Marburgs Gewerbesteuererträge fallen 2023 von 321 auf 155 Millionen Euro. In der städtischen Kasse entsteht deswegen ein Minus von 100 Millionen Euro. Oberbürgermeister Spies sieht darin jedoch kein Problem für die Stadt.

Statt geplanter 321 Mio. Euro erwartet Marburg für das laufende Jahr nur noch 155 Millionen Euro Gewerbesteuererträge. Das hat das zuständige Finanzamt der Universitätsstadt mitgeteilt. Dadurch dreht der städtische Haushalt 2023 vom Plus ins Minus – aus gut 40 Millionen Euro Überschuss werden fast 100 Millionen Defizit. Für die Stadt Marburg stelle das jedoch kein Problem dar, wie Oberbürgermeister und Kämmerer Thomas Spies erklärt – die Ertragswende sei erwartet – und dafür Rücklagen gebildet worden.

„Wir haben immer gesagt, dass die unerwartet hohen Gewerbesteuererträge der vergangenen beiden Jahre ein einmaliges Ereignis außer der Reihe sind – und ein außerordentliches Geschenk für Marburg und die ganze Region“, so OB und Stadtkämmerer Thomas Spies. Deshalb seien auch bei aller Freude über den immensen Geldregen, der vom Pharmastandort her über die Stadt zog, immer Umsicht, Besonnenheit und das Prinzip der Nachhaltigkeit im Fokus gewesen. Denn von Anfang an sei klar gewesen: „Erstens geht der Großteil davon als Umlagen an Land und Landkreis. Und zweitens kann die außerordentliche Ertragswelle genauso schnell wieder abflachen, wie sie sich aufgetürmt hat“, sagt Spies. So sei es nun auch gekommen – wenngleich schon etwas früher als erwartet.

Den Magistrat und die Fraktionsvorsitzenden habe er umgehend über die neue Lage informiert, erklärt Spies.
Bei derartig hohen Korrekturen muss die Universitätsstadt einen Nachtragshaushalt für 2023 beschließen – mit nun 296 Millionen Euro Erträgen, die 395 Millinen Euro Aufwendungen gegenüberstehen. Das Ergebnis: fast 100 Millionen Euro Defizit für das laufende Jahr. Das entspricht in etwa der Umlage, die Marburg noch für das erste Halbjahr 2022 an Land und Landkreis abzuführen hat. Der Haushaltsausgleich ist für die Stadt angesichts ihrer hohen Rücklage trotzdem kein Problem.

Die gute Nachricht: Auch wenn sich die Gewerbesteuererträge nun für 2023 halbieren, liegen sie immer noch über den „normalen Umständen“ von 2020 und davor. „Aktuell gehen wir davon aus und planen so, dass 2023 die Referenz für unser neues ,Normal‘ wird“, so Spies. „Marburg ist eine wohlhabende Stadt mit solider Finanzlage, einer starken Wirtschaft und gesunden Einkommensstruktur, die gute Bedingungen für die Bürger*innen zum Wohnen, Leben und Arbeiten erlaubt und unsere großen Vorhaben für eine klimaneutrale, soziale und nachhaltig gerechte Zukunft ermöglicht.“

2021 verbuchte die Stadt dank der Biotech-Impfstoffproduktion in Marburg noch 481 Millionen Euro Gewerbesteuererträge und im Folgejahr noch einmal 419 Millionen. Die beiden Haushaltsjahre schlossen demzufolge mit hohen Überschüssen ab: 2021 mit 196 Millionen und im Folgejahr 100 Millionen Euro Plus. Für 2023 hatte der Kämmerer nur noch mit 321,3 Millionen Euro Gewerbesteuererträgen geplant. Mit dem aktuellen Messbescheid des Finanzamtes von vergangener Woche reduziert sich dieser Betrag nun auf 155,3 Millionen Euro (minus 166 Millionen). Weniger Steuererträge bedeuten gleichzeitig weniger Umlagen – auch kurzfristig, vor allem aber zeitverzögert ab 2024.

Für die Bürger*innen ändert sich laut Stadtverwaltung erstmal nichts, weil die Stadt sich auf diese Situation vorbereitet und Einnahmen der vergangenen Jahre zur Seite gelegt habe: 

  • für die Umlagen, die abgeführt werden müssen,
  • für das nachhaltige Investitionsprogramm 2023 bis 2030.

„Diese Mittel für unser Investitionsprogramm in die nachhaltige Entwicklung und Zukunftsfähigkeit unserer Stadt haben wir noch – und für den Zweck sicher angelegt“, sagt Kämmerer Spies. Und er sieht sich bestätigt, „dass wir von Anfang an sehr gut daran getan haben, unserer Stadt keine neuen und kostspieligen Dauerausgaben aufzubürden, die wir uns unter normalen Umständen nicht hätten leisten können.“

pe/LB

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