Outdoor-Performance-Oper im Rahmen des Sommerprojekts des Theater GegenStand.

3 Akte – 3 Tageszeiten – 3 Locations: Eine Outdoor-Performance-Oper verspricht Theater Gegenstand in seinem diesjährigen Sommerprojekt „Von Bäumen und Büchern“ an den Wochenenden 5./6. und 12./13. August. Klingt verlockend, aber was soll das eigentlich sein – eine Outdoor-Performance-Oper? Das findet das künstlerische Team aus Inga Blix, Stefan Blix und Sabine Manke gerade heraus. Noch ist offen, ob tatsächlich jemand singen wird, auch wenn Musikalisches, Klänge, Töne und selbst das Rauschen des Waldes zum Zuge kommen werden. Schließlich geht es um ein Thema von opernmäßiger Dramatik: das großartige, ungeklärte und für immer mehr Arten und Weltregionen fatale Verhältnis von Mensch und Natur. Ein Thema wie ein Trommelwirbel wie ein Wirbelsturm. Deswegen also: eine Oper.

Dabei war der Ausgangspunkt des Projekts eine eher zarte Frage: Was bedeutet es, dass Bücher aus Bäumen gemacht werden? Für die Bäume, aber auch für die Bücher und die Menschen, die in ihnen lesen – nicht zuletzt Geschichten über Pflanzen, Bäume, Tiere. „Denn ja, auch für besonders edles, holzfreies Papier werden Bäume zu kleinen Holzchips und dann zu einer ziemlichen Pampe verarbeitet, bevor sie schließlich – Magic! – in gigantische Rollen oder Bögen von Papier verwandelt werden.“ Der Frage nach dem poetischen und materiellen „Stoffwechsel“ zwischen Bäumen und Büchern geht das Projekt in drei verschiedenen Akten an drei verschiedenen Tageszeiten und an drei verschiedenen Orten nach. Alle drei Akte sind für sich genommen jeweils als eigenständige Performance konzipiert. „Heißt: Niemand muss alle drei Akte sehen und zumindest bleibt, falls dies doch gewünscht ist, die Reihenfolge jedem und jeder selbst überlassen“, informiert das Team.

Die Akte folgen in groben Zügen und großen Sprüngen der Menschheitsgeschichte:

Akt 1 empfängt die Zuschauer zu einem performativen Rundgang in einem Waldstück oberhalb der evangelischen Hochschule Tabor. Er beginnt in der Frühe des Vormittags – geplant ist 10 Uhr – und widmet sich der Frühe der Menschheit: der Zeit, als alle noch in den Bäumen lebten, eine Welt vielleicht mit Sprache und Kultur, aber ohne Bücher. Erarbeitet und aufgeführt wird dieser Teil nicht zuletzt mit Unterstützung zahlreicher junger Darsteller und vor allem in Kooperation mit dem Kindergarten Schröck.

In einem gewaltigen Zeitsprung führt Akt 2 die Zuschauer ins 19. Jahrhundert und zudem an einen besonderen Ort ehemaliger Naturverwertung: den Alten Steinbruch am Lollarer Berg. Je nach Wetter wird hier gegen 15 Uhr entweder das üppige Wuchern von Bodendeckern und Flechten oder aber die bunte Trockenheit derselben in einen Wettkampf treten mit der grandiosen Natur des Buches und der Natur, wie Bücher sie in Texte und Verse bannen. Ein Wettstreit, von dem beide Seiten überzeugt sind, ihn gewinnen zu können.

Akt 3 schließlich versammelt alle gegen 20 Uhr um einen riesenhaften Stumpf, eine wirklich dicke Buche am Wegrand der Schächerbachtour in Homberg (Ohm), die einer Zündelei zum Opfer fiel. Ein majestätischer, trauriger und erhabener Ort, an dem das Leben trotzdem weiterwuchert und gefeiert werden möchte. Im Dreisatz der Oper verbindet sich in diesem Akt die Zukunft mit der Vergangenheit: Es geht um die Bücher und Geschichten, die gelesen wurden, um Familienbücher, um Abstammung und Verantwortung.

Die ökologischen Fragen im Zentrum der Performance sind auch bei der Umsetzung der Performance von Bedeutung: „Das Team will keine Materialschlacht und keinen technischen Overkill.“ In Zeiten von „Green Culture“ wird die Produktion zum Testfall. „Die Oper will sich an die Gegebenheiten des am Ort Vorgefunden anpassen, muss die richtige Lautstärke finden sowie Rücksicht nehmen auf den Wald – und leider auch die rauschenden Motoren der B3.“

Zudem hat sich das Team zum Ziel gesetzt, die manchmal überraschende und manchmal deprimierende Leistungsfähigkeit des regionalen öffentlichen Nahverkehrs im Rahmen des Projekts sichtbar zu machen. Rechtzeitig vor den Performance-Tagen im August werden sich auf der Projekt-Homepage sämtliche Annäherungswege per Bus, Bahn, Fahrrad und zu Fuß wiederfinden. Sicher wird dann auch die eine oder andere Lücke deutlich, die mit der Bildung von Fahrgemeinschaften gestopft werden muss.

pe/MiA

Bild mit freundlicher Genehmigung von Theater GegenStand