Erster Spatenstich für das Besucher-Zentrum des Freilichtmuseums.

Das archäologische Freilichtmuseum Zeiteninsel bei Argenstein südlich von Marburg ist auf der „Zielgeraden“: Mit einem symbolischen Spatenstich startete der Bau des „Insel-Zentrums“. Die fünf Zeitstationen aus 11.000 Jahren Geschichte im Lahntal sind bereits weitgehend fertiggestellt. Damit wäre es neben der Keltenwelt Glauburg und dem Römerkastell Saalburg der dritte beeindruckende Erlebnisort für die Vor- und Frühgeschichte in Hessen.

Auf den Tag haben die Aktiven um Museums-Initiator Andreas Thiedmann lange gewartet: Vor 24 Jahren entwickelte der Bezirks-Archäologe die Idee für ein Freilichtmuseum, das zeigt, wie die Menschen damals gelebt, Feuer gemacht, Werkzeuge hergestellt, Getreide gemahlen und gekocht haben. Mit Vorführungen und durch eigenes Ausprobieren antiker Arbeitsweisen sollen die Besucher möglichst plastische Vorstellungen vom Wohnen, Wirtschaften und Leben ihrer Vorfahren erhalten. Mit dem Konzept für das ungewöhnliche Projekt überzeugte er zunächst den Bürgermeister der Gemeinde Weimar, dann auch den Landkreis und die Stadt Marburg.

„Ideen und Visionen können Wirklichkeit werden, wenn die richtigen Leute dahinterstehen“, sagte die hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst, Angela Dorn, nun beim ersten Spatenstich. An der Allna entstehe ein Ort, an dem sich revolutionäre Entwicklungen der Menschheitsgeschichte nachvollziehen lassen.
Das Insel-Zentrum ist das zentrale Gebäude für die Besucher des Freilichtmuseums. Auf 700 Quadratmetern wird es ein großes Foyer mit Kasse, Shop, Caféteria, Werkstatt, Magazin, Büros und Räumen für Vorträge und Museumspädagogik beherbergen. Entworfen wurde das Besucher-Zentrum vom Stuttgarter Architektenbüro „Birk, Heilmeyer und Frenzel Architekten“, die den Architekten-Wettbewerb gewannen. Es besticht durch Holz als vorherrschendes Material und einen außergewöhnlichen Grundriss: Das Haus ist in Anlehnung an das Thema Zeiten wie die Zeiger einer Uhr angelegt. Für energetische Unabhängigkeit sorgen eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach und eine Luft-Wärme-Pumpe. Wenn alles gut geht, wird das Insel-Zentrum im Spätsommer nächsten Jahres eröffnet.

Angela Dorn (vierte von Links), Landrat Jens Womelsdorf (dritter von rechts) und Stadträtin Kirsten Dinneber (zweite von rechts) waren beim Spatenstich dabei: (Foto: Georg Kronenberg)

Das Museum lässt sich jedoch schon seit Jahren jeden Monat bei Führungen, Schulprojekten und Workshops – etwa zum Korbflechten, zum Bronzeguss, Bogenbau, Schafschur oder Pflanzenfärben – erleben. Die Besucher schnitzen Holzlöffel, bauen Bogen, wickeln Binsen zu Körben, bauen Einkorn an, schlagen Steine und formen Keramik wie in der Vorzeit. Jeden ersten Samstag im Monat lockt ab 11 Uhr eine offene Führung. Für das Programm sorgen ein Förderkreis sowie ein Team von engagierten Ehrenamtlichen.
Ministerin Dorn und Landrat Jens Womelsdorf waren bereits mit ihren Kindern auf der Zeiteninsel. Sie sind – ebenso wie die Stadt Marburg, für die Stadträtin Kirsten Dinnebier die „wunderbare Erlebnispädagogik“ lobte, – engagierte Mitstreiter für das Freilichtmuseum. Von den Gesamtkosten in Höhe von 7,6 Millionen Euro trägt das Land 90 Prozent. Den Rest teilen sich Landkreis, Stadt Marburg und Gemeinde Weimar. Darin ist das Insel-Zentrum mit 3,5 Millionen Euro enthalten.

Die Archäologen stießen schon Anfang der 90er Jahre auf Spuren der prähistorischen Siedlungslandschaft im Lahntal. Offenbar befand sich an dieser Stelle damals ein sanft gewölbter, fruchtbarer Landrücken, der die Menschen immer wieder dazu einlud, sich zwischen Allna und Lahn niederzulassen. Da, wo heute Kies abgebaut wird, untersuchten die Teams in jährlichen Kampagnen das Gelände. Mitten zwischen Rapsfeldern, Baggersee, Bundesstraße und Main-Weser-Bahn fanden sie mehr als 100 Häusergrundrisse aus mehr als 9000 Jahren Geschichte. Von den Jägern und Sammlern bis zur römischen Kaiserzeit ließen sich Lagerplätze, Gehöfte, Weiler und Siedlungen rekonstruieren. Darunter waren – ganz ungewöhnlich für Hessen – auch drei Langhäuser aus der Rössener Kultur (um 4500 vor Christus).
Das 3,5 Hektar große Gelände der Zeiteninsel entstand vor den Toren von Argenstein ganz in der Nähe der Ausgrabungen. „Zeiteninsel“ wird sie genannt, weil die Aue komplett von der Allna umflossen wird, einem kleinen Nebenfluss der Lahn.

Weitgehend fertiggestellt sind die fünf Zeitstationen. Sie reichen von einem Lagerplatz von Jägern und Sammlern über ein Langhaus der Jungsteinzeit und eine Hofsiedlung aus der Bronzezeit bis zu einem Weiler der jüngeren Eisenzeit und einem germanischen Gehöft aus der frühen Römischen Kaiserzeit.

Gesa Coordes

Workshops auf der Zeiteninsel

Am 24. & 25. Juni geht es ausgehend von den Originalfunden unter dem Titel „Keramik Römische Kaiserzeit“ um die Techniken der Töpferei in dieser Epoche. Der Keramik der Bronzezeit können die Kursteilnehmer am 19. & 20. August nachspüren. Bogenbau ist das Thema des Workshops am 16. & 17. September. Es folgen die Themen Feuersteinbearbeitung (30. September & 1. Oktober) sowie Schmieden (14. & 15. Oktober). Weitere Infos und Anmeldung: www.zeiteninsel.de

Bilder mit freundlicher Genehmigung von Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten und Georg Kronenberg