Im historischen Gebäude in der Bahnhofstraße 6 gibt es künftig nur noch Bankgeschäfte, Postsendungen laufen über „Filialpartner“.

In der Marburger Bahnhofstraße ist zum Jahresende eine Ära zu Ende gegangen: Gut 140 Jahre lang wurden hier Briefe verschickt, Pakete frankiert und Einschreiben angenommen. Doch das 1884 von der Reichspost errichtete Gebäude beherbergt in Zukunft nur noch die – zur Deutschen Bank gehörende – Postbank. Wer Pakete loswerden will, muss neuerdings in die Oberstadt stapfen. Am Roten Graben und am Steinweg kümmern sich Filialpartner um die gelben Anliegen.

Wie es zum Ende des Postbetriebs kam

Die Geschichte dahinter ist kompliziert: Schon seit Mitte der 1990er Jahre wurde die Deutsche Post zu einer börsennotierten Aktiengesellschaft. Die Telekommunikation wurde abgespalten. Und die Postbank kam ab 2009 in mehreren Schritten zur Deutschen Bank. In der Folge wurden zunächst die kleineren Postämter geschlossen. Und im Laufe der Jahre wurden in Deutschland Tausende von Partnerfilialen eingerichtet, die oft mit Kiosken, Supermärkten oder Schreibwarenläden verbunden sind.

Weitgehend unbemerkt von der Marburger Bevölkerung änderten sich auch die Zuständigkeiten in der Bahnhofstraße. Der ehrwürdige Standort geriet nämlich unter die Ägide der Postbank, die ja inzwischen zur Deutschen Bank gehört. Es war auch in den vergangenen Jahren bereits die Bank, die mit eigenem Personal die Dienstleistungen der Post anbot. Das fiel zunächst nicht auf, weil es weiterhin die gewohnten Postschalter und zum Teil auch die gewohnten Mitarbeitenden gab.

Postbank setzt auf Beratung – Post sucht weiter Standort

Doch nun möchte sich die Postbank als Teil der Deutschen Bank in Marburg auf ihr Kerngeschäft konzentrieren, sagt Sprecher Oliver Rittmaier. Am Standort wird künftig eine „Beratungsfiliale“ eingerichtet, die auf persönliche Beratung rund um das Thema Geld setzt. Die Schalter sind schon hinter einem riesigen Plakat verschwunden. Eine neue „Postbank Lounge“ soll es nach einem Umbau 2026 geben. Immerhin: Betriebsbedingte Kündigungen wurden ausgeschlossen. Die Beschäftigten wurden übernommen, gingen in Altersteilzeit oder erhielten Abfindungen.

Die Post selbst hatte nicht vor, den Standort aufzugeben, berichtet Mittelhessen-Sprecher Thomas Kutsch auf Anfrage. Allerdings ist er mit den – sich ergänzenden – Öffnungszeiten der Partnerfilialen am Roten Graben und am Steinweg sehr zufrieden, weil man damit werktags in der Zeit von 9.30 Uhr bis 20 Uhr (samstags von 10 bis 18 Uhr) Päckchen und Pakete aufgeben sowie Sendungen abholen könne. Die Filiale in der „Geschenkebox“ (Roter Graben) wurde sogar eigens als Ersatz für die alte Post in der Bahnhofstraße eröffnet. Freilich ist der Standort sowohl mit dem Auto und dem Rad als auch zu Fuß mit schweren Paketen im Arm nicht ganz einfach erreichbar, was auch im Stadtparlament kritisiert wurde. Thomas Kutsch versichert deshalb: „Wir suchen weiter nach einem Standort in der Bahnhofstraße“. Auch mit Unterstützung der Stadtverwaltung hatten sie allerdings bislang keine Alternative gefunden.

Übrigens: Die 1975 erbaute neue Hauptpost Marburgs in der Zimmermannstraße 2 ist ein Beispiel für den „Brutalismus“ der 1970er Jahre und steht deshalb unter Denkmalschutz. Dort konnte man früher ebenfalls Postgeschäfte erledigen. Inzwischen sitzt die bundesweit agierende Briefermittlungsstelle in dem großen Gebäude. Bei den „Detektiven von der Post“ landen täglich Tausende von Briefen und Päckchen, die auf den ersten Blick weder Absender noch Empfänger zugestellt werden konnten.

„Filialpartner“

Die nächsten Partnerfilialen in der Nähe des bisherigen Standorts sind:
Geschenkebox: Roter Graben 1, montags von 9.30 bis 14.30 Uhr, dienstags bis freitags 9.30 bis 14.30 Uhr und 17.30 bis 20 Uhr, samstags 14 bis 18 Uhr.
Paper & More: Steinweg 16, montags bis freitags 10 bis 18 Uhr, samstags 10 bis 13 Uhr.

gec

Bild mit freundlicher Genehmigung von Gesa Coordes