Das Doku-Filmfestival „Globale Mittelhessen“ läuft in diesem Jahr vom 25. Oktober bis zum 10. November. Petra Firnkes und Astrid Pohl aus dem Festivaleteam stellen im Interview die Highlights vor.
Mit der diesjährigen 15. Ausgabe des Filmfestivals könnt ihr schon ein kleines Jubiläum feiern. Worauf gründet diese Kontinuität und was macht die Besonderheit des Festivals aus?
Petra Firnkes: Die Globale zeigt nicht nur Filme; unser Anliegen war es von Anfang an, den Zuschauer*innen nicht nur Bilder und Informationen aus allen Regionen der Welt zur Verfügung zu stellen, sondern diese im anschließenden Filmgespräch mit Expert*innen oder den Regisseur*innen zu vertiefen, in einen größeren Kontext einzuordnen und Lösungsansätze für Probleme zu diskutieren, zu denen wir hier vor Ort beitragen können. Ich denke diese Verbindung von Dokumentarfilm und Publikumsgespräch macht die Besonderheit des Festivals aus und hat uns zu der Kontinuität verholfen. Zudem ist die Globale ein Mitmachfestival; wir sind offen für alle, die sich die Organisation eines Festivals von innen anschauen wollen, die über das Jahr Filme aussuchen und besprechen oder im Allgemeinen helfen wollen.
Astrid Pohl: Zudem zeigen wir schon immer auch Filme, die sonst nirgendwo zu sehen wären, weder auf den Streamingkanälen noch in der Fernsehlandschaft. Das spricht nicht nur Cineasten an. Es hat sich rumgesprochen, dass bei uns „Perlen“ zu finden sind.
Nun sind ja die Probleme auf der Welt, von Kriegen, Migration, Folgen des Klimawandels, sozialen, ökonomischen und politischen Ungleichheiten etc. hinreichend bekannt. Wodurch bekommt ihr dennoch euer Publikum?
Astrid Pohl: Es ist immer wieder schön zu sehen und zu erfahren, dass hinter den sozialen Bewegungen und deren Kämpfen starke Menschen stehen. Trotz der patriarchal geprägten Gesellschaften sind es mehrheitlich sogar eher Frauen, die an vorderster Front stehen und nicht aufgeben. Das ist beeindruckend. Verbunden mit den Filmgesprächen kann dies Motivation, Mut und Kraft vermitteln.
Petra Firnkes: Im Laufe der Jahre hat sich die Globale Mittelhessen einen gewissen Bekanntheitsgrad erarbeitet. Das schlägt sich auch bei der Filmbegleitung nieder. So konnten wir wieder etliche Regisseur*innen für die Filmgespräche gewinnen. Ebenso freuen wir uns etwa auf Lilith Raza aus dem Queeren Netzwerk NRW, die den Film „Code der Angst“ über Schwulenverfolgung in Kamerun begleiten wird, auf den israelischen Schriftsteller, Übersetzer und Publizisten Tomer Dotan-Dreyfus für den Film „No other land“ über den Konflikt im Westjordanland oder über Dr. Boniface Mabanza Bambu, Referent der Kirchlichen Arbeitsstelle Südliches Afrika in Heidelberg für den Film „Das leere Grab“, der von dem immer noch nicht abgeschlossenen deutschen kolonialen Erbe handelt.
Was sind die Höhepunkte im diesjährigen Programm?
Astrid Pohl: Bei insgesamt 34 Filmen im Programm haben wir einen kleinen Schwerpunkt Israel/Palästina mit „No other land“ über die israelische Landaneignung im Westjordanland und über die ungemein schwierige Verständigung und Vertrauensbildung zwischen Israelis und Palästinensern mit dem Film „Face to Face 2022“. Bei beiden Filmen wollen wir mit den Referent*innen über Perspektiven und Möglichkeiten sprechen, wie dieser jahrzehntelange Konflikt beendet werden könnte, selbst wenn es momentan unmöglich erscheinen mag.
Petra Firnkes: Ein weiterer Schwerpunkt liegt wiederum auf Südamerika: mit „Ein Traum von Revolution“ schauen wir auf das Erbe der Umwälzungen in Nicaragua. Das finde ich unter anderem sehr spannend, da Nicaragua damals eine hohe Anziehungskraft auch auf deutsche Jugendliche hatte. Mit „Mi pais imaginario“ blicken wir Richtung Chile nach der gescheiterten Verfassungsabstimmung, mit „Patrullaje“ auf aktuelle Umweltprobleme in Nicaragua oder mit „Pixadores“ auf eine künstlerisch-soziale Bewegung in Brasilien.
Petra Firnkes: Natürlich kommen auch andere Themen nicht zu kurz: aus Afrika zum Beispiel haben wir wieder mehrere Filme, darunter eine filmisch-poetische Hommage ans Kino mit dem sudanesischen Film „Talking about trees“. Insgesamt decken wir mit der diesjährigen Auswahl ein sehr breites thematisches Spektrum ab. Themen wie Schutz der natürlichen Ressourcen, Feminismus, Zukunftsperspektiven oder über Kämpfe um Selbstbestimmung und Demokratie sind nicht neu, in diesem Jahr jedoch filmisch ganz besonders eindrucksvoll umgesetzt und aus neuen Perspektiven thematisiert.
Interview: kro
Eröffnung
Die „Globale Mittelhessen – Filmfestival für globale Gerechtigkeit“ wird am Freitag (25. Oktober) um 19 Uhr 30 im Marburger Kino Capitol mit dem Film über das gleichnamige Lied „Bella Ciao“ eröffnet.
Das komplette Programm: www.globalemittelhessen.de