Damit Klatschmohn, Kornblumen und Co für Insekten und Vögel erhalten bleiben, hat der Landkreis Marburg-Biedenkopf gemeinsam mit der Universität Gießen ein ungewöhnliches Pilotprojekt erprobt: Mit einem eigens umgebauten Mähdrescher wurden Wildkräutersamen während des Dreschvorgangs herausgesiebt.

Die Untersuchung zeigt, dass damit rund zwei Drittel der Samen aufgefangen werden. „In Deutschland gibt es keine andere Pflanzenartengruppe, die so bedroht ist wie die Ackerwildkräuter“, sagt Professor Rainer Waldhardt vom Institut für Landschaftsökologie und Ressourcenmanagement der Universität Gießen. Mehr als ein Drittel dieser Arten sind vom Aussterben bedroht oder stehen auf der Roten Liste. Gefährdet sind sie vor allem durch die konventionelle Landwirtschaft mit ihrer intensiven Bodenbearbeitung, Düngung und der chemischen Unkrautbekämpfung.

In einer vom Bundesamt für Naturschutz geförderten Pilotstudie hat der Kreis deshalb ein neuartiges Mähdruschverfahren erprobt. Dabei werden die Samen der Wildkräuter während des Dreschens mit einer Vorrichtung aufgefangen. In herkömmlichen Verfahren landen die Unkrautsamen gemeinsam mit der Spreu wieder auf dem Acker. Durch die neue Technik könnten konventionelle Landwirtinnen und Landwirte in Zukunft Herbizide einsparen. Aber auch Ökobetriebe könnten profitieren, weil Arbeitsgänge für eine mechanische Unkrautbekämpfung entfallen würden. Zudem können die Ackerwildkräuter später an anderen Stellen – etwa am Ackerrand als Blühstreifen – ausgesät werden. Und dies hilft Insekten und Vögeln, unter denen wichtige Nützlinge sind.

Die neue Dreschtechnik ist bei “Problemunkräutern” wie der Acker-Kratzdistel besonders hilfreich.

An dem Projekt beteiligten sich neun landwirtschaftliche Betriebe aus dem Gladenbacher Bergland, das von steinigen Böden geprägt ist, und dem Lahntal mit seinen fruchtbaren Lehmböden, das intensiv bewirtschaftet wird. Mit dabei waren konventionell und ökologisch wirtschaftende Betriebe, die das Verfahren auf insgesamt 42 Äckern erprobten.
Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleituntersuchung zeigen, dass die Technik grundsätzlich geeignet ist, die Menge der Ackerwildkräuter auf den Äckern zu verringern. Nur 31 Prozent der Samen landeten auf den Feldern. Erfolgreich ist die neue Technik vor allem bei Problemarten wie Acker-Kratzdistel, Ampfer, Gänsefuß und – bei einer frühen Mahd – auch beim Ackerfuchsschwanz.
Allerdings sind noch weitere Untersuchungen nötig, betont Professor Waldhardt. Um das Verfahren weiter zu entwickeln, wird es nun bis 2026 vom Gießener Regierungspräsidium gefördert. Neben der Justus-Liebig-Universität, dem Landkreis und Biolandwirten aus der Region sind Agrartechniker der Technischen Hochschule Bingen und der Uni Hohenheim, der Wasser- und Bodenverband Marburger Land und ein Schlosserbetrieb dabei.

gec

Bild mit freundlicher Genehmigung von CC BY 4.0