Von Mittelhessen nach Kambodscha, Kanada und Kolumbien: Eileen Schmitt und Erwin Schul aus Allendorf sind 16 Monate lang um die Welt gereist. Dem Express erzählen die beiden, was ihr liebstes Transportmittel ist, wie man unterwegs Geld verdient und was sich nach der Weltreise verändert hat.

Von den beeindruckenden Weiten der amerikanischen Nationalparks, bis zu den Armutsviertel von Los Angeles, von den malerischen Landschaften im Norden Vietnams bis zur von Gewalt und Kriminalität geprägten Metropole Bogotá und nicht zuletzt der Wahlkampf zwischen Kamala Harris und Donald Trump, in einem tief gespaltenen Land: Eileen Schmitt und Erwin Schul aus Allendorf haben auf ihrer Weltreise nicht nur traumhafte Kulissen erlebt, sondern auch die weniger glamourösen Facetten vieler Orte kennengelernt. Was als Abenteuer begann, wurde für die beiden auch zu einer tiefgehenden Erfahrung über das echte Leben in verschiedenen Teilen der Welt. Nun sind sie nach 16 Monaten wieder in ihre Heimat zurückgekehrt, im Gepäck nicht nur unvergessliche Erlebnisse, sondern auch eine neue Sicht auf das Leben.

Erwin – der mittelhessische Fotograf, der für seine eindrucksvollen Bilder von Marburg bekannt ist – hat Eileen schon beim ersten Date 2020 von seinem Lebenstraum erzählt: „Ich habe nie gedacht, dass du das ernst meinst“ sagt Eileen heute schmunzelnd. Nachdem die beiden sechs Monate ein Paar waren, brachte Erwin die Weltreise erneut zur Sprache und langsam wurden Nägel mit Köpfen gemacht. Wegen Corona mussten sie ihre Reisepläne verschieben. Das sei aber nicht schlimm gewesen, wie beide betonen: „Somit konnten wir ein bisschen länger sparen, das war gut“.
Im September 2023 ging es dann los. Ihre Reise begann auf den Philippinen, wo Erwins Mutter lebt, Verwandte hat und führte das Paar über Vietnam, Laos und Kambodscha. Danach bereisten Eileen und Erwin Thailand und Indonesien, legten einen weiteren Stopp auf den Philippinen ein und reisten weiter nach Japan, nach Kanada, in die USA und nach Kolumbien. Weiter ging es nach Bolivien, Peru und zum Schluss nach Frankreich, bevor sie sich wieder auf den Heimweg machten. Dabei haben die beiden nicht weit im Voraus geplant, sondern nur Unterkunft und Flüge für den nächsten Stopp gebucht. Aus früheren Reisen wusste Erwin bereits, dass Pläne oft anders verlaufen als gedacht und sich Spontanität häufig auszahlt. Für Eileen war das völliges Neuland: „Ich muss immer alles organisieren und planen, das war erstmal eine Herausforderung…“.

Bei so vielen verschiedenen Reisezielen stellt sich die Frage: Wie packen für eine Weltreise? „Es ist gut leichter zu reisen, also mit weniger Gepäck, man braucht eigentlich gar nicht so viel wie man denkt“ erklären die beiden. So hatten sie jeweils einen Rucksack der 71 Liter fasst und einen kleinen zusätzlichen Rucksack dabei. 
Abgesehen von dem Gepäck, stellt auch die Fortbewegung eine Herausforderung dar. Eileen und Erwin passten sich den jeweiligen Gegebenheiten an und nutzen unterschiedliche Transportmittel. In Asien nutzten sie Nachtbusse für längere Strecken, öffentliche Verkehrsmittel oder mieten sich Roller. In Kanada und Amerika haben sie sich mit einem, vor Ort gekauften und selbst zum Schlafen ausgebauten, Minivan fortbewegt. Dadurch sind sie selten geflogen und konnten Inlandsflüge vermeiden.
Neben ihren Ersparnissen nutzten Eileen und Erwin sogenanntes „Housesitting“ in Kanada und den USA, um kostenlos in Häusern zu wohnen und sich im Gegenzug um Haustiere oder das Eigentum zu kümmern. Beim Housesitting kann ein Hausbesitzer auf einer Plattform ein Inserat für einen bestimmten Zeitraum erstellen, für den jemand auf das Haus, die Wohnung oder die Haustiere aufpassen soll. So sparten sie viele Tausend Dollar für Unterkünfte. Das Housesitting bot dazu auch die Möglichkeit, einmalige Einblicke in das Leben der Amerikaner und Kanadier zu gewinnen und Bekanntschaften – auch mit den tierischen Bewohnern – zu knüpfen. 

Besonders gefallen hat ihnen, neben neuen Kontakten, die Landschaft im Norden Vietnams „und das Reisen dort mit einem Roller“, erzählt Erwin. Begeistert war das Paar von der abwechslungsreichen Natur und der Artenvielfalt in den amerikanischen Nationalparks. Viele dieser Eindrücke teilten die beiden auf Instagram und in ihrem Blog. Neben vielen hochwertigen Fotografien von Erwin, sind dort Einblicke in den „echten“ Alltag auf einer Weltreise zu finden. So zeigten sie beispielsweise, wie die morgendliche Körperhygiene aussieht, wenn man mit dem Camper unterwegs ist.

Nun sind sie nach 16 Monaten wieder heimgekehrt und der Alltag hat sie wieder fest im Griff, wie die beiden erzählen. Dabei hatten beide Glück und konnten direkt wieder in ihrn Jobs zurückkehren. Trotzdem hat sich einiges seit ihrem Abenteuer verändert und sie brachten neben den vielen Erinnerungen an unvergessliche Momente auch einige neue Gewohnheiten mit nach Hause. 
So haben Eileen und Erwin dem Alkohol abgeschworen und behalten das auch weiterhin bei. Erwin hat die Stunden bei seinem Hauptjob reduziert, um mehr Zeit für die Fotografie zu haben und sich mit seiner Leidenschaft ein zweites Standbein aufzubauen. Bei Eileen war es das Joggen, was sie auch hier in Deutschland weiterverfolgt und sogar schon an einigen Wettkämpfen teilgenommen hat. Die Reise hat ihr dabei geholfen, die Angst vor diesen Herausforderungen abzuschütteln und mutiger zu werden, erzählt sie stolz. Außerdem hat sie Instagram gelöscht: „…mir ist aufgefallen, dass es mir nicht guttut und ich dachte: wir machen jetzt so eine Erfahrung (auf der Weltreise) und dann habe ich die App tatsächlich gelöscht“. 
Generell haben die beiden durch die Reise einen klaren Blick auf sich und ihre Ziele gewonnen und setzen jetzt einen gezielten Fokus auf das, was sie wollen. „Solche Veränderungen hätten wir ohne die Weltreise gar nicht in Betracht gezogen“, bilanziert Erwin. Auch die Liebe zum Hundesitten ist ihnen geblieben, ebenso wie einige Freundschaften, die auch in der Heimat weiter gepflegt werden. So haben Eileen und Erwin mit ihrer Weltreise nicht nur unvergessliche Erinnerungen gesammelt, sondern auch ihr Leben nachhaltig verändert.
Janine Anderson

Wer sich selbst einen Eindruck von der Reise verschaffen will, findet den Blog unter: pho-the-world.jimdosite.com/ und den Instagram-Kanal unter: www.instagram.com/malacadtravel/

Janine Anderson

Bild mit freundlicher Genehmigung von Erwin Schul