eines Studiums. Sind diese Bedingungen erfüllt, kann aber mit wenigen Ausnahmen (z.B. Medizin und Jura) frei aus allen angebotenen Fächern gewählt werden. "Die Idee dahinter ist es, die Barriere zwischen beruflicher und akademischer Bildung abzubauen", so Specht.

In ganz ähnliche Richtung gab es auch bundesweit schon Vorstöße, sodass es schon auf drei verschiedenen Wegen ganz offiziell möglich ist, ohne Abitur zu studieren: So wird eine eine bestandene Meisterprüfung im handwerklichen oder industriellen Bereich heute als gleichwertig mit einer Fachhochschulreife anerkannt. Nach Abschluss einer Berufsausbildung kann außerdem auch über die Teilnahme an bestimmten Weiterbildungsmaßnahmen, beispielsweise zum "Fachkaufmann Personal", ein solcher Status erreicht werden. Ein dritter Weg, den Astrid Specht jedoch als "sehr anspruchsvoll" bezeichnet, ist das Schreiben einer fachspezifischen "Hochschulzugangsprüfung". Bedingung hierfür ist eine abgeschlossene Berufsausbildung, die im gleichen Bereich angesiedelt ist wie der gewählte Studiengang.

Auch wenn diese drei Möglichkeiten mit leichten regionalen Unterschieden bundesweit zulässig sind, zeichnet sich das Land Hessen mit seinem Modell­versuch durch eine besonders große Offenheit der Hochschulen aus. Wie wichtig es ist, weiter an dieser Offenheit zu arbeiten, zeigt der immer weiter wachsende Mangel an Fachkräften, vor allem in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik), der Specht zufolge in absehbarer Zeit nicht mehr aufzufangen sein wird, wenn nur reguläre Abiturienten an die Hochschulen kommen. In der Bevölkerung sei die Option, ohne Abi zu studieren allerdings noch weitgehend unbekannt, sagt Specht: "Viele wissen überhaupt nicht, was sie für Möglichkeiten haben!".

Auch deshalb setzt sich das Team der Zentralen Allgemeinen Studienberatung (ZAS) in Marburg dafür ein, besser über Möglichkeiten und Chancen für Berufs­quali­fi­zierte an der Uni aufzuklären. Ein Überblick zu dem Thema ist unter www.uni-marburg.de/de/studium/bewerbung/beruflich-qualifizierte bereits zu finden, in Kürze soll außerdem noch ein Flyer veröffentlicht werden. Auch zu Infoveranstaltungen will die Studienberatung einladen, das nächste Mal am 6. November 2019 um 18.00 Uhr in die Biegenstraße 12.

Ob der Modellversuch ein Erfolg war, wird sich erst bei einer ausführlichen Evaluation nach Beendigung des Projekts im Jahr 2021 herausstellen.

Der junge Goldschmied ist nach einem Fachwechsel nun für Soziologie ein­ge­schrieben und mit seinem Studium seither sehr glücklich – für ihn hat sich das Projekt also zumindest schon gelohnt.

Judith Hauff

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