Kidical Mass am 27. September
Am Samstag, 27. September, verwandelt sich Marburg erneut für einige Stunden in eine Fahrradstadt. Anlass ist die „Kidical Mass“, eine Demonstration für sichere Radwege und kindgerechte Mobilität. Der Startschuss fällt um 11 Uhr am Elisabeth-Blochmann-Platz. Seit 2021 gehört die Kidical Mass fest zum Veranstaltungskalender der Universitätsstadt. Zweimal jährlich, im Frühjahr und Herbst, versammeln sich Kinder, Familien und Unterstützer zu einer gemeinsamen Fahrt durch die Innenstadt. Ziel ist es, auf die besondere Gefährdung von Kindern im Straßenverkehr aufmerksam zu machen und für eine bessere Radinfrastruktur zu werben.
Die Besonderheit der Veranstaltung liegt im Konzept: Anders als bei klassischen Fahrrad-Demonstrationen steht das Tempo und die Sicherheit von Kindern im Mittelpunkt. Teilnehmen können Familien mit Fahrrädern, Laufrädern oder Anhängern. Die Strecke wird von der Polizei begleitet, so dass auch die jüngsten Verkehrsteilnehmer unbeschwert mitfahren können. Das Motto ist klar: Straßen sollen nicht nur für Autos, sondern für alle da sein.
Die Bewegung ist Teil einer internationalen Initiative. Weltweit beteiligen sich laut Veranstalterangaben mehr als 125.000 Menschen an über 500 Orten in rund 20 Ländern. Über 1.000 lokale Organisationen tragen die Idee, flankiert von großen Partnern wie dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC), Greenpeace, dem Deutschen Kinderhilfswerk oder Parents for Future.
Historisch betrachtet knüpft die Kidical Mass an die ältere „Critical Mass“-Bewegung an, die seit den 1990er Jahren regelmäßig Radfahrten als Protestform organisiert. Der Name „Critical Mass“ bezieht sich dabei auf den Punkt, an dem die Masse von Radfahrern so groß wird, dass sie unübersehbar ist und die Verkehr sich auch nach ihren Bedürfnissen ausrichten muss. Auch in Marburg treffen sich an jedem dritten Donnerstag im Monat Radfahrerinnen und Radfahrer, um gemeinsam Präsenz im Verkehr zu zeigen. Während die Critical Mass vor allem auf Sichtbarkeit setzt, fokussiert die Kidical Mass gezielt die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen.
Der Hintergrund ist ernst: Nach Angaben von Verkehrssicherheitsinitiativen sind Kinder auf dem Fahrrad besonders gefährdet. Häufig fehlen sichere Radwege, Autos überholen zu dicht oder blockieren Radstreifen. Für junge und unerfahrene Radfahrer entstehen dadurch erhebliche Risiken. Die Organisatoren betonen, dass ein kindgerechtes Verkehrssystem nicht nur sichere Schulwege ermöglichen müsse, sondern auch Bewegungsfreiheit und Lebensqualität. Verkehrsflächen sollen nicht allein Transitwege sein, sondern Räume zum Spielen, Begegnen und Verweilen.
Die gesellschaftliche Dimension wird durch aktuelle Studien unterstrichen. Sie zeigen, dass Kinder heute weniger eigenständig mobil sind als frühere Generationen. Gleichzeitig wächst der Bedarf, aktive Fortbewegung wie Radfahren oder Zufußgehen zu fördern – nicht nur aus Gründen der Verkehrssicherheit, sondern auch im Hinblick auf Gesundheit und Klimaschutz.
In Marburg selbst nehmen regelmäßig bis zu über 100 Menschen an der Kidical Mass teil. Das Spektrum reicht von Kindern, die ihre ersten Meter auf dem Fahrrad zurücklegen, bis hin zu Studenten und Eltern, die gemeinsam ein Zeichen für nachhaltige Mobilität setzen wollen. Die Stimmung ist bunt und fröhlich: Musik, bunte Fahnen und geschmückte Fahrräder verleihen der Demonstration einen festlichen Charakter.
Trotz des spielerischen Rahmens verstehen die Initiatoren ihre Aktion als klare politische Botschaft. Sie fordern eine konsequente Umgestaltung des Verkehrsraums, die sich stärker an den Bedürfnissen von Kindern und Familien orientiert. Sichere Radwege, weniger Autoverkehr und eine gerechte Aufteilung des Straßenraums seien entscheidende Voraussetzungen, um Kindern eine selbstständige und sichere Mobilität zu ermöglichen.
Die nächste Gelegenheit zur Teilnahme bietet sich am Samstag, 27. September. Treffpunkt ist um 11 Uhr am Elisabeth-Blochmann-Platz. Organisatoren und Unterstützer hoffen, dass sich erneut zahlreiche Familien, Studenten und Radbegeisterte anschließen, um zu zeigen: Straßen gehören allen – nicht nur den Autos.
pe/MiA